Darum heißt der hit-Technopark jetzt Tempowerk

Foto: Wolfgang BeckerEine Kolumne von Christoph Birkel, geschäftsführender Gesellschafter des Tempowerks|| Foto: Wolfgang Becker

Christoph Birkel über seine neue Strategie und die Rückbesinnung auf den Pionier- und Erfindergeist aus Gründertagen

Im Hamburger Süden ist vor 35 Jahren einer der ersten Technologieparks gegründet worden, in dem Wirtschaft und Wissenschaft eng zusammenrückten. Bis heute ist die Verbindung zur Technischen Universität Hamburg unübersehbar. 110 Firmen mit durchweg technischem Hintergrund sind aktuell in dem Technologiepark versammelt. Das Unternehmen wird in zweiter Generation von Christoph Birkel geführt. Wer jetzt an Nudeln denkt, liegt richtig. Die Familie Birkel war einst in der Food-Branche aktiv. Jetzt, nach dreieinhalb Jahrzehnten, erfindet sich der technopark neu – in nimmt einen alten Namen an: Tempowerk. Wer jetzt an Taschentücher denkt, liegt falsch. Der dreirädrige Kleintransporter „Tempo“ ist das Symbol des Wiederaufbaus in Deutschland. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Fahrzeuge zu einem weltweiten Verkaufsschlager made in Harburg. Auf dem ehemaligen Werksgelände, also im Tempowerk, direkt neben dem Mercedes Werk Hamburg haben Senior Wolfram Birkel und sein Sohn Christoph den Technopark zu einer starken Marke entwickelt. „Tempo“ steht für Innovation, Gründergeist, Technologie, Kollaboration und Kreativität. Aktuell entsteht ein neues hochmodernes Konferenzzentrum – ein Ort für neue Angebote und eine neue Strategie. Geschäftsführer Christoph Birkel erklärt im Gespräch alles, was da jetzt kommt.

Nach 35 Jahren wird nun aus dem hit-Technopark im Hamburger Süden das Tempowerk. Warum?

Wir machen uns fit für die Zukunft, indem wir uns auf unsere Ursprünge besinnen, denn wir befinden uns hier ja auf der Brache des alten Tempowerkes. Der Namenwechsel von hit-Technopark zu Tempowerk, das ist ein Besinnen auf unsere Wurzeln mit dem Blick nach vorn.

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Warum ist das gerade jetzt notwendig?

Unsere Welt wird immer komplexer und schneller, die Herausforderungen vielfältiger. Unsere Antworten auf die Frage, wie besonders kleine Unternehmen im Technologiebereich in Zukunft noch mithalten können, lauten Kollaboration, interdisziplinäre Zusammenarbeit, der Blick über den Tellerrand. Und an diesem Punkt landen wir ganz schnell beim Tempowerk. Denn hier wurde früher der Tempowagen entwickelt; erstaunlicherweise damals schon nach genau den eben genannten Prinzipien.

Inwiefern?
Die Unternehmerfamilie Vidal hat um sich herum geniale Ingenieure versammelt, Tüftler, die nicht immer nur weiter machen wollten wie bisher, sondern sich gefragt haben: Wie können wir aus dem Zusammenfügen von auf den ersten Blick völlig verschiedenen Dingen Neues entstehen lassen? So entstand auch der Plan, aus dem dreirädrigen Tempowagen, einer bahnbrechenden Idee übrigens, ein Massenprodukt zu machen. Das Familienunternehmen wurde damit größer als Daimler und eine der großen Erfolgsgeschichten der deutschen Automobilgeschichte, das muss man sich mal vorstellen.

Wie ist bei Ihnen der Gedanke entstanden, dass im hit-Technopark etwas Grundlegendes passieren sollte?

