„Das Potenzial Bremerhavens wird unterschätzt“

Foto: prProfessor Udo Burchard schätzt das klare Profil der Hochschule Bremerhaven. „Die Fachbereiche in Bremerhaven sind sehr interessant und zum Teil spezieller als die, die wir in Trier haben“, sagt der 53-Jährige. || Foto: pr

Warum sich Professor Udo Burchard für die Hochschule Bremerhaven interessiert .

Professor Dr. Udo Burchard ist der designierte neue Rektor der Hochschule Bremerhaven. Er soll ab September im Büro oben im Turmgebäude auf dem Campus Platz nehmen. Der Professor für Vertrieb, Marketing und Human Resources Management an der Hochschule Trier erzählt im Interview mit Ursel Kikker, weshalb die Hochschule am Meer sein Interesse geweckt hat und warum er vor zwei Jahren bei seinem Bremerhaven-Besuch seine Sportschuhe mitgebracht hat.

Haben Sie nach der positiven Entscheidung in Bremerhaven am Dienstag eine Flasche Sekt aufgemacht oder das DFB-Pokalspiel geguckt? Ich habe ein volles Programm an der Hochschule gehabt und hatte kaum Zeit. Am Abend, als das Fußballspiel lief, habe ich angefangen, das Ganze zu realisieren. Und nein, ich habe keinen Sekt getrunken, sondern eine Flasche Bier.

Fußball-Bundesliga – für wen sind Sie dann? Für Werder Bremen? Ja, klar. Ich habe lange in der Westkurve gestanden und die guten, aber auch die ganz schlechten Zeiten mitgemacht.

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Sie stammen ja hier aus der Region. Ihre Familie lebt in Ritterhude. Bremerhaven war Ihnen also ein Begriff. Was hat Ihr Interesse geweckt, um sich hier zu bewerben? Das unterschätzte Potenzial von Bremerhaven. Ich glaube, die Stadt hat extrem viel zu bieten, was das Zusammenspiel aus Tradition und Moderne angeht, was die Größe der Stadt angeht, was die Internationalität und trotzdem die Lokalität angeht. Ich glaube, dass sich aus diesem Potenzial sehr viel mehr entwickeln lässt. Die Hochschule ist dabei aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Träger und Partner für die Stadt.

Und was hat Sie an der Hochschule selbst gereizt? Ihre Größe, ihre Architektur und die Lage mitten in der Stadt. Die Zusammenstellung der Studiengänge und dieses klares Profil – die Hochschule am Meer mit ihrer maritimen Ausrichtung – das finde ich sehr inspirierend. Die Fachbereiche in Bremerhaven sind sehr interessant und zum Teil spezieller als die, die wir in Trier haben.

Gibt es etwas, worüber Sie mit Ihrem Blick von außen den Kopf geschüttelt haben? Kopf geschüttelt: Das wäre übertrieben. Ich meine festgestellt zu haben, dass die Masterprogramme sehr stark spezialisiert sind. Studierende, die zum Beispiel einen allgemeinen betriebswirtschaftlichen Master machen wollen, können nicht in Bremerhaven bleiben. Die Abbrecherquote mit durchschnittlich 50 Prozent in der Kohorte erscheint mir hoch, auch im Vergleich zum Bundesdurchschnitt unter den Ingenieuren.

An der Hochschule Trier engagieren Sie sich auch als Gleichstellungsbeauftragter. Wenn Sie durch diese Brille auf die Bremerhavener Hochschule schauen, was fällt Ihnen dann auf? Der Frauenanteil bei den Studierenden ist gut für eine Fachhochschule, auch wenn er höher sein könnte. Es fällt auf, dass sich die Studiengänge, die einen höheren Frauenanteil haben, relativ gut entwickelt haben. Das ist ein Thema, dem man Bedeutung beimessen sollte.

Sie kennen sicher den Wissenschaftsplan und die Ausbauziele: 4000 Studierende bis 2025, 5000 bis 2035. Würden Sie andere Akzente setzen? Das kann ich aus heutiger Sicht noch nicht sagen. Ich finde den Wissenschaftsplan erst mal sehr positiv, und ich halte ihn für ambitioniert. Dass das Land Bremen in den Standort investieren will, war für mich und meine Bewerbung ein weiteres Kriterium. Ich muss mich tiefer damit beschäftigen, was aus meiner Sicht sinnvoll ist. Aber das sind keine Entscheidungen eines Einzelnen, sondern eine Gemeinschaftsentscheidung.

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Wie geht es für Sie weiter? Sie müssen jetzt wahrscheinlich Vertragsverhandlungen mit den Wissenschaftsressorts führen und die ersten Termine in Bremerhaven vereinbaren. Ja, es geht jetzt um die Rahmenbedingungen und Formalitäten. Wenn alles für beide Seiten geklärt ist und ich die Stelle annehme, dann würde ich versuchen, parallel die ersten Eindrücke zu sammeln, mich mit den einzelnen Studiengängen im Detail auseinanderzusetzen und den Prozess der Budgetierung mit dem Bremer Senat zu begleiten. Ein früher Austausch mit den Verantwortlichen, den Studierenden und den Partnern der Hochschule, das wäre mein Wunsch.

Sie müssen in den nächsten Wochen und Monaten zweigleisig fahren: einmal Ihre Tätigkeit in Trier, dazu Ihre künftige Funktion in Bremerhaven. Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade mit Hochschulthemen beschäftigt sind? Ich bin gerne mit meiner Familie zusammen, und ich bin leidenschaftlicher Ausdauersportler.

Was machen Sie: laufen? Ja, laufen und ein bisschen Triathlon. Vor zwei Jahren bin ich das erste Mal den Halbmarathon in Bremerhaven gelaufen. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Mir hat die Strecke am Wasser entlang gut gefallen.

Zur Person

Professor Dr. Udo Burchard (53) arbeitet im Fachbereich Wirtschaft an der Hochschule Trier. Der gebürtige Bremer ist Professor für Vertrieb, Marketing und Human Resources Management. Er kam im Jahr 2002 nach Trier. Im selben Jahr hat er eine Unternehmensberatung gegründet. An der Hochschule hat er Burchard mehrere Funktionen begleitet und war unter anderem Dekan. Er ist Vater von drei Kindern und lebt mit seiner Familie in Ritterhude.