„Der Umbruch findet längst statt“

Philipp Westermeyer gilt als einer der führenden Digitalexperten Deutschlands. Über sein neues Buch sprach der B&P-Pod­cast-Experte Tobias Pusch mit ihm im B&P-BusinessTalk. Reinhören. Mitreden.

OMR-Gründer Philipp Westermeyer über
Chancen der Mittelständler im digitalen Wandel.

Philipp Westermeyer, Jahrgang 1979, ist Gründer der Wissens- und Eventplattform Online Marketing Rockstars in Hamburg. Seinen wöchentlichen OMR-Podcast hören mehr als 50 000 Menschen. OMR beschäftigt 170 Mitarbeiter. Zu Nicht-Corona-Zeiten organisiert der gebürtige Essener einmal jährlich mit seinem Team das OMR-Festival in den Hamburger Messehallen. Zuletzt kamen 52 000 Menschen zu dem Event. Westermeyer gilt als einer der führenden Digitalexperten Deutschlands. Jetzt hat er seine Erfahrungen in einem Buch veröffentlicht. Darüber sprach der B&P-Podcast-Experte Tobias Pusch mit ihm.

Philipp, Dein Buch heißt Digital Unplugged. Was soll dieser Titel bedeuten?

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Ich mache jetzt schon seit Jahren meinen OMR-Podcast und habe dort immer interessante Gäste. Über die Jahre hat sich eine Menge Wissen angesammelt, das ich jetzt mal zu Papier bringen wollte. In meinem Buch möchte ich die Digitalwirtschaft und ihre Regeln niederschwellig – also unplugged – erklären. Denn viele Menschen, die sich für Wirtschaft interessieren, fragen sich, was da gerade abgeht. Wie kann es beispielsweise sein, dass ein Start-up wie der Lebensmittel-Lieferdienst Gorillas nach nur einem Jahr mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet wird? Hier passiert gerade etwas, der Umbruch ist im vollen Gange.

Was für ein Umbruch ist das?

Das Digitale findet nicht mehr nur in einer Blase statt. Früher waren die digitale und die analoge Welt getrennt. Das ist nun aufgehoben. Digital ist Mainstream geworden. Manchmal erkennt man diesen Umbruch auf den ersten Blick auch gar nicht. Zum Beispiel dann, wenn sich in der Offline-Welt etwas verändert, was seine Ursache in Wirklichkeit in der Online-Welt hat.

Eine wichtige Auswirkung der Digitalisierung ist sicherlich, dass neue Player viel leichter die Märkte betreten können, oder?

Auf jeden Fall. Das haben Plattformen wie Facebook oder Google natürlich extrem befördert. Auf einmal kann man ein Business aufziehen, das es früher so nicht gegeben hätte, weil man die Zielgruppen nicht zu den Kosten erreichen konnte. Es macht erst heute Sinn, beispielsweise Sportsocken speziell für Ruderer herzustellen. Denn man kann jetzt weltweit sehr genau auch kleine Zielgruppen ansprechen. Gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen ist das attraktiv.

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Aber oft haben es die Kleinen durch die Digitalisierung auch schwerer, oder? In Deinem Buch gehst Du auf das Beispiel Peloton ein: Das ist ein Unternehmen, das Ergometer für zu Hause verkauft – samt attraktivem Trainings-Content am Bildschirm, durch den man während des Work­outs angeleitet wird. Wie soll das Fitnessstudio ums Eck gegen so einen milliardenschweren Player bestehen?

Ich glaube, das ist möglich, aber das Fitnessstudio muss sich an die neuen Spielregeln anpassen. Das Peloton-Abo ist am Ende für den Nutzer vermutlich günstiger. Über den Preis sollte man sich also nicht differenzieren. Und auch inhaltlich ist Peloton stark. Eine Grundfrage für einen lokalen Anbieter könnte also lauten: Wie erzeuge ich genügend Berührungspunkte zu meinem Kunden. An diese Dinge glaube ich sehr stark. Denn an diesen Punkten entstehen irgendwann Umsätze.

Leicht gesagt . . .

Aber es gelingt immer wieder. Ein Beispiel aus einer anderen Branche, aber immerhin auch aus dem Norden: In Osnabrück hat ein alteingesessenes Sportgeschäft im Untergeschoss eine sogenannte stehende Welle installiert, auf der man richtig surfen kann. Das hat sich weltweit rumgesprochen und erzeugt bis heute massive Besucherzahlen. Und diese Leute kaufen dort am Ende natürlich auch oft ein. Es gibt Vorteile für Player in der physischen Welt, die die digitalen Anbieter nicht haben. Eine stehende Welle gibt es nicht online. Diesen Vorteil muss man als Offliner nutzen. Es gibt aber auch noch viele andere tolle Beispiele aus der deutschen Provinz.

Geht es am Ende also vielleicht einfach darum, die Digitalisierung weniger als Bedrohung zu sehen, sondern eher auf die eigenen, neuen Chancen und Absatzmärkte zu fokussieren?

Genau. Es ist doch schade, wenn man immer nur versucht, das Bestehende zu bewahren. Denn in den heutigen Zeiten ist viel mehr möglich. Man sollte lieber die neuen Chancen, die sich bieten, ergreifen.

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>> Web: www.omr.com