Sparer entdecken das Wertpapier

Foto: SKHBBislang gut durch die Krise manövriert: Andreas Sommer und Sonja Hausmann über die Situation der Sparkasse Harburg-Buxtehude im Corona-Jahr 2020. Foto: SKHB

Andreas Sommer und Sonja Hausmann, Vorstand der Sparkasse Harburg-Buxtehude, über den Aktien-Hype, die müde Bazooka und Systemrelevanz

Sturmfluten entstehen in Hamburg, wenn mehrere Effekte zusammenkommen: zum Beispiel die Springtide und ein starker Nord-West-Wind. Eine ähnliche Konstellation erlebt zurzeit der Aktienmarkt, der allen wirtschaftlichen Schreckensszenarien zum Trotz einen ungeahnten Boom erlebt. Wie sich das beispielsweise auf die Geschäftsaktivitäten der Sparkasse Harburg-Buxtehude ausgewirkt hat, erläuterten der Vorstandsvorsitzende Andreas Sommer und Vertriebsvorständin Sonja Hausmann in einem B&P-Gespräch. Sommer: „Der Nettoabsatz im Wertpapiergeschäft ist im vergangenen Jahr um 93 Prozent gestiegen von 51 Millionen Euro in 2019 auf 95,5 Millionen Euro in 2020.“ Ein Rekordergebnis ausgerechnet im Corona-Jahr. Sonja Hausmann: „Diese Entwicklung liegt zum einen an der anhaltenden Niedrigzinsphase, zum anderen aber auch an Corona, denn die Pandemie sorgt durchaus dafür, dass die Wirtschaft in manchen Bereichen floriert.“ In der Folge stieg die Zahl der Aktiendepots bei der Sparkasse Harburg-Buxtehude um knapp zehn Prozent an – darunter viele Neueinsteiger. Kurz: Die Sparer entdecken das Wertpapier.

Sparpläne stark gefragt

Unter Anlageaspekten im Wertpapierbereich galt Deutschland im weltweiten Vergleich bislang eher als Entwicklungsland – die Aktie oder besser der Aktienfonds war vielen Sparern suspekt, da zu volatil. Als die Aktienkurse bis zum 18. März 2020 aufgrund des drohenden ersten Lockdown massiv eingebrochen waren und der Dax von mehr als 13000 Punkten im Januar auf 8441 Punkte rauschte, war das nicht etwa der Höhepunkt der Panik, sondern vielmehr der Startschuss für viele Anleger, die darauf vertrauten, dass sich die Wirtschaft erholt. Sonja Hausmann: „Wir hatten vor Corona eine stabile Wirtschaftslage, und es gab keinen Anlass, das Vertrauen zu verlieren.“ Die Zahlen scheinen ihr recht zu geben. Ende 2020 schloss der Dax bei 13 718 Punkten, 2021 setzt sich die Rallye fort.

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So gesehen befeuerte die Pandemie den Aktienhandel, der mittlerweile allerdings durchaus als „überhitzt“ kommentiert wird. Dazu sagt Andreas Sommer: „In der Regel kaufen unsere Kunden ja nicht die Papiere einzelner Unternehmen, sie investieren stattdessen in Aktienfonds. Doch selbst wenn: Aktien von Lufthansa und TUI sind in der Pandemie massiv unter Druck geraten. Doch das sind systemrelevante Unternehmen, die von der Bundesregierung finanziell unterstützt werden. Deshalb sind Anleger hier eingestiegen. Unterm Strich muss aber gesagt werden: Grundsätzlich ist eine Wertpapieranlage immer mit einem Risiko verbunden.“ Gleichwohl waren wertpapierbasierte Sparpläne im vergangenen Jahr ein großes Thema, wie Sonja Hausmann betont.

Der Jahresabschluss 2020 ist noch nicht unter Dach und Fach, aber dennoch zieht Sommer vorab eine insgesamt positive Bilanz. „Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen. Im März war ja überhaupt nicht klar, wie sich Corona entwickeln und auswirken würde. Wir haben deshalb vorsichtshalber auf die Kostenbremse getreten, dann aber festgestellt, dass der Vertrieb nicht so stark einbrach wie befürchtet. Im Gegenteil: Es entstand ein extrem hoher Beratungsbedarf bei unseren Kunden. Es gab viel zu besprechen und zu ordnen – mit dem Ergebnis, dass wir im operativen Kerngeschäft sogar über Plan abgeschlossen haben. Man muss auch mal sagen: Bis Stand heute (8. März, Zeitpunkt des B&P-Gesprächs, d. Red.) gab es keinen einzigen Forderungsausfall durch Corona.“ Sommer rechnet allerdings damit, dass in diesem und im nächsten Jahr Unternehmen Insolvenz anmelden müssen. Für beide Jahre hat die Sparkasse deshalb deutlich höhere Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle gebildet.

Durchaus kritisch wird das politische Handeln in Corona-Zeiten begleitet. Sonja Hausmann zum Thema Förderprogramme: „Wenn die Politik die Bazooka auspackt, heißt das nicht zwangsläufig, dass wir die Munition dafür haben. Am Ende ist ein Hilfskredit immer noch ein Kredit, der irgendwann bezahlt werden muss. Wir haben gefragt: Was hilft unseren Kunden am besten – und das ist dann manchmal eben auch die Tilgungsaussetzung.“ In der Folge wurden 2020 lediglich 90 Anträge für Hilfskredite bewilligt – gerade mal 25 Millionen Euro. Gemessen an einer Milliarde Euro Kreditvolumen im Geschäftskundenbereich eine überschaubare Summe.

Hilfskredite nur wenig gefragt

Sonja Hausmann berichtet von einem weiteren Corona-Effekt: „Viele Kunden haben die Zeit genutzt und sich mit Themen befasst, die sonst immer zu kurz kamen – zum Beispiel die Altersvorsorge, den Nachtrag des Sparbuchs und ähnliches. So kommt man miteinander ins Gespräch, und es ergeben sich neue Perspektiven auch für Sparer, denen es nicht reicht, dass ihr Geld einfach nur auf dem Konto geparkt wird.“

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Andreas Sommer sieht die Pandemie auch als Bewährungsprobe für die Sparkasse: „Anfang vorigen Jahres haben wir eine Drei-Säulen-Strategie beschlossen. Dabei ging es um den Gesundheitsschutz für unsere Mitarbeiter und Kunden, die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Gesundheit unserer Sparkasse und die Erfüllung unseres öffentlichen Auftrags. Wir verstehen uns als systemrelevant, gehören also zur kritischen Infrastruktur.“ Aus diesem Grund habe man keine Kurzarbeit beantragt, auf durchgängige Schließungen verzichtet und ein umfangreiches Hygienekonzept umgesetzt. „Wir wollten weiter vor Ort für unsere Kunden da sein, und dieses Vorgehen hat sich bewährt.“wb

>> Web: http://www.sparkasse-harburg- buxtehude.de