„Wir kümmern uns um die Spione“

Foto: Wolfgang BeckerSie referierten auf Einladung der WLH in Buchholz über das spannende Thema Wirtschaftsspionage und Täterprofil: Ralf Kopp (links), Business-Profiler, und Jörg Peine-Paulsen vom niedersächsischen Verfassungsschutz.

Die Wirtschaft ist das neue Ziel: Verfassungsschützer und Business-Profiler referieren bei der WLH.

Telefon für den Spion!“ – „Ja, hier.“ Schön wäre es, ließen sich Spione so einfach austricksen. Und überhaupt: Nachdem der Kalte Krieg eigentlich schon vorüber war, dürfte es doch Spione gar nicht mehr geben. Doch weit gefehlt: Die Branche ist höchst aktiv – wer früher politische Spionage betrieb, ist jetzt in der Wirtschaft aktiv. Das zumindest ist die Erkenntnis von Jörg Peine-Paulsen vom niedersächsischen Verfassungsschutz. Er ist speziell im umkämpften Bereich Wirtschaft unterwegs, berät Unternehmen und verspricht: „Wir kümmern uns um die Spione.“ Gemeinsam mit dem Business-Profiler Ralf Kopp aus Seevetal-Metzendorf gab er im Rahmen eines Vortragsabends der Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg WLH Einblicke in die verborgene Welt des Ausspähens und Tipps, wie potenzielle Angriffsstellen beim eigenen Personal zu erkennen sind. Denn: „Jeder zweite Täter kommt aus dem eigenen Unternehmen.“

Peine-Paulsen arbeitet für die Spionageabwehr in Niedersachsen. Er sagt: „Nach dem Ende des Kalten Krieges waren die Spione ja noch da. Und da man Spione ganz schlecht umschulen kann, wurden aus politischen Spionen Wirtschaftsspione. Die Wirtschaft ist das neue Ziel.“ Interessant: Während in Deutschland die Spionageabwehr gesetzlich geregelt ist, ist in zahlreichen Länder die Wirtschaftsspionage gesetzlich verankert. Beispielsweise in England, China, Russland und den USA, wie der Referent darstellte. Das Ausspähen ökonomischer Ziele ist offenbar eine Selbstverständlichkeit.

Innovationen sind das Ziel

„Selbst kleinste Unternehmen sind interessant, denn das Ziel ist es, Innovationen zu erbeuten. Darum geht es“, so Peine-Paulsen vor den etwa 50 Zuhörern im ISI Zentrum für Gründung, Business & Innovation. Und: „IT-Sicherheit ist wichtig, aber nicht alles.“ Die Sicherheitslücke Mensch sei nicht zu unterschätzen, denn häufig seien eigene Mitarbeiter am Daten- und Informationsklau beteiligt, sogenannte Innentäter.

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Und: „Pro Jahr verlieren wir in Deutschland 100 Milliarden Euro durch Wirtschaftsspionage“, so der Referent, der aber auch eine entsprechende BITKOM-Studie zitierte, wonach der Schaden bei 51 Milliarden Euro liegen soll. Auf jeden Fall eine immense Summe.

Peine-Paulsen gab eine Reihe von Beispielen, wie Unternehmen ausgespäht werden – durch modifizierte USB-Sticks, die Betriebssysteme entfernen, neue hochladen, um dann die Daten abräumen und versenden; durch eingeschmuggelte WLAN-Router, die irgendwo im Unternehmen zwischengeschaltet sind und vom Täter angezapft werden, bis hin zur sorglosen Verwendung von Standard-Passwörtern, die von findigen Hackern genutzt werden, um an Interna heranzukommen. Sein Tipp an die Unternehmer: „Identifizieren Sie genauestens Ihr Know-how und sichern Sie es.“

Ausflug in die Psychologie

Im zweiten Part lud der Business-Profiler Ralf Kopp die Zuhörer zu einem Ausflug in die Psychologie ein. Kopp arbeitet vorwiegend im Bereich der Polizei, berät aber auch Unternehmen dabei, personelle Risiken im Personalbestand zu erkennen und zu handeln, bevor aus frustrierten oder durch schlechte Führung zermürbte Mitarbeiter Innentäter werden. Durch Profiling lassen sich Schwachstellen erkennen. Kopp: „51 Prozent der Straftaten gegen Unternehmen werden von Mitarbeitern begangen. Und 30 Prozent dieser Straftaten werden wiederum von eigenen Mitarbeitern aufgedeckt.“

Ein Indiz, illoyale Mitarbeiter zu erkennen, seien die Fehltage. Einer Studie zufolge hat der Loyale im Schnitt 3,8 Fehltage im Jahr, der weniger Loyale 6,5 und der Nicht-Loyale 8,8 Fehltage. Kopp weiter: „Jeder kann zum Innentäter werden. Selbst Mitarbeiter mit hoher Loyalität und Integrität sind gefährdet – beispielsweise wenn sie eine Führungskraft haben, die nicht führen kann. In solchen Konstellationen sind dann mehrere Folgen denkbar: Der Mitarbeiter wird krank, er kündigt, oder er wird möglicherweise zum Innentäter.“ wb

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