Neues Personengesellschaftsrecht mit neuen Problemen? 

Rechtsanwalt Titus Wolf ist Partner der Wirtschaftskanzlei VON ALLWÖRDEN Rechtsanwälte in Hamburg und Stade und verantwortet den Bereich Steuerrecht. Foto: B&P

Ab 2024 gilt das MoPeG

Von Titus Wolf, Rechtsanwalt

Zum 1. Januar 2024 tritt das sogenannte Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (kurz: MoPeG) in Kraft, das bereits 2020 entworfen und verkündet wurde und über das zumindest in der Fachöffentlichkeit spätestens seit 2016 diskutiert wird. Der Gesetzgeber hätte also genügend Zeit gehabt, spätestens in der Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes erkannte Wechselwirkungen zu beseitigen und Probleme zu lösen. Eine Nachbesserung ist allerdings – scheinbar in Ermangelung entsprechender Abstimmungen zwischen Justizministerium und Finanzministerium – sowohl unter der letzten großen Koalition als auch unter der aktuellen Ampel-Koalition ausgeblieben. 

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Eine überfällige Reform . . .

Grundsätzlich war eine Reform des deutschen Personengesellschaftsrechts überfällig und daher zu begrüßen. Insbesondere das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – auch BGB-Gesellschaft genannt, kurz: GbR, die uns allen im Alltag nicht selten begegnet – war und ist an entscheidenden Stellen durch Richterrecht geprägt, das bisher nie gesetzlich geregelt wurde. Das wohl prominenteste Beispiel ist die heute allgemein anerkannte und auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus 2001 zurückgehende Rechtsfähigkeit der GbR. Da eine solche GbR ohne gesonderten Gründungsakt entstehen kann und unter wenigen Voraussetzungen selbst beispielsweise Träger eines Unternehmens sein oder Immobilien erwerben kann, ohne dass – wie bei nahezu allen Gesellschaftsformen üblich – in einem öffentlichen Register festgehalten wäre, wer dahintersteht oder für sie handeln darf, war zum Beispiel die Einführung eines Gesellschaftsregisters, in das die GbR ab dem kommenden Jahr eingetragen werden muss, längst überfällig.

. . . mit Tücken

Ich erinnere mich noch gut an den 71. Deutschen Juristentag 2016. Dabei handelt es sich um ein breites Forum von Juristen aller Berufsgruppen, das im Abstand von zwei Jahren auf einer großen Tagung mit tausenden Teilnehmern über verschiedene Fachabteilungen hinweg Vorschläge zu wichtigen rechtspolitischen Themen diskutiert. Schon damals empfahl ein zuvor erstelltes Gutachten zur Frage „Empfiehlt sich eine grundlegende Reform des Personengesellschaftsrechts?“, die Abschaffung des sogenannten Gesamthandsprinzips. Dieses besagte bisher, dass das Vermögen einer GbR den Gesellschaftern nicht einzeln und auch nicht nach Bruchteilen, sondern zur gesamten Hand, also gemeinschaftlich zusteht. Nachdem die GbR seit langer Zeit selbst rechtsfähig war, hatte dieses Prinzip in den Augen vieler daher ausgedient. Allerdings protestierten bereits 2016 renommierte Steuerrechtler im Publikum der Veranstaltung, dass das Gesamthandsprinzip elementare steuerrechtliche Grundsätze präge und nicht ohne weitreichende Wechselwirkungen abgeschafft werden könne.

An entscheidender Stelle untätig

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Die Einsicht setzte sich leider im Gesetzgebungsverfahren nicht durch und das Gesamthandsprinzip wurde ohne Änderung der Steuergesetze, die es zur unbedingten Voraussetzung machen, abgeschafft. Man begnügte sich damit, in der Gesetzesbegründung darauf zu verweisen, dass sich am System der Besteuerung der Personengesellschaft nichts ändern solle. Im Nachgang machte sich aber doch die Erkenntnis breit, dass die Abschaffung wohl doch zu ungeahnten Konsequenzen bei der Besteuerung von Personengesellschaften sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer führen könnte. Durch das diesjährige Jahressteuergesetz, das den wohlklingenden Namen „Wachstumschancengesetz“ erhalten hat, hat man dann aber doch in letzter Minute nachgesteuert und zumindest für einige Teilbereiche des Steuerrechts qua Fiktion festgesetzt, dass hier das Gesamthandsprinzip weiterhin gilt. An praktisch entscheidender Stelle, nämlich bei der Grunderwerbsteuer, wurde dies allerdings nicht angeordnet. 

Handlungsbedarf noch in diesem Jahr

Durch die partielle Verpflichtung zur Eintragung in das neu geschaffene Gesellschaftsregister, die zumindest im Falle von Erwerb und Veräußerung von Immobilien, Anteilen an Kapitalgesellschaften oder gewerblichen Schutzrechten gilt, wird für die Anmeldung der Gesellschaft zum neu geschaffenen Gesellschaftsregister der Gang zum Notar erforderlich. Da die Eintragung zu Beginn naturgemäß nicht reibungslos verlaufen wird, ist zu überlegen, ob entsprechende Geschäfte noch in 2023 vorgenommen werden sollen.

Dringender Handlungsbedarf besteht für alle, die in naher Zukunft Immobilen von einer oder auf eine Gesellschaft übertragen möchten. Die Gültigkeit der hierbei gegenwärtig bestehenden Grunderwerbsteuerbefreiungen für Übertragungen von Eigentum auf eine Personengesellschaft oder von einer Personengesellschaft auf die Gesellschafter gilt aller Voraussicht nach in 2024 nicht mehr. Wer also in naher Zukunft eine Übertragung von Immobilien auf eine Personengesellschaft – zum Beispiel auch, wie in der Nachfolgeplanung üblich, auf eine Familiengesellschaft unter Ausnutzung der persönlichen Grunderwerbsteuerbefreiung von Angehörigen – plant, ist gut beraten, dieses Vorhaben noch in diesem Jahr umzusetzen.

>> Fragen an den Autor? twolf@va-ra.com  
Web: www.va-ra.com