Hier werden zwei Hochhäuser versenkt

Doch was tun, wenn plötzlich ein „alter Schwede“ auftaucht und die Abwärtsbewegung bremst? Ein Findling, den die Gletscher während der Eiszeit aus Skandinavien nach Moorburg transportiert haben? Um das auszuschließen, ist der Elbgrund unterhalb der ringförmigen Schneiden bis durch die steinführenden Schichten hindurch ausgebaggert und mit Sand verfüllt worden. Trotzdem könnten direkt unter der Bodenplatte größere Findlinge liegen. Saefkow: „Steine bis etwa 60 Zentimeter Durchmesser können wir durch eine Luke in der Bodenplatte per Kran abtransportieren. Dazu setzen wir den Hohlraum unter Druck und schicken Spezialisten unserer holländischen Partner in den Raum. Sie sollen die Steine bergen und im Notfall auch zerkleinern.“ Die Männer arbeiten bei drei bar Druck, müssen anschließend wie nach einem Tauchgang in die Dekompressionskammer. Zu jedem Team gehört ein versierter Arzt.

Für den Fall, dass wider Erwarten tatsächlich ein großer Granitfindling auftauchen sollte, hat der HCH-Prokurist eine einfache Lösung parat: „Dann nehmen wir den mit runter.“ Der Stein würde dann auf 30 Meter Tiefe (unter Normalnull) liegenbleiben und nach Abschluss der Absenkungsphase in den Hohlraum einbetoniert werden. Damit sich die ganze Betonsäule nicht im Boden festsetzt und steckenbleibt, sind außen Düsen angebracht, über die Betonit ausgestoßen wird – ein Schmiermittel.

Zwei Mal 35 Meter
So logisch dieses Verfahren klingt, es ist dennoch eine Premiere für die Arge und die HPA. Folglich sind alle Worst-case-Szenarien durchgespielt worden. Sebastian Schulz, HPA-Projektleiter: „Manches darf einfach nicht passieren. Angenommen wir bekommen einen harten Winter und haben starken Eisgang, dann steht die Außenhülle massiv unter Druck. Dann reicht am Ende eine kleine Havarie mit einer Barkasse aus, um das Konstrukt zu gefährden.“ In so einem Fall kann die Baugrube über Notluken geflutet und ein Druckausgleich hergestellt werden. Menschen sind dann nicht mehr im Baubereich.

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Am Ende dieser Bauphase werden die beiden „Hochhäuser“ noch fünf Meter aus dem Wasser ragen, zehn Meter im Wasser stehen und 20 Meter tief im Grund verankert sein. Sie werden teils betoniert, aber überwiegend mit Sand verfüllt. Im Inneren sind mehrere Kammern. Die mittlere bleibt frei und dient als Treppenhaus und Versorgungschacht. Von dort aus wird nach Abschluss der Arbeiten ein Düker durch den Elbgrund gebohrt – eine Rohrverbindung mit zweieinhalb Metern Durchmesser, die mit einem Schildvortrieb hergestellt wird und beide Bauwerke verbindet. Hier verlaufen diverse Versorgungsleitungen und Steuerungskabel. Erst wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, beginnt der Bau der eigentlichen Brücke. 2020 sollen die ersten Züge über die „Neue Bahnbrücke Kattwyk“ fahren. wb