Doppelt und dreifach gesichert

Das TUHH-Institut für Flugzeug-Systemtechnik: Prof. Dr.-Ing. Frank Thielecke sorgt für die sicherheitskritischen Funktionen im Flieger

Professor Frank Thielecke an einem Versuchsstand: Hier wird am Originalobjekt geforscht und die technische Umsetzbarkeit von neuen Ideen wie beispielweise einer neuen Fahrwerksbetätigung mit elektro-hydraulischen Aktuatoren bewertet. Foto: Wolfgang Becker

Professor Frank
Thielecke an
einem Versuchsstand:
Hier wird am
Originalobjekt
geforscht und
die technische
Umsetzbarkeit
von neuen Ideen
wie beispielweise
einer neuen
Fahrwerksbetätigung
mit
elektro-hydraulischen
Aktuatoren
bewertet.
Foto: Wolfgang Becker

Wenn der Bildschirm im Ferienflieger ausfällt, dann ist der Pauschalreisende allenfalls verstimmt. Ganz anders zu bewerten ist aber ein Fehler in der Flugsteuerung oder das Versagen der Fahrwerksbetätigung. Damit so etwas nicht zu katastrophalen Folgen führt, sind die sicherheitskritischen Systeme im Flugzeug doppelt und dreifach abgesichert. Ein Experte auf diesem Fachgebiet ist Prof. Dr.-Ing. Frank Thielecke, Leiter des TUHH-Instituts für Flugzeug-Systemtechnik mit Sitz im Technologiezentrum Hamburg Finkenwerder, also in unmittelbarer Nachbarschaft zu Airbus.

„Wir befassen uns mit innovativer Technik und der Leistungsfähigkeit von zukünftigen Flugzeugen. Dabei schauen sich die Mitarbeiter des Instituts alles an, was für den sicheren und leistungsfähigen Betrieb absolut wichtig ist“, umreißt er sein Fachgebiet. Es geht also um Systeme und Funktionen, die nicht ausfallen dürfen. Die Zulassungsbestimmungen für Flugzeuge machen dazu strikte Vorgaben, was dazu führt, dass unter den Herstellern quasi keine Konkurrenz entsteht. Thielecke: „Beim Thema Sicherheit arbeiten wir alle zusammen.“

Sehr hoher Standard

Damit beim Fliegen nichts schiefgeht, liegt den Flugzeugsystemen ein Redundanz-Konzept zugrunde. Das bedeutet: Die wichtigen Systeme sind nicht einmal, sondern zweimal oder gar dreimal im Flugzeug vorhanden. Und zwar unabhängig voneinander. Fällt beispielsweise ein Hydrauliksystem für die Steuerflächen aus, steht ein zweites zur Verfügung. Fallen beide aus, sogar ein drittes.

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Ein Thema, mit dem sich Thielecke und sein Team in Finkenwerder derzeit befassen, ist das Leitkonzept „More Electric Aircraft“. Er sagt: „Das Ziel ist es, zunehmend elektrische Sys-

teme zu verwenden, also weniger Hydraulik und mehr Elektrik ins Flugzeug einzubauen. Vorteile sind ein besseres Energie-Management im Flieger, eine einfachere Produktion durch den Wegfall von Versorgungsnetzen, bessere Bedingungen bei der Wartung.“ Um dies zu erreichen, müssen neue Technologien und neue Architekturen entwickelt werden – eine Aufgabe für Systemtechniker. Thielecke: „Wir schauen, welche Technik in der nächsten Flugzeuggeneration eingebaut werden könnte, und bewerten dies.“

„Green Aviation“

Ein großes Zukunftsthema ist auch „Green Aviation“ beispielweise durch den Einsatz von umweltschonenden Brennstoffzellen im Flieger. Mit dieser Technologie könnte auf den heute noch üblichen Einbau einer Hilfsgasturbine verzichtet werden. Dieses Aggregat im Heck versorgt den Flieger im Standbetrieb mit Energie. Die Turbine ist laut und erzeugt Abgas. Thielecke: „Gerade mit Blick auf Lärm und Emissionen in der Nähe der Flughäfen wäre die Brennstoffzelle eine gute Alternative. Unsere Aufgabe ist, die technische Machbarkeit zu überprüfen.“

Die Industrie 4.0, also die Digitalisierung von Produktionsprozessen und -ketten, gilt als Treiber für Veränderungen. Im Ergebnis könnte dabei herauskommen, Flugzeuge künftig in Modulbauweise zu konstruieren. So ließen sich die Produktion und die Systeminstallation optimieren. Wie müssten solche ‚Lego-Steine‘ im Flugzeugbau aussehen? „Das ist eine Zukunftsfrage. Ein Schlüssel zum Erfolg ist die Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen“, sagt Thielecke. Im Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) denke die TUHH bereits mit Airbus und anderen Partnern über die „Factory of the Future“ nach. Das Institut für Flugzeug-Systemtechnik der TU Hamburg ist ein wichtiger Partner in Forschung und Lehre. Zum Team von Frank Thielecke gehören etwa 25 Mitarbeiter. Im Mittelpunkt der Forschungsprojekte am Institut stehen Flugzeugsysteme eines zukünftigen More-Electric-Aircraft. Im Master-Studiengang „Flugzeug-Systemtechnik“ werden die grundlegende Flugzeugtechnik und die Auslegung der Flugzeugsysteme gelehrt. wb

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