„Wir machen hier noch Verträge mit Handschlag“

Foto: Wolfgang BeckerGIS-Leiterin Karen Ulferts und Wirtschaftsförderer Thomas Friedrichs vor dem Gemälde „Start up“ (Anja Seelke), das im Foyer des Gründungs- und Innovationszentrums Stade die Wand schmückt. Foto: Wolfgang Becker

Die Wiege von innogames: Gründungs- und Innovationszentrum Stade GIS wird zehn Jahre alt – Gespräch mit Leiterin Karen Ulferts und Wirtschaftsförderer Thomas Friedrichs

Wieviele Gründer finden sich in einer Stadt wie Stade? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten – und dennoch haben Thomas Friedrichs und Karen Ulferts das richtige Maß gefunden. Er gab damals den Anstoß zur Einrichtung eines Gründungszentrums, sie leitet das seit zehn Jahren bestehende Gründungs- und Innovationszentrum GIS am Theodor-Haubach-Weg auf dem ehemaligen Gelände der Von-Goeben-Kaserne. 90 Gründer sind seitdem durch den ehemaligen Block 22 geschleust worden, darunter drei junge Stader, die 2006/2007 mit der Idee antraten, ein interaktives Online-Spiel an den Markt zu bringen. Sie gründeten das Unternehmen innogames, nahmen bald den halben Nachbarblock in Beschlag, wanderten dann über den hit-Technopark und den Channel in Harburg nach Hamburg-Hammerbrook ab. Dort angekommen, haben sie heute 150 Millionen Kunden und an die 400 Mitarbeiter. Thomas Friedrichs mit einem Augenzwinkern: „Unsere größte Erfolgsgeschichte ist damit zugleich unser größter Misserfolg.“ Kurz: Die Grundidee, Jobs in Stade zu schaffen, wurde mit innogames verfehlt. Aber es entstanden zahlreiche neue Arbeitsplätze in der Metropolregion Hamburg.

Kunst statt G3

Nach zehn Jahren GIS ist es an der Zeit, auf ein erfolgreiches Kapitel der Wirtschaftsförderung zurückzublicken. Fried-richs hatte sich 1996 in Stade als Wirtschaftsförderer beworben und war mit der Frage „Braucht Stade ein Haus für Existenzgründerinnen?“ angetreten. Die damalige Frauen- und heutige Gleichstellungsbeauftragte Karina Holst hatte er auf seiner Seite, doch die Realität sah anders aus: Es gab (und gibt) immer mehr Männer als Frauen unter den Gründern und viele Frauen wollten sich gemeinsam mit ihren Männern selbstständig machen. Die Idee eines reinen Gründerinnenzentrums wurde im weiteren Verlauf aufgegeben. 2003 erfolgte dann ein erster Markttest in angemieteten Räumen. Ergebnis: Sieben potenzielle Gründer zogen in das damalige Existenzgründungszentrum im Carl-Goerdeler-Weg.

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Friedrichs: „2004 war die Phase der Ich-AGs. Viele Arbeitslose versuchten sich als Unternehmer, doch ohne das Selbstständigen-Gen funktioniert das nicht. Dennoch: Die Zeit war reif für ein Gründungszentrum.“ Im ersten Bauabschnitt wurden 22 ehemalige Soldatenstuben im Block 22 umgebaut – etwa die Hälfte des Gebäudes. Vor die Gewehrstände in den Wänden wurden Lochbleche montiert, heute hängt hier statt G3 Kunst, denn das GIS ist dank Karen Ulferts zugleich auch Galerie. Sie sagt: „Das haben wir von Anfang an organisiert, denn so bekommen wir Menschen ins Haus, die uns sonst nicht besuchen würden.“ 30 Ausstellungen sind mittlerweile unter dem Titel „Kunst & Kommerz“ realisiert worden.

Die 22 Räume waren noch im Bau, als bereits 15 Mietverträge unterschrieben waren. Im September 2005 ging das GIS offiziell an den Start – mit 16 Mietern und 25 Mitarbeitern in 22 Räumen auf rund 1000 Quadratmetern Fläche. Friedrichs: „So konnten wir der Politik zeigen, dass Bedarf da ist.“ Der zweite Bauabschnitt folgte. Insgesamt flossen 1,4 Millionen Euro in das Projekt, das ohne Landesmittel auskam und bis heute keine subventionierten Mieten bietet. Die Hansestadt Stade übernimmt allerdings einen Verlustausgleich zwischen 20 000 und 50 000 Euro pro Jahr – Geld, das in den Service vor Ort fließt, den Karen Ulferts und ihr Team den Gründern bieten.