Trotz Fangquoten bleiben die Sorgen

Kai-Arne Schmidt, Geschäftsführer Kutterfisch. Foto: Hartmann

Fischfang-Betriebe in Region zu EU-Vorgaben für die Nordsee: Einigung mit Norwegen existenziell.

von Tobia Fischer

Drei Tage hat Kai-Arne Schmidt über die Fangquoten in der Nordsee diskutiert. Als Vertreter des Deutschen Fischereiverbands war er dabei, als die EU festlegte, welches Land wie viel Kabeljau & Co. fischen darf. Das Ergebnis bereitet hier auch Sorgen.

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„Es waren schwierige Verhandlungen in Brüssel“, sagt Schmidt, der das Prozedere eigentlich schon kennt. Spätestens mit dem Brexit, dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU, ist Fischfang eine komplizierte Materie geworden. Im Vordergrund steht immer die Frage: Wie viel Fisch darf die EU und damit auch die deutsche Fischerei in den Hoheitsgewässern von Norwegen und Großbritannien fangen? Denn dort, außerhalb der EU, liegen die Hauptfischgründe für Hering oder Kabeljau. Diese Verhandlungen seien entscheidend für die Gesamtfangmengen der EU. Nach einem festgeschriebenen Verteilungsschlüssel erhalten dann die jeweiligen Länder ihre nationalen Fangmengen.

Die jetzt festgelegten Quoten für Deutschland in Nordsee und Nordostatlantik seien erstmal sehr erfreulich, sagt Schmidt, der Geschäftsführer der Kutterfisch-Zentrale in Cuxhaven ist. Beim Kabeljau, bei dem die Quote für 2022 fast halbiert worden war, wird sie 2023 für Deutschland um 63 Prozent auf gut 2.000 Tonnen angehoben. Für Schellfisch steigt sie um 25 Prozent auf knapp 1.600 Tonnen und für Seelachs um 17 Prozent auf gut 5.000 Tonnen.

Aber das sei eben nur ein Teil der Geschichte. Sorge bereitet ihm und den weiteren Fischerei-Unternehmen in der Region vor allem, dass es immer noch keine Einigung mit Norwegen gebe. Seit einem Jahr schwelt der so genannte Kabeljau-Krieg zwischen EU und Norwegen um den Zugang zu den Fanggründen.

Mit Großbritannien sei man auf dem guten Weg, sich eigentlich einig, aber die Verhandlungen für die norwegische Küste seien weiterhin ohne Ergebnisse. „Die norwegischen Fanggründe sind aber für uns existenziell“, sagt Dr. Uwe Richter, Geschäftsführer der Doggerbank Seefischerei in Bremerhaven. Fünf Vollfroster, die in Rostock stationiert sind, schickt die Bremerhavener Doggerbank regelmäßig auf Fangreisen. Es sind schwimmende Fabriken, in denen der Fisch schon an Bord zu Tiefkühlware verarbeitet wird. Zwei davon sind immer in Norwegen im Fanggebiet nördlich des 62. Breitengrads auf der Suche nach Kabeljau. Im Januar geht es normalerweise los. „Wir können nun ausweichen nach Grönland und Schwarzen Heilbutt fangen“, sagt Richter. Aber eine Lösung auf Dauer sei das nicht.

Genauso geht es der Deutschen Fischfang Union (DFFU) in Cuxhaven, die dort zwei Vollfroster liegen hat. Für Spitzbergen gebe es zumindest für das erste Quartal 2023 noch eine vereinbarte Quote, aber nicht für die norwegische Küste. „Das erschwert uns die Planung der Fangreisen“, sagt auch Samuel Rodriguez Ortega, Geschäftsführer der Deutsche Fischfang-Union. Alle drei Unternehmen hätten in ihre Flotten investiert. „Da mache ich mir schon große Sorgen“, so der DFFU-Chef, der seine Produkte vor allem nach Großbritannien und Asien exportiert.

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Dass kann Schmidt nur unterschreiben. Die Flotte von Kutterfisch, dazu gehören auch Schiffe mit Heimathafen Cuxhaven, ist in der Nord- und Ostsee unterwegs, vor allem auf der

Suche nach Kabeljau, Seelachs und Schellfisch. Kutterfisch deckt im Gegensatz zu Doggerbank und DFFU vor allem den Frischfisch-Bereich ab, beliefert damit Firmen in der Region, große wie Deutsche See oder Transgourmet in Bremerhaven, aber auch viele kleinere Händler. „Und all den Kunden kann ich auch nach der Einigung über die Quoten nicht sagen, was sie ab April von uns an Fisch einplanen können“, sagt Schmidt. Der Einsatz der Schiffe, wann welches wo unterwegs sein soll, sei für ihn nur im ersten Quartal 2023 planbar. Denn auch das ist ein Ergebnis der Schwierigkeiten der EU mit Norwegen und Großbritannien: Man hat sich darauf geeignet, für die gemeinsam bewirtschafteten Bestände die Fangmengen nur für das erste Quartal 2023 festzulegen.

Die Kritik von Umweltschützern, etwa vom BUND zur angehobenen Kabeljau-Quote in der Nordsee, kann Schmidt nicht nachvollziehen. Seit einigen Jahren hielte sich die EU bei der Fangquote konsequent an die wissenschaftliche Expertise des Internationale Rats für Meeresforschung (ICES) zu den Beständen. Und der habe nun festgestellt, dass sich der Kabeljau in der Nordsee deutlich erholt habe.

Der Internationale Rat hat auch entschieden, dass im Gegensatz zu Kabeljau die Fangmenge bei dem für die deutsche Fischerei wichtigen Nordsee-Hering 2023 sinken muss. Noch rund 37.500 Tonnen und damit 9 Prozent weniger als dieses Jahr dürfen gefangen werden. „Aber das kam für uns nicht überraschend“, sagt Richter. Drei Schiffe der Doggerbank sind ausschließlich im Heringsfang unterwegs. Gut 90 Prozent der deutschen Quote fischen sie aus der Nordsee.

Wenn Richter, Ortega und Schmidt einen Wunsch an den Weihnachtsmann hätten, dann wäre es dieser: eine Einigung mit Norwegen noch dieses Jahr.