Ich sitze ja auch jeden Tag hier im Restaurant. Irgendwann hatte ich das Gefühl, hier könnte man auch mal einen Topf Farbe verarbeiten, um unserer neuen Vision räumlich Ausdruck zu verleihen. Wenn man sich dann aber mit visionären Architekten zusammensetzt, erkennt man schnell: Mit einem Topf Farbe und einmal feucht durchwischen ist das leider nicht getan. Dann haben wir gesagt: Ganz oder gar nicht.

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Und das bedeutet?

Wir bekommen jetzt etwas, das es in Hamburg vielleicht so noch nicht gibt: ein Hotel- und Konferenzzentrum, das alles in einem ist: Arbeitsplatz, Eventzentrum, Ausstellungsfläche, Konferenzbereich, Treffpunkt für Ideen. Das alles grundlegend neu gedacht im Sinne unserer Idee, Menschen zusammenzuführen, Kollaboration zu ermöglichen und einen Besuch in den neuen Räumen zu einem Erlebnis zu machen.

Was werden Ihre Mieter und Besucher in den neuen Räumen erleben können?

Birkel: Na ja, zunächst einmal werden sie für eine Übergangsphase die bereits im neuen Design fertiggestellte ,Schmiede’ als Restaurant erleben, das anders ist als das bisherige. Wir werden dort auf Bänken an Biertischen sitzen und zu lauter Musik frisches und gesundes Essen – das ist Werksatmosphäre auf die Spitze getrieben. Von Juli an stehen dann die neuen Räume zur Verfügung, die hoffentlich Mitarbeiter begeistern und Gäste beeindrucken werden.

Haben sie manchmal Zweifel, dass in oder nach Corona Orte, an denen sich Menschen beruflich begegnen, vielleicht nicht mehr gefragt sein könnten?
Nein, ganz im Gegenteil. Wir alle haben in den vergangenen Monaten häufig im Homeoffice gesessen und da hat sich gezeigt, was diese Form des Arbeitens nicht kann: nämlich Menschen zusammenbringen, Energie zwischen Menschen fließen lassen, Inspiration ermöglichen. Wer das will und für den Erfolg seines Unternehmens braucht, muss sein Homeoffice verlassen. Und warum soll er dann nicht dahin gehen, wo es ihm gefällt, wo es Räume gibt, die ihn inspirieren, die ein wohliges Gefühl erzeugen, die etwas mit den Menschen machen und wo es auch noch leckeres Essen gibt?

Was hat Ihr Vater, der vor 25 Jahren den hit-Technopark übernommen hat, zu den Plänen gesagt?

Er unterstützt das, wie er immer unterstützt, was wir tun. Er hat mir nochmal alte Broschüren gezeigt, und wenn man darin blättert, dann sieht man erstaunlicherweise: Die Ideen, die wir heute umsetzen, die waren vor 35 Jahren auch schon da. Damals kamen sie teilweise zu früh, heute ist genau der richtige Zeitpunkt.

Warum glauben Sie so stark an Kollaboration, an interdisziplinäre Zusammenarbeit und an den Plan, aus dem neuen Tempowerk eine Plattform für technologische Ideen zu machen?

Wir haben in der Planungsphase sehr viel mit Menschen gesprochen; in unserem Team, mit unseren Mietern, auch mit externen Beratern und Experten. Das Ergebnis war: Künftig wird nur noch derjenige Erfolg haben, der bereit ist, sein Wissen mit anderen zu teilen, weil dann eins und eins nicht mehr nur zwei, sondern im besten Fall drei ist. Und das gilt besonders für kleine Unternehmen, die ja in erster Linie unsere Partner sind.

Synergien schaffen durch gemeinsame Arbeit also?

