Hilfe, die Ein-Euro-Läden sterben aus . . .

Citymanagement Harburg legt Zahlen vor – Leerstand in der Lüneburger Straße binnen vier Jahren halbiert.

Es gab Zeiten, da machte in Harburg folgender Satz die Runde: „Wer in der Lüneburger Straße hinfällt, liegt entweder vor einem Ein-Euro-Laden, einem Billigbäcker oder einem Schuhgeschäft . . .“ Die leise Ironie war unüberhörbar und Ausdruck einer gewissen Frustration über das Wegbrechen der alten, vertrauten Einzelhandelsstruktur. Niemand ahnte damals, dass dies der Anfang einer Entwicklung war, die mittlerweile zur Angebotsgleichschaltung der deutschen Innenstädte geführt hat. Es ist ein bisschen wie mit Hase und Igel in Buxtehude: Wo man auch hinkommt, kik und Co. sind schon da. Doch es gibt auch Veränderungen, die so leise vonstattengehen, dass sie kaum registriert werden. Eine nennt Melanie-Gitte Lansmann, Citymanagerin in Harburg: „Wir haben nur noch einen einzigen Ein-Euro-Laden.“

Eigentlich gibt es nichts, was nicht schon über den Zustand der „Lü“ geschrieben worden ist. Die Leerstände waren schon vor 25 Jahren Thema. Der Rückzug der eigenständigen Einzelhändler und das Vordringen der Filialisten ebenfalls. Die Versuche, durch umfangreiche Aufräumaktionen und neues Straßenpflaster Ruhe in die Straße zu bringen, waren ebenfalls Thema wie die Sozialstruktur und der vernachlässigte Branchenmix. Gastro-Konzepte, Wohnideen, Pop-up-Stores, die Big-Bang-Theorie (Neueröffnung mehrerer Läden auf einen Schlag), die Kaufaktivitäten ausländischer Fonds, Fassadenprogramme, der Business Improvement District, die öffentlichen Toiletten – betrachtet man alles zusammen, muss man zu der Erkenntnis kommen, dass es an ein schieres Wunder grenzt, dass diese trotz allem stark frequentierte Straße immer noch lebt. Und das auch noch bei fast vollständiger Abwesenheit von Ein-Euro-Läden.

Eine zentrale Meile

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Gitte-Melanie Lansmann: „Diese Entwicklung ist wirklich bemerkenswert und ein gutes Zei  chen, wie ich finde. Die Leerstände und das sinkende Niveau des Einzelhandels waren jahrelang ein Thema. Nun stellen wir plötzlich fest, dass sich die Dinge zum Positiven verändern.“ Ganz unschuldig ist das Citymanagement daran nicht, denn bei Wind und Wetter hat die kleine Mannschaft immer wieder dafür gesorgt, dass in der „Lü“ etwas los ist. Übers Jahr verteilt finden immer wieder Events statt, die für fünfstellige Besucherzahlen sorgen. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass aus der Lüneburger Straße niemals ein Neuer Wall werden wird. Wichtig ist aber, dass Harburg eine zentrale Meile behält, die alles Mögliche sein darf – nur nicht ausgestorben.

Vor diesem Hintergrund freut sich die Citymanagerin über attraktiven Zuwachs wie das „Schweinske“ in der Lüneburger Straße 2 (am Gloria-Tunnel). Dass zeitgleich Toros Kultur-Café scheiterte, ist betrüblich – aber für die ehemalige Haupteinkaufsstraße gilt das städtebauliche Grundprinzip: Alles ist in Bewegung, die Stadt ist niemals fertig.

Der Eingangstext der letzten Leerstands- und Frequenzerhebung ist vor diesem Hintergrund durchaus erbaulich zu lesen: „Der Hamburger Süden bietet mit seinem abwechslungsreichen und internationalen Angebot eine interessante Shopping-Möglichkeit für jedes Publikum. Nicht nur die großen Center, auch die Fußgängerzonen sind daher gut besucht.“ Und: „Der Leerstand hat sich seit 2013 in vielen Bereichen der Harburger Innenstadt sowie in den Centern reduziert. In der Lüneburger Straße ist dies deutlich zu beobachten. Auch Parkplätze (4225, d. Red.) sind in Harburg ausreichend und kostengünstig vorhanden.“ Aus den anhängenden Tabellen geht hervor, dass sich der Leerstand in der Lüneburger Straße binnen vier Jahren halbiert hat (Stand 2016). Durchaus eine gute Nachricht. wb