„Einfach mal machen . . .“

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Unternehmerfrühstück in Buxtehude: Strategieberater Wulf Schlachter
über den unvermeidbaren Zwang zur Digitalisierung.

Es ist noch ein bisschen wie der Erstkontakt mit Außerirdischen, aber eines ist klar: Die neue Macht steht vor der Tür – wir müssen uns damit beschäftigen. Die neue Macht trägt Namen wie Industrie 4.0, Big Data, Cloud-Computing und Robotics. Klingt wirklich außerirdisch, ist aber vielfach nichts völlig Neues. Auf Einladung des Wirtschaftsvereins Buxtehude gab Wulf Schlachter, Gründer und Geschäftsführer der DXBe Management & Strategieberatung mit Sitz in Buxtehude, einen kleinen Einblick auf das vielfach noch nebulöse Etwas mit dem Titel „Digitalisierung“. Sein Thema: Digitalisierung als Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Transformation in Richtung Industrie 4.0.

Für einen Einzelhändler, einen Handwerksmeister, einen Pflegedienstbetreiber oder den Inhaber einer Versicherungsagentur mag das Thema weit weg sein, denn die Kunden laufen schließlich vor der Ladentür herum. Aber der Schein trügt. Spätestens wenn die Amazon-Drohne den Nachbarn beliefert (Versuche laufen bereits) oder der Taxi-Unternehmer nebenan schließen muss, weil sich die Uber-App eben doch nicht endgültig vom deutschen Markt fernhalten ließ, dann dürfte klar sein: Dieses Thema geht jeden an – es lockt mit Service und Bequemlichkeit, kostet aber im Einzelfall Jobs, Einkommen und ökonomische Kleinstrukturen. Die technische Revolution wird Experten zufolge alle bisherigen Entwicklungsschritte bei weitem in den Schatten und alle bisherigen Strukturen ganzheitlich auf den Kopf stellen.

„Alle Branchen ergriffen“

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Wer maximal eine Stunde Zeit hat, das Thema zu entfalten, kann nur an der Oberfläche kratzen. So erging es auch Wulf Schlachter, der beruflich weltweit unterwegs ist und zahllose namhafte Unternehmen vom Großkonzern bis hin zum Mittelstand berät, wenn es darum geht, eine digitale Strategie zu entwickeln und eine Roadmap zu erstellen. Er sagt: „Mittlerweile hat die digitale Revolution alle Branchen ergriffen.“ Das heißt: Insbesondere auch diejenigen, die sich für vermeintlich zu klein und unbedeutend halten, als dass digitale Datenkraken à la Amazon für sie gefährlich werden könnten.

Was oft verkannt wird: Beispielsweise Amazon ist eben kein virtueller Büchershop, sondern ein Weltkonzern, der eine digitale Plattform geschaffen hat, die ihn befähigt, quasi jedes interessante Geschäftsmodell zu fahren. Wahrgenommen wird zumeist nur die schnelle Büchersendung aus deren eigenem Shop, tatsächlich ist Amazon eine exorbitante Datensammelmaschine, die genau weiß, was wer kauft und wofür er sich interessiert. Also werden Produkte zielgenau platziert und angeboten, neue Geschäftsfelder eröffnet, uninteressante fallengelassen. Ein simples Beispiel: Wer Band eins und zwei der „Herr der Ringe“-Trilogie bestellt hat, muss sich nicht wundern, wenn ihm exakt zum passenden Zeitpunkt automatisch Band drei geliefert wird. Perfekt? Vielleicht ja, auf jeden Fall gilt: Das kann kein klassischer Buchhändler leisten.

Wulf Schlachter nennt Amazon „den größten Datenkraken der Welt“. Und er sagt: „Die Taktik sieht so aus: Bestehende Geschäftsmodelle zerstören und ganz gezielt diese interessanten Märkte selbst besetzen. Möglicherweise wird dann dort eben auch mal mit Dumpingpreisen die Konkurrenz kaltgestellt. Wenn das Geschäft nicht mehr interessant ist, zieht man weiter zum nächsten. Möglich wird dieses Vorgehen durch die extrem skalierbare digitale Infrastruktur. Nachbauen ließe sich diese übrigens nicht mal auf die Schnelle.“

„Nicht ein einziges Taxi“

Die berühmte Uber-App, die vielerorts als Alternative zum klassischen Taxi-Dienst genutzt wird, vermittelt eine Dienstleistung von Einzelunternehmern, die ein Auto besitzen, den Transfer leisten und dafür bezahlt werden. Uber kassiert mit. Schlachter: „Uber ist das weltweit größte Taxi-Unternehmen – und hat nicht ein einziges Taxi. Mittlerweile werden Transporte per Flugzeug über Uber vermittelt. In Dubai lieferte Uber Weihnachtsbäume aus. Und in den USA testet Uber bereits autonome Lastwagen.“ Der Auftritt sei ähnlich aggressiv wie Amazon. Was interessant ist, wird gemacht und hinterlässt zerstörte Vorstrukturen.

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Im übertragenen Sinne: Ein Taxi-Unternehmer, der pleite ist, sitzt möglicherweise auf seinem Schuldenberg für die brachliegende Taxen-Flotte und ausstehende Mitarbeitergehälter. So schnell wird der sich nicht erholen – für den hypothetischen Fall, dass sich Uber aus dem Markt zurückgezogen haben sollte. Deshalb ist in der Branche die Rede von disruptiven Märkten. Die Digitalisierung, die zweifellos große Chancen bietet, hinterlässt zugleich in bestimmten Segmenten der traditionellen Wirtschaft eine Spur der Verwüstung. Für den hier genannten Namen Uber (in Deutschland gesetzlich verboten) ließe sich auch genauso gut Facebook oder Netflix einsetzen. Auch hier sind die disruptiven Verdrängungseffekte deutlich zu sehen.

Seinen Zuhörern riet Schlachter, sich dem Thema offensiv zu stellen. In sieben Schritten riss er den Zugang zur digitalen Welt an. Sein Rat: „Einfach mal machen . . .“ Und seine Warnung: „Es gibt keine Branche, die nicht disruptiv angegangen werden kann. Deshalb: Handeln Sie jetzt!“

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