„Transparenz schafft Vertrauen“

Foto: Stadt Buchholz"Jeder Bürger ist an der Entwicklung einer Stadt beteiligt", sagt Klaus Selle, Professor für Planungstheorie und Stadtentwicklung bei seinem Vortrag über dieses Thema || Foto: Stadt Buchholz

Buchholzer Dialoge: Klaus Selle referiert zum Thema „Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe“.

Klaus Selle lässt Mikrofon und Podium links liegen. „Ich vermeide das“, sagt der Professor für Planungstheorie und Stadtentwicklung, „sonst haben wir gleich eine Asymmetrie im Raum, von oben nach unten.“ Selle will seinen Zuhörern auf Augenhöhe begegnen, spricht frei, unaufgeregt, sachlich, eleoquent und – verständlich. Sein Publikum gewinnt er damit auf Anhieb. Rund 100 Buchholzerinnen und Buchholzer sind der Einladung von Stadtbaurätin Doris Grondke zur fünften Urban-Uppdate-Veranstaltung in der Reihe Buchholzer Dialoge in die Empore gefolgt. Wollen wissen, was Selle zum Thema „Stadtentwicklung als Gemeinschaftsaufgabe“ zu sagen hat.

Sein Ziel: Das Verständnis, das wir von Bürgerbeteilgung haben, auf den neuesten Stand bringen. Dazu bedarf es zunächst einer Analyse. Und wie jede Analyse, beginnt auch diese mit Fragestellungen: „Wer ist verantwortlich für das, was in der Stadt passiert? Wer entwickelt die Stadt?“ Auf den ersten Blick sind die Antworten simpel: Investoren, Unternehmer, Bauherren, Stadtplaner, Politiker. Logisch. Aber die sind nicht allein.

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„Städte sind parzelliert und damit dezentralisiert“,

sagt Selle mit Blick auf die zahllosen Grundstücke und deren Eigentümer, die zu einer Stadt gehören. Ob jemand baue, was und wie er baue – „viele Fragen, die den Alltag und die Wahrnehmung einer Stadt ausmachen, werden von vielen Akteueren bestimmt“. Anders formuliert: Wer plant und baut, gestaltet die Stadt. Und das sind immer: Viele. Gleichwohl sei Stadt mehr als Mörtel und Stein. Sie sei soziale, kulturelle, politische Entwicklung, Vielfalt und Verschiedenheit. „Wir müssen uns also fragen: Wer ist Stadt?“ Seine Antwort ist so einfach wie richtig. Wir. Alle entwickelten die Stadt. In unterschiedlicher Weise.

Vier Rollen weist Selle den Stadtentwicklern Bürgerin und Bürger zu. Sie sind der Souverän (als Wähler), Beteiligte (zum Beispiel als Mitwirkende bei einem Bebauungsplan), Marktakteure (als wirtschaftlich handelnde) und Zivilgesellschaft (etwa als Engagierte in einem Verein).

Anhand zahlreicher Beispiele illustriert Selle, wie die Bürgerinnen und Bürger Stadtplanung betreiben. Etwa indem sie (Souverän) in Aachen über einen Bürgerentscheid den Bau einer Campusbahn kippen. Oder in Freiburg als Baugemeinschaften (Marktakteure und Beteiligte) ein ganzes Stadtviertel gestalten. Und in Münster unter der Überschrift „Gutes Morgen Münster“ 311 Bürgerprojekte gründen (Zivilgesellschaft).

In der anschließenden von den Schülern und Schülerinnen Frederik Biere, Jil Haferkamp, Lars Möller und Zoé Totz des Gymnasiums Am Kattenberge moderierten Debatte schält sich der Kern dessen heraus, wie Beteilgung gelingt. Das Werkzeug sind einmal mehr die richtigen Fragen. Wann Ist der beste Zeitpunkt, den Beteiligungsprozess zu starten? Früh. Im ersten Schritt sei über das Ob – wollen wir das? – zu diskutieren. Werde diese Frage mit ja beantwortet, sei über das Wie zu sprechen.  Was dürfen Politik und Verwaltung von den Bürgerinnen und Bürgern erwarten? Klare Fragen. Umgekehrt müsse es darauf ebenso klare Antworten geben. Dieser Prozess müsse Meinung sichtbar machen und Informationen gewinnen.

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„Transparenz schafft Vertrauen“,

sagt Selle. Beteiligung könne deshalb auch nicht an- und wieder abgestellt werden. Sie sei ein fortlaufender Prozess, der geübt werden müsse. Allerdings entscheide letzlich die Politik, die hin und wiederl gerade Kante zeigen müsse.

„Im Zweifel auch mal gegen den geäußerten Willen der Akteure.“

„Seit drei Jahren führen wir mit Bürgerinnen und Bürgern den Dialog zu aktuellen spezifischen und allgemeinen Fragen der Stadtentwicklung“,

erläutert Stadtbaurätin Doris Grondke. Unabhängig von konkreten Entwicklungen und Planungen in der Stadt würden unterschiedlichste Themen wie Bürgerbeteiligung, Wohnen in der Gemeinschaft, Demografie und Wandel, Zukunftsforschung, Stadtkultur, Bürgerbeteiligung und anderes mehr von Referentinnen und Referenten aus Praxis und Forschung behandelt und mit Bürgerinnen und Bürgern diskutiert. Ziel sei es nicht zuletzt, den Buchholzerinnen und Buchholzern das komplexe Thema Stadtentwicklung nahezubringen und verständlich zu machen.

Für dieses Jahr wird die Reihe am Montag, 24. Oktober, abgeschlossen: Um 19 Uhr referiert Professor Dr. Cord Meckseper zum Thema „Die historische Stadt • Wie sie erfolgreich zukunftsfähig wurde“. Ermöglicht werden die Buchholzer Dialoge durch den Rat der Stadt, die Friedrich und Irene Vorwerk-Stiftung sowie das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung.

Mehr über Themen rund um die Immobilie (Bau, Dienstleistung, Stadtentwicklung, Standortentwicklung etc.) auf 32 Seiten in der nächsten B&P-Immobilien-Special 2016, die am 23. September 2016 erscheint.