Jede Firma braucht immer wieder ungewöhnliche Ideen, neue Energie, muss versuchen, die Mitarbeiter aus ihren Alltags-Silos heraus zu inspirierendem Denken zu motivieren. Für kleine Unternehmen eine große Herausforderung und Kraftanstrengung. Ein Beispiel: Die Firma Rehau, einer unserer größeren Mieter, setzt das alles aus eigener Kraft um: Think Tanks, Design Thinking Labore, das ganze Programm – kein Problem. Aber die kleinen Unternehmen bei uns können das nicht. Wäre es nicht großartig, wenn wir ihnen künftig genau dies anbieten können? Das Tempowerk soll ihr Think Tank sein, bestehend aus über 100 technologie-orientierten Unternehmen aus mehr als 45 Branchen mit mehr als 800 Mitarbeitern, jeder einzelne mit einem Kopf voller Ideen. Dieses Potential wollen wir heben. Dazu braucht es Orte, an denen sich die Menschen gern treffen, um gemeinsam ihre Ideen austauschen. Genau das schaffen wir mit der Neugestaltung.

Aber spielt da nicht immer auch ein gewisses Konkurrenzdenken mit hinein, dem anderen keine Interna verraten zu wollen?

Das ist überholtes Denken! Wird in Zukunft nicht mehr funktionieren. Für kleine Unternehmen wird sich die Erkenntnis durchsetzen: ich kann nicht mehr alles selbst machen, ich hole mir Kompetenz bei Bedarf von außen hinzu und biete mein Know-How im Gegenzug auch anderen an. Im Übrigen bedeutet interdisziplinäre Zusammenarbeit ja gerade nicht, dass sich ein Schraubenhersteller einen zweiten sucht, ihm seine Geschäftsgeheimnisse verrät und dann irgendwie mit ihm zusammenarbeitet. Interdisziplinäre Zusammenarbeit bedeutet, dass beispielsweise der Schraubenhersteller einen Künstler findet, und durch die ganz unterschiedlichen Perspektiven der beiden am Ende eine bessere Schraube entsteht. Oder, noch besser, etwas ganz Neues.

Im Zuge der Neuausrichtung des Tempowerks stiften Sie der Technischen Universität Hamburg einen Lehrstuhl mit dem Forschungsschwerpunkt „Organizational Design and Collaboration Engineering“. Ein weiterer Mosaikstein Ihrer Strategie?

Genau. Und ein sehr wichtiger dazu. Wir wollen den Kollaborationsgedanken schon in der Lehre verankern, damit die Studenten von Beginn an die Vorteile der branchenübergreifenden Zusammenarbeit begreifen und erleben. Denn für ihre Generation wird diese Denkweise noch viel wichtiger werden. Darüber hinaus wollen wir mit dem Stiftungslehrstuhl das Tempowerk zu einem der führenden Standorte für Kollaboration im Technologiebereich in Hamburg machen. Wenn man an branchenübergreifende Zusammenarbeit denkt, soll man automatisch an das Tempowerk denken. Wir vernetzen uns auf diese Weise mit nachfolgenden Generationen und beide Seiten profitieren: unsere ansässigen Unternehmen durch die frischen Gedanken von exzellent ausgebildeten jungen Leuten, die Studenten von den Kontakten in die Wirtschaft.

Manchmal hat es den Anschein, als gäbe es eine gewisse Rivalität zwischen dem hit-Technopark und dem Channel im Binnenhafen. Sehen Sie das auch so?

Nein. So denke ich überhaupt nicht. Und tatsächlich sind wir auch gar keine direkte Konkurrenz. Der Binnenhafen ist zehnmal größer als wir, und er hat eine viel größere Strahlkraft. Aber wir besetzen sehr erfolgreich die Nische für kleinere technologieorientierte Unternehmen. Und ich wäre sehr zufrieden, wenn wir zusammen mit dem Channel den Hamburger Süden noch attraktiver machen. Wenn unser neues Konferenzzentrum dazu beiträgt – umso besser.

O Ausführliche Berichte über den immer noch einzigen reinrassigen Technologiepark in Hamburg lesen Sie am 9. April in der neuen Ausgabe von Business & People / Metropolregion Hamburg – Print & Online.