Die Abmahnung: Vom Feind zum Freund

Dr. Hermann LindhorstDr. Hermann Lindhorst

Dr. Hermann Lindhorst von SchlarmannvonGeyso über das Revival eines viel gescholtenen Rechtsinstruments.

Manch ein Unternehmer musste diese schmerzhafte Erfahrung in der Vergangenheit mehr als einmal machen: Ein winziger Fehler im Impressum der eigenen Webseite – beispielsweise ein nicht ausgeschriebener Vorname – reichte aus, um eine kostspielige Abmahnung zu kassieren. Wegen verschiedener Gebühren kam in solchen Fällen schnell ein vierstelliger Betrag zusammen. „Das war eine einzige Plage“, sagt Dr. Hermann Lindhorst. Er ist Fachanwalt für IT-, Urheber- und Medienrecht sowie Sportrecht bei der Kanzlei SchlarmannvonGeyso im Harburger Binnenhafen.

„Eigentlich sind Abmahnungen ein gutes Instrument, weil sie dabei helfen, lange und teure Gerichtsprozesse zu vermeiden. Wer sich strafbewehrt dazu verpflichtet, eine Unrechtmäßigkeit zu unterlassen, muss nicht vor den Richter“, erklärt der Experte. Doch der Gesetzgeber hatte beim Verfassen nicht damit gerechnet, dass ebenso findige wie zwielichtige Menschen daraus ein Geschäftsmodell zu Lasten Dritter zimmern würden. „Mit minimalem Aufwand – beispielsweise einem kleinen Ebay-Shop – gründete man ein Unternehmen, um als Branchen-Wettbewerber eine Abmahnungsgrundlage zu haben. Anschließend suchte man sich als Kompagnon einen Anwalt, der die Abmahnungen verfasste“, so Lindhorst.

Allein schon durch die einzunehmenden Anwaltskosten war das Modell attraktiv. „Es gab da leider auch in meiner Zunft unseriöse Kollegen, die das unterstützt haben“, sagt Lindhorst. Kostensteigernd kam hinzu, dass oft auch Vertragsstrafen fällig wurden, wenn das abgemahnte Verhalten wiederholt wurde. „Und das ging manchmal schneller als gedacht“, so Lindhorst. „Bei einem Impressumsverstoß musste man zum Beispiel sicherstellen, dass auch Google die Daten in seinem Cache löscht. Wer ahnt so etwas schon, wenn er die Unterlassungserklärung guten Glaubens unterzeichnet?“

Anzeige

. . . nicht mehr attraktiv

Die Abmahnung war für viele Unternehmer also ein Feindbild. „Zum Glück hat der Gesetzgeber die Regelungen mittlerweile so verändert, dass missbräuchliche Abmahnmodelle nicht mehr attraktiv sind“, sagt Hermann Lindhorst. Und so wird der Blick frei auf das, was eine Abmahnung eigentlich sein kann: Ein sinnvolles Instrument, um auf schnellem Wege gegen unternehmensschädigendes Verhalten vorzugehen. Und zwar auch zum eigenen Nutzen.

Zum Beispiel bei ungerechtfertigten Negativ-Bewertungen im Netz. „Man muss gegen so etwas natürlich nicht immer juristisch vorgehen. Oft ist eine pfiffige Antwort die beste Reaktion“, sagt der Experte. Zudem seien die rechtlichen Schranken auch recht hoch, „denn die freie Meinungsäußerung ist in Deutschland zurecht sehr gut geschützt.“ Und doch gelte: Wenn Unwahres behauptet oder so genannte Schmähkritik geäußert wird – also Angriffe unterhalb der Gürtellinie – dann ist zumeist der Punkt gekommen, an dem man sich aktiv zur Wehr setzen sollte.

„Es gibt seit einiger Zeit Anbieter, die versprechen, Bewertungen auf den einschlägigen Portalen löschen zu lassen, und das zu einem Fixpreis, der nur bei Erfolg zu zahlen ist“, sagt Lindhorst. Das sei natürlich bequem, könne auf Dauer aber recht teuer werden. „Wir glauben hingegen, dass es schlauer ist, mit einem eigenen Anwalt dagegen vorzugehen. Denn zum einen wirkt das beim Verfasser nachhaltiger und zum anderen muss der dann die Anwaltskosten tragen.“

Und dann hat Lindhorst noch einen Kniff für all jene, die zunächst einmal selbst versuchen wollen, gegen ungerechtfertigte Bewertungen auf Portalen wie Google Maps, Yelp oder Holidaycheck vorzugehen: „Die meisten Anbieter sind für solche Anfragen empfänglich. Die Plattform kontaktiert in so einem Fall in der Regel den Verfasser, um die Angelegenheit zu klären.“ Doch wenn der nicht reagiert, dann kann es sein, dass das Portal den Eintrag nach einiger Zeit auch ohne das Feedback des Users löscht. „Deswegen der Tipp von mir: Am besten stellt man so ein Löschungsgesuch dann, wenn man davon ausgehen kann, dass der Verfasser selten in seine Mails schaut. Also beispielsweise zur Urlaubszeit“, so Hermann Lindhorst augenzwinkernd. top

Anzeige

>> Web: www.schlarmannvongeyso.de