Autonomes Fahren in der Stadt? Das kann noch dauern . . .

Hochbahn-Chef Henrik Falk referierte unter anderem über das Hamburger Projekt „Heat“: autonomer Personennahverkehr in der Hafen-City, geplant für 2021. Foto: Wolfgang Becker

Es geht um Künstliche Intelligenz: TUHH, channel hamburg und der Wirtschaftsverein veranstalten erstes „impuls forum“

Unter dem Titel „impuls forum“ haben die TUHH, channel hamburg e.V. und der Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden ein neues Vortrags- und Diskussionsformat gestartet – zunächst mit dem Schwerpunkt Künstliche Intelligenz (KI). Thema der Auftaktveranstaltung: autonome Mobilität – der Traum vom selbstfahrenden Auto, Bus oder Shuttle. Den Mobilitätsimpuls lieferte Henrik Falk, Vorstandschef der Hamburger Hochbahn AG. Er treibt die digitalen Themen intern voran und plant mit dem Projekt „Heat“ für 2021, pünktlich zum ITS-Weltkongress in Hamburg (Intelligente Transport Systeme), ein autonomes E-Shuttle-Angebot für Personen in der Hafen-City. Klingt visionär, doch die realistische Einschätzung des Hochbahn-Chefs ist eher ernüchternd: „Das Thema ist so komplex – ich gehe davon aus, dass wir innerhalb der kommenden zehn Jahre keine autonomen Flotten in den Städten sehen werden.“

Selbst das Hamburger Vorzeigeprojekt „Heat“ ist mit vielen Tücken behaftet. Konkret sollen zwei fahrerlose Vehikel einen 3,6 Kilometer langen Ringverkehr bedienen und sich selbstständig mit Tempo 50 (!) in den fließenden Verkehr einfädeln. Falk: „Komplett autonom. Auch das Aufladen soll autonom geschehen. Dazu wird es eine Unterstützung durch die Infrastruktur geben – die Technologie der Fahrzeuge reicht nicht aus. Wenn am Ende dabei he­rauskommt, dass so ein Transportsystem grundsätzlich eine zusätzliche äußere Infrastruktur brauchen wird, dann hieße das: Alle Städte, die autonomes Fahren einführen wollen, müssten diese Infrastruktur erst einmal schaffen. Stand heute reicht die Fahrzeug-Sensorik nicht aus.“ Dies liege vor allem auch an den wechselhaften Witterungsverhältnissen.

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Diese knappe Argumentation macht deutlich, dass autonomes Fahren technisch zwar möglich ist, aber es ist längst nicht geklärt, welche Lasten damit auf die Kommunen zukommen und ob das grundsätzlich wirtschaftlich darstellbar ist. Falk: „Wir haben auch einen Juristen im Projektteam, denn für ‚Heat‘ gibt es nach derzeitigem Recht keine Zulassung.“

Ein anderes digitales Thema, mit dem die Hochbahn befasst ist: Was lässt sich eigentlich aus den vielen Daten machen, die erhoben werden. Falk: „Wir haben massenhaft Daten. Also befragten wir drei Unternehmen, darunter einschlägig bekannte Global Player, gaben ihnen die Daten mit der Frage, was sich daraus machen ließen. Alle hatten Antworten, Fallstudien und Lösungsansätze, aber unter dem Strich war das Ergebnis niederschmetternd: Es kam nichts dabei heraus, was mit Hilfe von KI zu einem greifbaren Ergebnis für die Hochbahn AG geführt hätte.“ Big Data sei zwar in aller Munde, aber in der Umsetzung schwierig.

Eine gute Nachricht hatte Falk dann doch noch für gestresste Pendler: Binnen einer Dekade will die Hochbahn das U-Bahn-Streckennetz um 30 Prozent ausbauen und auf Sicht soweit automatisieren, dass autonome Züge rollen können. Der Vorstandschef: „Das klingt dann immer so, als wollten wir die Zugführer einsparen, aber darum geht es gar nicht: Die Automation ist nötig, um Züge im Minutentakt rollen zu lassen. So wie es in anderen Großstädten funktioniert. Nur so bekommen wir die nötige Kapazitätssteigerung hin.“

An der abschließenden Podiumsdiskussion nach den Impulsvorträgen nahmen Brinksma, Falk sowie Philipp Löwer, Kommunikationschef bei StepStone, und Thilo Jeske, Vorstandschef von BeOne, teil. TUHH-Präsident Ed Brinksma und Martin Mahn, Vorstandsvorsitzender von channel e.V. sowie Vorstandsmitglied im Wirtschaftsverein, kündigten zwei weitere KI-Impuls-Foren zu FinTechs und Robotic an. wb

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