„Lifestyle Hubs“ statt Konsumtempel

Das Einkaufszentrum als Erlebnis: Shopping-Center der Zukunft bieten neben Geschäften auch Unterhaltung und Atmosphäre. Foto: Scheschonka

Für den Markt der Shopping-Center bricht eine neue innovative Phase an – die zugleich eine Zeit der Rückbesinnung und (Re-)Vitalisierung ist.

Mit Hochdruck wurde in den vergangenen 15 Jahren daran gearbeitet, die Freizeit-Konsumtempel der großen Einkaufszentren zu bauen und zu gestalten. Der Trend zur urbanen Mall ließ den Markt für einige Jahre explodieren. Doch inzwischen sind sich die Experten einig: Der Markt in Europa ist gesättigt. Nun stellt sich die Frage: Wie müssen sich Einkaufszentren hierzulande aufgrund der aktuellen Stagnation verändern, damit nicht auch sie in naher Zukunft zu sterbenden Centern werden?

Angetrieben durch neue Technologien

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Um zukunftsweisende Bauten zu schaffen, konzentrieren sich die Betreiber momentan hauptsächlich auf drei Faktoren, angetrieben durch neue Technologien: hoher Kundenservice; hoher Entertainment- und Erlebnisfaktor; hoher Wert an Orientierung und Convenience.

Die Digitalisierung ist aktuell wohl der wichtigste Trend, wenn es um die Zukunft des Handels und der Shopping-Center geht. In den vergangenen Jahren wurde viel experimentiert, um den mobilen, digitalen Kunden zu erreichen und ihn zum längeren Verweilen einzuladen. Dabei blieb die Frage nach den Grundanforderungen für ein angenehmes Einkaufserlebnis aber oft außen vor. Die vom Kunden präferierten digitalen Innovationen sind oft diejenigen, die eher im Hintergrund stattfinden, etwa in der Informationsübermittlung, in der Logistik und der Bezahlung, oder vor und nach dem Shopping-Center-Aufenthalt, beispielsweise durch Inspirationen über Social Media vorab. Convenience durch Technologie – genau mit diesem Aspekt sind zumindest die jüngeren Käufer bisher am wenigsten zufrieden.

Service-Angebote werden für Kunden künftig essenziell sein beim Besuch eines Einkaufszentrums. Ähnlich wie die Verfügbarkeit von Produkten und die Lage wird das passende Service-Angebot zu einem Hauptkriterium – und mangelnder Service wird nicht nur als negativ wahrgenommen, sondern gilt als Ausschlusskriterium. Schließlich kann man beinahe jedes Produkt auch online kaufen. Exklusive Wohlfühlangebote kommen daher immer stärker zum Tragen.

Emotionalität ist Trumpf

​Noch mehr als bisher wollen Kunden eine klare Geschichte hinter einer Marke und der Einkaufsstätte sehen. Emotionalität ist Trumpf: Manch einer erinnert sich noch an den Einzelhändler im Laden um die Ecke, der seine Produkte perfekt kannte, gastfreundlich war, eine Geschichte zu erzählen hatte – und meist auch den neuesten Tratsch und Klatsch. Inzwischen nutzen auch global agierende Marken die Stärken der individuellen Geschichtenerzähler, um mehr Emotionalität und Authentizität zu erzielen.

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Viele Handelskonzepte scheitern, wenn die passende Infrastruktur oder eine geeignete Lage nicht gegeben ist – insbesondere in großen Städten, wo viel stärker auf Fußgänger als Gelegenheitskundschaft geachtet werden muss. Und doch zeigt sich vor allem in der Stadt, dass die Lage direkt um die Ecke nicht unbedingt das wichtigste Kriterium ist. Um Nähe zu erzeugen, ist die städtebauliche, aber auch die soziokulturelle Einbettung in das Umfeld in Zukunft ausschlaggebender als die reine Zentralität. Städte sind hart umkämpfte Märkte, zugleich fehlt vielen urbanen Einkaufszentren das Alleinstellungsmerkmal. Noch mehr vom Gleichen ist kein Attraktor in Metropolen. Um die urbane Zugehörigkeit zu unterstreichen, setzen Shopping-Center außerdem auf Community-Events und -Angebote, von Coworking-Spaces bis hin zu lokalen und exklusiven Supper-Clubs, die die Menschen aus der Region stärker in das Shopping-Center ziehen sollen. Ziel ist es, das Shopping-Center lebendiger und integrierter zu gestalten – und eine für beide Seiten bereichernde Symbiose von Retail und Technologie zu ermöglichen.

Einkaufen wird zur Nebensache

Künftig werden Shopping-Center zu Lifestyle Hubs: Orte, wo man sich mit Freunden und Kollegen trifft, wo man arbeitet, wo man sich zu Hause fühlt, wo man seinen Gesundheitsberater besucht, wo man lebt, isst und einkauft – kurz gesagt: Orte, an denen man seinen Alltag verbringt. Einkaufen wird an diesen Lifestyle Hubs zur Nebensache. Denn die zukünftigen Konsumenten wollen mehr: Shopping braucht Sinn. Ihnen ist das Community-Feeling und die zwischenmenschliche Interaktion wichtig, und das Angebot von relevanten Services über das Shopping hinaus ist für sie ein Muss. Besonders drei Megatrends werden die Evolution der Shopping-Center hin zu Lifestyle Hubs vorantreiben: Gesundheit, Bildung und Nachhaltigkeit.

(Theresa Schleicher)

Web: Retail Report 2018