Ausbildungsnachwuchs „hausgemacht“

Foto: Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachen e.V.Kooperationen zwischen Schule und Unternehmen bieten Vorteile für beide Seiten. Kürzlich trafen sich Vertreter der Schulen und der Betriebe im Haus der Wirtschaft zum Reflektionsgespräch. || Foto: Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachen e.V.

Wie aus der „Mangelware Lehrling“ Azubis mit Perspektiven werden.

Null Bock auf Lehre? Meike Bergmann bildet in ihren drei Edeka-Märkten derzeit 40 Azubis in unterschiedlichen Berufsbildern aus; bei 200 Mitarbeitern eine stolze Zahl! Auch die Salzhausener Maschinenbautechnik, kurz Salmatec, kann über einen Mangel an Ausbildungsnachwuchs nicht klagen. Ist die „Mangelware Lehrling“ also eine Mähr? Keineswegs. Nicht wenige Schülerinnen und Schüler entscheiden sich nach ihrem Abschluss zunächst für eine weitere schulische oder universitäre Laufbahn, für viele das vermeintlich sichere Sprungbrett auf der Karriereleiter. Weitaus schlechter kommt dabei die betriebliche Ausbildung weg, obwohl diese hervorragende und vielfältige Karrieremöglichkeiten und Entwicklungschancen bietet.  Höchste Zeit also für eine Imagekorrektur.

Wie diese gelingen kann, zeigt der Arbeitskreis Schulewirtschaft des Arbeitgeberverbandes Lüneburg – Nordostniedersachsen e.V. . Sein Ziel ist die Schaffung von Berührungspunkten zwischen Wirtschaft und Schulen. Er zeigt Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf, unterstützt begleitend und vermittelnd bei der Kontaktaufnahme und der Entwicklung von Kooperationskonzepten. Zahlreiche Schulen und Unternehmen aus dem Kreis Lüneburg sind auf diese Weise bereits zu aktiven Partnern geworden.

Wirtschaft und Schulen müssen zusammenrücken

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Kürzlich trafen sich im Haus der Wirtschaft an der Stadtkoppel Vertreter aus Schulen und Unternehmen zum Erfahrungsaustausch: Meike Bergmann (Edeka Bergmann), Stefan Puls und Christopher Gerdau (Salmatec), Uwe Wegener, Schulleiter der Schule Am Wasserturm, Gudrun Voigt, Schulleiterin der Oberschule Salzhausen und als Vertreterin der Landesschulbehörde Dezernentin Elke Oppermann folgten der Einladung von Renate Peters vom Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachen, über die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft zu sprechen. Schulvertreter wie Unternehmer blicken bereits auf mehrjährige Erfahrungen mit ihren Kooperationspartnern zurück; so auch Unternehmerin Meike Bergmann. Sie zeigt Innovationsgeist, wenn es darum geht, sich als Ausbildungsbetrieb zu positionieren. Eine sehr bewusste Entscheidung war da auch die Kooperation mit der Oberschule am Wasserturm in Lüneburg. Gemeinsam mit Schulleiter Uwe Wegener beschreitet sie bereits seit drei Jahren neue Wege, um Schulabsolventen das Berufsbild nahe zu bringen – mit Erfolg. Neben intensiven Betriebspraktika bietet die Unternehmerin auch ein Praktikum für Lehrkräfte, die so die Möglichkeit erhalten, selbst in die Branche hinein zu schnuppern. Ihre Auszubildenden stellen ihren Lehrberuf in den Schulen vor. Die Schule am Wasserturm pflegt darüber hinaus mit fünf weiteren Wirtschaftspartnern Kooperationen, weitere sollen folgen.

„Es ist mir wichtig, unseren Schülern eine Vielfalt anbieten zu können, in der sich jeder mit seinen Stärken und Präferenzen wiederfindet“,

so Uwe Wegener. Im Gegenzug sind auch die Arbeitgeber gefordert. Wer Ausbildungsnachwuchs sucht, muss heute Präsenz zeigen, weiß Stefan Puls, Produktions- und Betriebsleiter der Firma Salzhausener Maschinenbautechnik, kurz Salmatec. Er und sein Stellvertreter Christopher Gerdau sind auf zahlreichen Jobmessen vertreten.

Ihre Kooperation mit der Oberschule in Salzhausen stellt für sie ein weiteres erfolgreiches Instrument dar, um den Imagewandel des Lehrberufs voranzutreiben. Die Schulleiterin der Kooperationsschule, Gudrun Voigt, sieht die Zusammenarbeit ebenso positiv. Sie gebe ihren Schülern und Schülerinnen die Möglichkeit, schon während der Schulzeit herauszufinden, wo ihre Neigungen liegen. Im Blick habe sie dabei grundsätzlich die Nachhaltigkeit: Im Anschluss an ein Praktikum präsentieren die Schüler ihre Erfahrungen Lehrern, Mitschülern und Vertretern des Unternehmens. Für alle sei dies immer wieder ein großer Gewinn.

Individuelle Kooperationsmodelle

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Der derzeitige Stand unbesetzter Ausbildungsplätze macht die Brisanz des Themas deutlich. Ohne aktives Gegensteuern droht der deutschen Wirtschaft langfristig eine erhebliche Fachkräftelücke.

„Erkennen Schulen wie Unternehmen den Mehrwert einer Zusammenarbeit“,

so Renate Peters, könnten alle Beteiligten profitieren. Reagiert hat auch die Landesschulbehörde. Elke Oppermann, Lüneburger Dezernentin, sowie ihre Kollegen in Hannover, Osnabrück und Braunschweig, sind zuständig für den Bereich Berufsorientierung und steuern die Fachberatung in den Schulen. Auch sie unterstützt Schulen auf ihrem Weg zu den geeigneten Kooperationspartnern.

„Berufsorientierung soll künftig verstärkt auch für Gymnasien, sowie für Gesamtschulen geboten werden“,

so Elke Oppermann. „Dies ist unser großes Thema für dieses und für das kommende Jahr“. Ein großes Thema, das noch Mitstreiter sucht – aus Schule und aus Wirtschaft. Renate Peters möchte Unternehmen, die unsicher sind, ob sie den Anforderungen einer Kooperation personell bzw. zeitlich gewachsen sind, Mut machen. „Wir helfen jedem, sein individuelles Kooperationsmodell zu „stricken“. Dies können etwa Betriebsbesichtigungen oder Praxistage im Unternehmen sein, Praktika oder auch die Mitbetreuung von Projekten in den Schulen.