Fachkräfte-Einwanderungsgesetz – nein danke?!

Foto: B&PSeit 2006 als Recruiterin im Personalwesen selbstständig: Corinna Horeis ist regional tätige Beraterin, Vermittlerin, Headhunter, Vermarkterin, Vertrieblerin, Netzwerkerin, Strategin, Kreativkopf und „Kümmerer“ in einer Person – nachzulesen auf ihrer Homepage || Foto: B&P

Von Corinna Horeis, Diplom-Kauffrau und Personal­beraterin.

Fehlende Arbeitskräfte haben sich zu einem eklatanten Risiko für deutsche Unternehmen entwickelt – unabhängig von der Größe. In allen Berufsgruppen – ob Handwerk, Ingenieurswesen, Medizin oder Pflege – in allen Branchen und in allen Regionen fehlt Personal. Das heißt: Der gesellschaftliche Wohlstand in Deutschland kann nur erhalten werden, wenn Fachkräfte aus der EU oder aus dem außereuropäischen Ausland auf dem deutschen Arbeitsmarkt zugelassen werden. Aus diesem Grund ist am 1. März 2020 das Fachkräfte Einwanderungsgesetz in Kraft getreten, um damit den Zugang und die Perspektiven für qualifizierte Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern zu erleichtern, die unsere Wirtschaft dringend benötigt.

Im Jahr 2022 gab es mehr als 1,7 Millionen offene Stellen in Deutschland. Bis 2035 könnte der deutsche Arbeitsmarkt um bis zu sieben Millionen Arbeitskräfte schrumpfen, wenn nicht gehandelt werde. Zu diesem Schluss kam bereits im Mai vorigen Jahres das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, IAB. In diesem Zusammenhang taucht immer wieder eine Zahl auf: 400 000 Zugewanderte werden jährlich notwendig, um die Lücke am Arbeitsmarkt zu stopfen.

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Viele Unternehmen sehen die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften als größten Hebel, um den Folgen des demografischen Wandels zu begegnen. Doch ist die Einwanderung von Fachkräften kein Selbstläufer. Die größte Hürde ist die Sprachbarriere. Während in manchen Berufszweigen wie zum Beispiel der IT die deutsche Sprache nicht von elementarer Bedeutung ist, sind fließende Deutschkenntnisse in anderen Berufen/Branchen eine absolut notwendige Voraussetzung. Im Klartext: Die ausländischen Fachkräfte müssten bereits bei Ankunft in Deutschland am besten muttersprachlich Deutsch sprechen.

Die nächste Hürde ist die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen. Im Heimatland lassen langwierige, bürokratische Prozesse arbeitswillige Fachkräfte lange im Ungewissen und spannen einstellungswillige Firmen auf die Folter. Zudem müssen die Unternehmen gewährleisten, dass die ausländischen Mitarbeiter angemessen – vergleichbar mit dem deutschen Lohnniveau – verdienen und dass sie bei der Wohnungssuche unterstützt werden.

Wer dringend vakante Stellen besetzen möchte, muss bei der Einstellung von Personen aus Drittländern einen langen Atem haben. Schnelligkeit ist nicht gerade die Stärke in den hiesigen Verwaltungen, unter anderem weil sie nicht auf die erhöhte Nachfrage von ausländischen Bewerbenden vorbereitet sind.

In der Literatur und in Medienberichten wird im Zusammenhang mit dem Fachkräfte-Einwanderungsgesetz nicht über Ängste und Vorurteile gegenüber ausländischen Mitarbeitenden berichtet. Doch die Arbeitgeber beschäftigen auch Fragen, wie lange die Arbeitskraft in Deutschland bleiben wird, wie die Integration verläuft, wie die Mitarbeiter und Kunden auf Sprachhemmnisse, andere Hautfarben und kulturell geprägte Verhaltensweisen reagieren? Das sind ernstzunehmende Vorbehalte, die vor einer Rekrutierung ausländischer Fachkräfte intern besprochen und geklärt werden müssen.

Integration kann nur gelingen, wenn ein Konzept vorliegt und wenn eine Willkommenskultur sowie interkulturelle Kompetenz gelebt werden. Integra­tion geschieht nicht von selbst, sondern ist ein andauernder Lernprozess. Wer als Arbeitgeber Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen und halten möchte, sollte diesen Prozess angehen. Allein der Blumenstrauß zur Begrüßung wird nicht ausreichen . . .

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corinna@horeis-consult.de