So kommt die Traube von Südafrika in den Lebensmittelladen nebenan

Sven Heinsohn ist einer der Geschäftsführer von Global Fruit Point in Buxtehude. Foto: andreaheinsohnphotography

Fruchthandel ist eine logistische Herausforderung – Gespräch mit Sven Heinsohn, Global Fruit Point in Buxtehude

Der Griff nach den frischen Trauben im Supermarkt geht dem deutschen Konsumenten leicht von der Hand. Auch im März, wenn Trauben aus Südafrika im Regal liegen. Die Rundum-Versorgung mit frischen Früchten abseits aller saisonalen Rhythmen ist fast eine Selbstverständlichkeit. Aber eben nur fast. Dahinter verbirgt sich ein komplexes logistisches System, das nur wenige Importeure beherrschen. Der Fruchthandel ist zudem abhängig von globalen Wetter-Ereignissen, die manchmal alle Planungen vom Tisch blasen. Sven Heinsohn, Geschäftsführer bei Global Fruit Point in Buxtehude, sagt: „Dürre, Überschwemmungen, Hurrikans, Hitze, Regen – alles wirkt sich auf die Ernte aus. Wir Fruchthändler sind immer vom lieben Gott abhängig. Jeden Tag. Ich könnte ein Buch darüber schreiben, was in unserem Geschäft alles passieren kann.“

Die Unwägbarkeiten des Wetters wirken sich unmittelbar auf die logistischen Abläufe aus. Fällt die geplante Traubenlieferung aus Südafrika aus, könnte beispielsweise ein Handelspartner in Peru oder Chile einspringen. Das insgesamt 27-köpfige Spezialistenteam unter der Führung von Sven Heinsohn und Matthias Neuel hält Kontakt zu weltweit mehreren Hundert Exporteuren und hat zwei logistische Hauptfelder im Blick: die Lieferkette vom Ursprungsland zu einem europäischen Hafen – und vom Hafen zum Handel, dem eigentlichen Kunden von Global Fruit Point.

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Handel mit Übersee
Heinsohn: „Unser Geschäft besteht darin, immer dann Ware zu beschaffen, wenn die europäische Saison bei uns zu Ende geht. Trauben kommen von Oktober bis Juni aus Übersee. Die beschaffen wir für namhafte Kunden aus dem Lebensmittelhandel in ganz Europa. Mit Äpfeln verhält es sich beispielsweise ebenso: Die beliebten Sorten Pink Lady und Kanzi werden auch in Europa angebaut, doch von Juni bis Oktober kommen sie aus Übersee, da der europäische Bestand leer geräumt ist. Früher gab es Orangen nur im Herbst bis Frühjahr aus Spanien, heute haben wir uns daran gewöhnt, dass zwölf Monate im Jahr alles verfügbar ist.“ Das 2006 gegründete Unternehmen Global Fruit Point unterhält ausschließlich Handelsbeziehungen in Übersee.

Hauptherausforderung im Fruchthandel: Die Ware wird in Containern oder in traditionellen Kühlschiffen auf dem Seeweg transportiert, ist also lange unterwegs, und soll trotzdem wie „soeben gepflückt“ in der Auslage beim Handel liegen. Fünf Wochen ist ein Containerschiff von Chile oder Neuseeland nach Rotterdam unterwegs, dem Hauptumschlagsplatz im europäischen Fruchthandel. Von Südafrika sind es zwar nur zwei bis drei Wochen, doch eine bei 35 Grad Celsius frisch geerntete Traube macht ohne Maßnahmen binnen weniger Tage schlapp.

Heinsohn: „Exportware wird nach der Ernte sofort runtergekühlt. Wir transportieren alles in Reefer-Containern. Ohne diese Kühl-Container würde unser Geschäft nicht funktionieren. Trauben werden beispielsweise bei null bis ein Grad transportiert, Mangos bei zehn Grad, Bananen bei 14 Grad. Das ist von Frucht zu Frucht verschieden. Wir versetzen zum Beispiel die Bananen quasi in den Winterschlaf. Bananen werden nach der Ankunft in Reifekammern gereift. Dann schalten sie von Grün auf Gelb.“ Solche Reifekammern stehen in ganz Deutschland. Knapp eine Woche nach der Ankunft ist die Banane dann im Handel. Über Temperatur und Feuchtigkeit im Container wird auch sichergestellt, dass die mittlerweile dominierenden schwarzen Hass-Avocados im Handel „ready to eat“ sind, wie Sven Heinsohn sagt. In diesem Fall hat Schwarz Grün fast verdrängt – nur noch wenige Händler bieten die harten grünen Avocados an, die nach dem Kauf erstmal reifen müssen.

Von A wie Avocado bis Z wie Zitrone
Auch dieser Aspekt innerhalb der langen Prozesskette bedingt wieder eine perfekte Logistik. Heinsohn: „Die Exporteure, mit denen wir zusammenarbeiten, organisieren auch die Verpackung und den Transport zum Hafen. Wir arbeiten mit allen großen Reedereien zusammen wie zum Beispiel Hamburg Süd, Maersk, MSC, Hapag-Lloyd, Seatrade und CMA CGM. Die Seefrachtrechnung landet bei uns und wird von uns beglichen.“ Allein in Südafrika, dem für Global Fruit Point wichtigsten Ursprungsland für Trauben, Citrus-Früchte (Zitronen, Orangen, Grapefruits, Mandarinen), Steinobst wie Pflaumen und Nektarinen sowie Äpfel, Birnen, Mangos, Avocados, Lychees, Granatäpfel und Blaubeeren, sind rund 60 Exporteure für Global Fruit Point aktiv. Weitere wichtige Ursprungsländer sind Chile, Argentinien, Brasilien, Neuseeland, Peru, Costa Rica, Indien, Elfenbeinküste, Israel und Uruguay. Aus der Dominikanischen Republik und Ecuador kommen beispielsweise Fair Trade Bananen (konventionell und Bio).

Damit Global Fruit Point den Lebensmittelhandel punktgenau bedienen kann, wird ein Programmplan erstellt. Heinsohn: „Wir arbeiten mit drei bis sechs Monaten Vorlauf. Aber es passieren immer Ereignisse, die uns stark herausfordern. Fruchthandel ist ein spezielles Metier und erfordert rund um die Uhr Einsatz von den Mitarbeitern.“

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In Rotterdam, Antwerpen oder auch in Hamburg angekommen, wird die leicht verderbliche Fracht in Distributionslagern einer Qualitätskontrolle unterzogen, kühl gelagert, kommissioniert und nach der Order durch den Supermarkt ausgeliefert. Das ist der logistische Part nach Ankunft in Europa. Rotterdam hat sich mittlerweile zum Hauptknotenpunkt entwickelt. Heinsohn: „Fruchthandel war früher ein großes Thema im Hamburger Hafen, aber Rotterdam hat schon lange den Hamburger Standort im Fruchtgeschäft überholt. Für den Fruchthandel gilt: Logistik ist das A und O für Frische. wb

Web: www.frupo.de