Eisbär in Apensen: „Eis muss eine gewisse Wärme haben“

Eisbär EisSie haben das Unternehmen sehr erfolgreich entwickelt: Helmut und Margrit Klehn (rechts) und Martin Ruehs mit Ehefrau Britta Klehn-Ruehs.

60 Jahre Eisbär in Apensen – Gespräch mit Helmut Klehn und Martin Ruehs.

Sie sitzen sich in dem großen Büro im ersten Stock des Empfangsgebäudes direkt gegenüber: Helmut Klehn, geschäftsführender Gesellschafter, und Martin Ruehs, Geschäftsführer. Beide verantworten ein überaus erfolgreiches Familienunternehmen: die Eisbär Eis GmbH in Apensen. Der Name Eisbär taucht im Handel zumeist nur auf, wenn der Kunde sehr genau hinschaut – im Kleingedruckten einer Handelsmarke. Lediglich zehn Prozent der Produktion wird unter dem eigenen Namen vertrieben. Doch die „Eismaschinerie“ läuft und läuft und läuft – und das seit 60 Jahren.

Wie ein großer weißer Eiswürfel steht das vollautomatische Kühllager in der Landschaft. Wer die Strecke von Apensen Richtung Stade fährt und am ersten Kreisel rechts auf die K49 einschwenkt, sieht das Firmengelände rechter Hand im Gewerbegebiet. Die Eisbär Eis GmbH liegt passenderweise an der Eisbärstraße.

Die Chefs haben einen Stein im Beet

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Zum Gespräch mit B&P haben Klehn (65) und Ruehs (53) ihre Ehefrauen mitgebracht, denn beide sind beziehungsweise waren ebenfalls im Betrieb beschäftigt (siehe Kasten). Mitten in die Runde platzt ein Mitarbeiter mit der Bitte, alle mögen sich doch bitte kurz nach draußen begeben. Dort wartet ein Großteil der Frühschicht – dann kommt ein Gabelstapler um die Ecke und liefert das Geschenk der Mitarbeiter: Ein großer Findling mit Inschrift zum 60. wird enthüllt und ziert nun den Eingangsbereich. Eine Punktlandung sozusagen, denn am Abend findet eine Betriebsfeier aus Anlass des runden Geburtstags statt.

Die Szene beschreibt die Atmosphäre eines mittelständischen Unternehmens der Lebensmittelindustrie. Helmut Klehn: „Wir sind das letzte familiengeführte Unternehmen dieser Größe in Deutschland und hätten längst verkaufen können, aber: Wir haben einfach Freude daran, Eis zu produzieren. Und wir sind damit sehr erfolgreich. Außerdem steht die nächste Generation bereit – deshalb ist Verkauf für uns kein Thema.“

Eisbär Eis

Überraschung der Mitarbeiter: Sie haben einen Findling zum
60-jährigen Bestehen organisiert.

In der Unternehmensgeschichte finden sich Meilensteine, die für die großen Entscheidungen stehen. 1983 wurde der Firmensitz von Neukloster nach Apensen verlegt. 1990 dann die nächste große Entscheidung. Martin Ruehs: „Das Wende-Jahr. Wir stellten uns die Frage, wie wir den neuen Markt erreichen, der sich da aufgetan hatte. In Ribnitz-Damgarten startete 1994 die Produktion in unserem neuen Werk.“ Heute gehört Eisbär mit seinem Schwesterwerk (mit 250 Mitarbeitern) zu den größten Arbeitgebern in Vorpommern.

Auch in Apensen sind im Schnitt 250 Mitarbeiter beschäftigt. Helmut Klehn: „Die Hauptsaison beginnt bei uns im April. Dann starten wir mit der Vorproduktion. Bis Juni stocken wir die Mitarbeiterzahl dann bis auf 300 auf. In Ribnitz-Damgarten läuft es ebenso. In den Monaten danach produzieren wir Eis für den kommenden Sommer.“ In Vorpommern stehen sechs Produktionslinien, in Apensen sind es acht. Martin Ruehs beschreibt die Marktdurchdringung so: „Unsere Produkte liegen in jeder Truhe.“

Bis zu vier Millionen Portionen pro Tag

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Eisbär produziert gut 200 Sorten Speiseeis in so gut wie allen handelsüblichen Größen und Formen. Ausnahme: die Waffeltüte – hier ist der Markt übersättigt. Ein Klassiker ist „Fürst Pückler“ im Waffel-Sandwich. Doch auch alle anderen Eissorten werden in Apensen gemischt, egal ob in der Miniwaffel, am Stiel oder in einer größeren Verpackung. Wenn im Juli der Sommer so richtig in Fahrt kommt, lagern allein im Apensener Kühllager bei 26 Grad minus 14 000 Paletten mit 60 Millionen Portionen Eis für den Handel. Helmut Klehn: „Wir haben Kühlhäuser hinzugemietet. Insgesamt halten wir 35 000 Paletten Eis vor und produzieren in der Saison dann noch einmal die gleiche Menge.“ Pro Tag laufen bei Eisbär in beiden Werken bis zu vier Millionen Einzelportionen Eis vom Band. Einzelne Produktionslinien schaffen bis zu 36 000 Portionen pro Stunde. In Apensen investiert derzeit die Eisbär Eis GmbH zwölf Millionen Euro in den Bau einer neuen, erweiterbaren Fabrik. Bereits im Dezember soll der Bau fertig sein.

Seit dem Wende-Jahr 1990 hat die Eisbär Eis GmbH ihren Jahresumsatz um 100 Millionen Euro gesteigert – auf nun 130 Millionen. Der Hauptmarkt ist Deutschland. Und obwohl es keine direkten Auslandskunden gibt, liegt die Exportquote bei 30 Prozent. Helmut Klehn: „Wir sind über die deutschen Handelskonzerne in 23 europäischen Ländern vertreten.“

Bloß kein kaltes Mundgefühl . . .

Doch was ist eigentlich das Geheimnis für ein gutes Eis? Helmut Klehn, von Haus aus Konditor: „Guter Geschmack, gute Optik und frische Zutaten. Wir verwenden nur natürliche Aromen.“ Martin Ruehs: „Es muss eine gewisse Wärme haben. Es darf kein kaltes Mundgefühl entstehen. Es geht um Sahnigkeit und darum, den Geschmack des Verbrauchers zu treffen. Der Eismasse muss Luft zugesetzt werden. Eis mit wenig Luft ist grundsätzlich kälter. Da entwickeln sich die Aromen nicht richtig.“ wb

Web: www.eisbaer-eis.de

 

Info: Genration Eisbär

Der Bäcker Wilhelm Klehn und sein Bruder, der Konditor Helmut Klehn senior, gründeten Eisbär Eis 1955 in Neukloster. Zunächst belieferten sie Schützenvereine und Sportfeste, später die Gastronomie. Ihre erste Verkaufsbude stand auf dem Pfingstmarkt in Neukloster – eine liebgewordene Tradition, die bis heute aufrechterhalten wird. Der heutige geschäftsführende Gesellschafter Helmut Klehn (65) und seine Cousine Britta Klehn-Ruehs (53), ebenfalls Gesellschafterin, sind die Kinder der beiden Gründer. Klehns Ehefrau Margrit ist mittlerweile im Ruhestand. In beiden Familienzweigen wachsen Unternehmensnachfolger heran – die dritte Generation. wb