Organisationsschub im Krisenmodus

Banking im Corona-Zeitalter: In der Zentrale am Sand in Harburg steht Holger Iborg auf der Galerie im Kundenbereich. Pfeile markieren die Wege, Schutz­wände ermöglichen den Mitarbeitern maskenfreie Beratung. Foto: Wolfgang Becker

Firmenkunden-Leiter Holger Iborg, Sparkasse Harburg-Buxtehude, über den Corona-Kraftakt, die Stimmung in den Unternehmen und die Lehren für die Zukunft

Als hätten sie es vorausgesehen: Im vergangenen Jahr stattete die Sparkasse Harburg-Buxtehude alle Firmenkundenbetreuer mit Notebooks aus, nicht ahnend, dass diese technische Basis im Frühjahr 2020 ein wichtiger Baustein für die Kommunikation sein würde. Wie die Sparkasse die überfallartige Corona-Krise meisterte und bis heute immer noch meistert, fasst Holger Iborg, stellvertretendes Vorstandsmitglied und Leiter des Marktbereichs Firmenkunden, so zusammen: „Als Sparkasse zählen wir uns gewiss nicht zu den Gewinnern dieser Krise, denn auch wir werden die Auswirkungen von Corona merken. Aber: Wir haben unsere Rolle als verlässlicher Partner in der Gesellschaft einmal mehr unter Beweis stellen können.“

Der weltweite Corona-Schock stellte auch die Sparkasse Harburg-Buxtehude vor unerwartete Herausforderungen und stand auf den ersten Blick sogar im Widerspruch zum vertrauten Slogan „Aus Nähe wächst Vertrauen“. Denn plötzlich war das Gegenteil der Fall, Abstand war gefordert. Und zwar in allen Lebensbereichen. Iborg: „Es ging uns vermutlich wie allen anderen: Am Anfang, als die ersten Meldungen aus China kamen, konnten wir nicht mal ansatzweise abschätzen, wohin sich Corona entwickeln würde. Ich denke, die wenigsten von uns haben sich vorstellen können, was dann Mitte März kam: der Lockdown.“ Die Sparkasse Harburg-Buxtehude hat rund 650 Mitarbeiter und einen klassischen Versorgungsauftrag. Bricht der finanzielle Service zusammen, geht nichts mehr. Iborg: „Gleich zu Beginn haben wir die Hälfte unserer Beratungscenter geschlossen, die jetzt glücklicherweise alle wieder geöffnet sind. Aber Mitte März ging es um den Schutz der Mitarbeiter und um die Aufrechterhaltung aller Finanzdienstleistungen. Also haben wir die Mannschaft sozusagen gedoppelt. Für den Fall, dass jemand infiziert wird und das Team in Quarantäne muss, waren wir gerüstet. Das hat gut geklappt. Aber das eigentlich Tolle ist: Wir haben das nie gebraucht.“

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Die Mannschaft gedoppelt

Zugleich liefen ab Mitte März die Telefone der Firmenbetreuer heiß. Viele Unternehmen standen plötzlich vor dem Problem, dass die Einnahmen einbrachen, zum Teil sogar gegen Null gingen, die Kosten für Personal, Mieten und Lieferanten aber weiterliefen. Holger Iborg: „Die größten Probleme entstanden vor allem bei den kleinen Betrieben: Einzelunternehmer und insbesondere im Einzelhandel. Speziell diese Gruppen verfügen in der Regel über ganz wenig Rücklage, da tun zwei Wochen Umsatzstopp richtig weh.“ Hinzu kam: Viele Anrufer waren mit der überraschenden Lockdown-Situation schlicht überfordert und brauchten zunächst mal ein paar Impulse – Thema Kurzarbeit, mal den Vermieter ansprechen, staatliche Hilfspakete. Es waren also Zuhören und Beratung gefragt. Allerdings ging es uns zu Beginn der Krise ja ähnlich. Auch wir wussten nicht, wie die Ankündigungen der Bundesregierung umgesetzt werden.“ Sein ganzes Beraterteam, so Iborg, habe sich aber intensiv mit diesen Fragen auseinandergesetzt und schnell passende Lösungskonzepte erarbeitet.

Mittlerweile hat sich die Lage insgesamt etwas entspannt, aber für einige Branchen ist es immer noch schwer, wieder Fuß zu fassen. Hier sind insbesondere die Gastronomie und die Hotellerie betroffen, da sich nicht verkaufte Essen und nicht belegte Betten im Nachhinein nicht doppelt verkaufen lassen – da sind reale, nicht mehr auszugleichende Verluste entstanden.

Aus der Finanzkrise gelernt

Insgesamt schätzt Holger Iborg die Situation im Geschäftsgebiet der Sparkasse Harburg-Buxtehude jedoch recht positiv ein: „Bei allen Schwierigkeiten, die einige Unternehmen ohne Frage haben, ist der Landkreis Harburg insgesamt wirtschaftlich in guter Konstitution. Hinzu kommt: Viele Unternehmen haben aus der Finanzkrise 2008/2009 gelernt – sie bildeten Rücklagen und erhöhten das Eigenkapital. Das hilft ihnen jetzt.“

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Auch Iborg berichtet, wie Vertreter anderer Finanzunternehmen, von einem digitalen Zeitraffer: „Was wir in zwei Monaten umsetzen mussten, hätte unter normalen Umständen zwei Jahre gebraucht. Ich bin sicher, dass einige Neuerungen aus der Corona-Phase bestehen bleiben werden. Hilfreich war auch, dass wir schnell eine Kommunikation aufbauen konnten, die nicht allein auf Sparkassen-Rechnern läuft. So wurde Homeoffice möglich. Unter dem Strich muss ich sagen: Im Großen und Ganzen hat der Kraftakt gut funktioniert. Und es war beeindruckend, wie schnell wir zu guten Lösungen gekommen sind.“ In dieser Zeit lief das Digitale Beratungscenter zur Höchstform auf. Die noch geöffneten Standorte wurden mit Schutzwänden ausgestattet, damit Beratung ohne Maske möglich ist. Jeder zweite Mitarbeiter arbeitete von zu Hause aus.

Jetzt hofft auch Holger Iborg auf die Zeit nach Corona: „Ich freue mich schon darauf, endlich wieder regelmäßig im Büro zu sein und die Mitarbeiter persönlich zu treffen.“ Der 37-Jährig Sparkassen-Direktor ist zuständig für die gewerblichen Kunden, den Bereich Private Banking und die Start-ups. Außerdem ist er stellvertretendes Vorstandsmitglied. wb

Web: https://www.spkhb.de/