Drohnen im Anflug – Nicht schon wieder Zalando . . .

 Kaminabend im hit-Technopark: WiNDroVe-Leiterin Christina Große-Möller über den kommerziellen Einsatz von Drohnen in der Metropolregion

Christina Große-Möller referierte beim Kaminabend im hit-Technopark. Sie leitet in Hamburg das Projekt WiNDroVe.

Christina Große-Möller referierte beim Kaminabend im hit-Technopark. Sie leitet in Hamburg das Projekt WiNDroVe.

Drohnen könnten viel mehr als sie derzeit dürfen. Also arbeitet Hamburg gezielt an einem neuen Konzept zur wirtschaftlichen Nutzung solcher unbemannten Fluggeräte in Metropolregionen. Die Ingenieurin Christina Große-Möller ist Leiterin des Projektes WiNDroVe im Zentrum für Angewandte Luftforschung (ZAL) in Finkenwerder. Beim Kaminabend im hit Technopark informierten sich jetzt interessierte Unternehmer aus erster Hand über die technischen Möglichkeiten und die regulatorischen Hürden.

So könnte ein unterhaltsamer Drohneneinsatz aussehen: Der Gast sitzt im Restaurant, wartet auf sein Schnitzel und vernimmt plötzlich ein ungewöhnliches Sirren in der Luft. Eine Drohne nähert sich dem Tisch, steht still in der Luft, sinkt herab und serviert. Technisch wäre das längst keine Überraschung mehr. Und ein gelungener Gag allemal. Beim Kaminabend musste auf den Einsatz des „fliegenden Personals“ noch verzichtet werden, aber Christoph Birkel, Geschäftsführer des hit-Technoparks, hatte das Thema „Drohnen und ihre Anwendung im städtischen Raum“ nicht von ungefähr gewählt. Ihn treibt die Digitalisierung um – und alles, was sich daraus entwickeln kann.

Platz genommen im hit-Restaurant „daily fresh“ hatten nur Männer, die meisten mit ihren Unternehmen Mieter im Technopark, um von der einzigen Frau in dieser Abendrunde Richtungsweisendes über den kommerziellen Einsatz von Drohnen zu erfahren, also ein erwartungsvolles Zukunftsgeschäft. Christina Große-Möller, von Haus aus Ingenieurin, leitet im ZAL das Projekts WiNDroVe, dessen Name für „Wirtschaftliche Nutzung von Drohnen in Metropolregionen“ steht. Hier will sich Hamburg eine Führungsposition in Deutschland erkämpfen. „Die Technik dafür ist längst weit genug“, sagte die Ingenieurin. „Drohnen gibt es bei Lidl ja schon für 30 Euro. Bei der Polizei, bei der Feuerwehr, selbst zum Erkennen von Brücken- oder Dachschäden werden sie beispielsweise bereits eingesetzt. Mit den unbemannten Fluggeräten können viele Aufgaben deutlich schneller, kostengünstiger und vor allem sicherer ausgeführt werden.“ Ein eindringliches Beispiel: „Bei einer Krebsoperation im UKE müssen sogenannte Gewebeschnellschnitte in ein pathologisches Labor auf die andere Seite der Alster durch den üblichen Hamburger Verkehr gefahren werden. Auf das Ergebnis warten die Chirurgen und somit der laufende OP, damit sie wissen, ob mehr befallenes Gewebe entfernt werden muss. Würde die heutige rechtliche Lage den Transport mit einer Drohne erlauben, könnte natürlich viel wichtige Zeit gespart werden.“

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Vorsicht Wasser!

Nicht nur die Technik dafür ist vorhanden. In Hamburg gibt es auch Unternehmen, die das neue Geschäft mit autonomen Fluggeräten in Schwung bringen wollen. Die schwierigsten Hürden sind derzeit die behördlichen Rahmenbedingungen. Dabei ist die Hamburger Wirtschaftsbehörde eine der treibenden Kräfte hinter dem Zukunftsprojekt, das Große-Möller und ihre unterschiedlichen Projektpartner vorantreiben wollen. Aber noch würde ein Gewebetransport nicht erlaubt, weil eine Drohne unter anderem keine Bundesstraße oder ohne Weiteres Privatgrundstücke überfliegen darf. Die Referentin: „Auch Bundeswasserstraßen und Industrieanlagen dürfen ohne aufwendige Erlaubnis durch verschiedene Stellen nicht überflogen werden. Das ist hier im Süderelbe-Raum ein zusätzliches Hindernis. Natürlich muss die Nutzung von unbemannten Fluggeräten besonders in urbanem Raum streng und sicher geregelt werden. Aber die momentane Rechtslage für selbst einfache kommerzielle Anwendungsfälle ist recht kompliziert.“

Auch das Thema Lieferdrohne wurde angesprochen: „Dann sitze ich auf der Terrasse, und da surrt so ein Ding über mein Grundstück zur Nachbarin, weil die schon wieder Schuhe bei Zalando bestellt hat. Ist denn das erlaubt?“, lautete eine Frage aus der Runde. Die Antwort: „Sie müssten dem Lieferanten vorher schon genehmigen, dass der Luftraum über Ihrem Eigentum dafür genutzt werden darf.“ Der befürchtete massenhafte Transport von Kleidung, Pizzen & Co. werde aber voraussichtlich eine untergeordnete Rolle spielen. Vielmehr könnten Drohnen kostengünstig und sicher in der Vermessungstechnik eingesetzt werden, im Baugewerbe, zum Inspizieren von Kaimauern und Windkraftanlagen, auch zum Erkennen von Schädlingsbefall an einzelnen Pflanzen. „Dazu aber müssen wir ein drohnenbasiertes Luftverkehrskonzept erarbeiten“, sagt Christina Große-Möller. Wie das aussehen soll? „Unsere Wunschvorstellung ist eine spezielle App. In die gibt der Drohnen-Betreiber Uhrzeit sowie Start- und Landepunkt ein. Wenn er von einer Zentrale grünes Licht bekommt, kann er seine Drohne starten.“ ns