„Wer auf Print verzichtet, macht einen Fehler“

Foto: Alexander SiebertAndreas Eckhoff im Gespräch mit Wolfgang Becker. Er ist Chefredakteur des Magazins #printproudmagz und registriert eine Trendwende im Wettstreit Print vs. Online. || Foto: Alexander Siebert

Überraschende Trendwende: Die Renaissance von Druckerzeugnissen.

Ein INTERVIEW mit Andreas Eckhoff

Er arbeitete viele Jahre als Journalist für die Welt am Sonntag, das Hamburger Abendblatt und das Tennis Magazin, bevor er sich vor gut zehn Jahren mit seiner Agentur AEMedia selbstständig machte: Andreas Eckhoff geriet damit automatisch in die Welle der Digitalisierung, die im Bereich Marketing, Werbung, Contentmanagement und Employer Branding eine steile Entwicklung erlebt. Im Herzen ist Eckhoff jedoch immer noch ein Mann des Print – einer, der weiß, wie sich eine frisch gedruckte Zeitung anfühlt; der noch im Ohr hat, wie es klingt, wenn die Druckmaschinen rattern und die neue Ausgabe ausspucken. Bei allem Hype um die Digitalisierung stellt er jetzt eine gegenläufige Entwicklung fest. Namhafte Unternehmen haben erkannt, dass es keine gute Idee war, komplett auf gedruckte Erzeugnisse zu verzichten. Andreas Eckhoff bezeichnet sich als „printproud“ und verweist auf das Magazin #printproudmagz, das er als Chefredakteur für das Hamburger MedienSchiff BRuno produziert. Über die Print-Renaissance sprach er mit B&P-Redakteur Wolfgang Becker.

Printproud – stolz auf Print. Woher kommt dieses neue Selbstbewusstsein einer fast schon totgesagten Form der Informationsvermittlung? Woran lässt sich die Renaissance von Druckerzeugnisse festmachen?

Anzeige

Wir unterstützen als Agentur die #printprout-Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, „Paper, Print und Passion“ zu fördern. In diesem Zuge haben wir ganz viele Menschen kennengelernt, die ebenfalls printproud sind und sich mit diesem Thema beschäftigen. Erstaunlicherweise sind das Menschen, von denen man zunächst gar nicht glaubt, dass sie sich mit Print befassen – eher würde man sie in die Kategorie Digital Nerds einordnen. Für die erste Ausgabe habe ich ein beispielsweise ein Interview mit Simone Weber, Marketingchefin von Garmin, geführt, ein Tech-Unternehmen, das für seine Navigationssysteme bekannt ist, heute aber als Weltkonzern unter anderem Sportuhren herausbringt. Zum Marketing für die Uhren gehört ein sehr schönes, erfolgreiches Online-Magazin mit dem Namen #beatyesterday. Vor kurzem wurde die Online-Version um ein Print-Magazin mit gleichem Namen ergänzt.

Versucht Garmin, damit verschiedene Zielgruppen zu erreichen?

Nein, es geht im Prinzip um diese eine große Zielgruppe, die sich für die Uhren und Fitness-Tracker interessiert. Garmin hat erkannt, dass wir in der Kommunikation immer noch in einer Übergangsphase leben. Es gibt Leute, die wollen nichts von Digitalisierung wissen, und solche, die sagen „Lass mich mit Papier in Ruhe“. Garmin geht davon aus, dass sie 30 bis 50 Prozent der Zielgruppe verlieren, wenn sie auf einen der medialen Wege verzichten. Die Grunderkenntnis lautet: Ich kann Kunden, die ein Luxusprodukt kaufen wollen, nicht mit einem QR-Code aus dem Laden gehen lassen.

Ist Garmin ein Einzelfall?

Nein. Für die nächste Ausgabe habe ich ein Gespräch mit Robert Auer, dem Geschäftsführer der Scholz & Friends-Agentur metagate, geführt. Der sagt, dass er einen Teil seiner Leute entlassen müsste, wenn es Print nicht mehr gäbe. Print ist immer noch wichtig.

Anzeige

Was mich besonders umtreibt, ist die Frage nach den Altersgruppen – gibt es den Split zwischen Alt = Print und Jung = Digital am Ende gar nicht?

Die Nutzung von Medien zieht sich quer durch die Altersklassen. Es gibt sogar zunehmend junge Leute, die gern zu Print greifen. Gerade junge Artdirektoren heben sofort die Hand, wenn es darum geht, bei einem Printprojekt dabei zu sein. Das machen die manchmal sogar lieber als Online-Themen.

Liegt das eventuell an der Kurzlebigkeit von Online-Auftritten?

Print ist einfach wertig. Und es gibt noch einen anderen Aspekt: Wir produzieren zum Beispiel seit Jahren für ein großes deutsches Unternehmen eine Zeitung. Im Zuge einer Nachhaltigkeitsinitiative haben wir jetzt zwei Ausgaben komplett digital produziert. Wir registrieren dabei, dass namhafte Interviewpartner beispielsweise aus dem politischen Bereich, die wir früher ganz leicht für Interviews gewinnen konnten, schwieriger zu überzeugen sind, wenn das Magazin nur noch online stattfindet. Am liebsten haben die übrigens beides: die gedruckte plus die Online-Version.

Viele Unternehmen haben ihre Marketingaktivitäten auf Online konzentriert – zeichnet sich da eine Rückwärtsbewegung ab?

Absolut! Ich habe gerade eine Studie des Multisense-Instituts für sensorisches Marketing mit dem Namen „The Power Of Print“ auf den Tisch bekommen. Dort heißt es, das beispielsweise Firmen wie Zalando, Hawesko oder Dreamlines, die vor allem digital groß geworden sind, ganz bewusst wieder Print machen. Wie man hört, setzt auch BWM wieder vermehrt auf gedruckte Broschüren, nachdem zwischenzeitlich nur noch Online-Infos an die Kunden weitergegeben wurden.

Wie lautet die Kernerkenntnis dieser Entwicklung?

Es geht nicht ohne Print, aber es geht auch nicht ohne Digital. Print baut die Brücke zum Digitalen, und Online baut die Brücke zu Print. Ich beschreibe es mal so: Als Content-Agentur füllen wir für unsere Kunden ein großes Fass voller Inhalte. Dann haben wir wie in der Kneipe vier, fünf oder mehr Zapfhähne. Und dann zapfen wir Print, wir zapfen Website, wir zapfen Newsletter, wir zapfen Social Medial. 0,5 Prozent mehr Aufmerksamkeit verdoppelt übrigens die Kaufwahrscheinlichkeit, sagt die Studie. Wobei durch Print sehr viel mehr Aufmerksamkeit erzeugt wird. Die Information huscht nicht so schnell vorbei wie im Web.

Ist das alles eine gute Nachricht für Zeitungen?

Nicht pauschal. Die gute Nachricht richtet sich vor allem an die besondere Idee. Im #printproudmagz stellen wir in jeder Ausgabe auf einer Doppelseite außergewöhnliche Magazinideen vor. Um diese besonderen Druckerzeugnisse geht es. Für tagesaktuelle Inhalte wird es dagegen im Bereich Druck perspektivisch vermutlich schwerer. Die klassische Tageszeitung wird sich meines Erachtens anpassen und mehr in Richtung Magazin entwickeln müssen, und das passiert ja auch schon. Die Süddeutsche Zeitung und die Zeit zeigen erfolgreich, wie das aussehen kann. Und auch in der Unternehmenskommunikation gilt: Wer auf Print verzichtet, macht einen Fehler.


AE-Media