Unter 183 Tagen zahlt man doch keine Steuern in Deutschland, oder?

Steuerexpertin Dr. Simone Wick von Dierkes Partner

Die Steuer Kolumne von Dr. Simone Wick von Dierkes Partner.

Bei international tätigen Arbeitnehmern stellt sich natürlich die Frage: Wo zahle ich denn eigentlich meine Steuern? Vielen ist die sogenannte „183-Tage-Regelung“ ein Begriff. Oft wird angenommen, eine Steuerpflicht in Deutschland sei lediglich von einem Aufenthalt von 183 Tagen abhängig. Dem ist jedoch nicht so.

Schritt 1: Einkommensteuerpflicht in Deutschland

Bei der Einkommensteuer unterscheidet man in Deutschland grundlegend zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht. Unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland ist, wer entweder seinen Wohnsitz (§ 8 AO) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) in Deutschland hat.

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Ein Wohnsitz liegt vor, wenn eine Person eine Wohnung innehat, zu der er/sie jederzeit Zugang hat und man schließen kann, dass die Wohnung nicht nur vorübergehend beibehalten und benutzt wird. Es gibt keine fixe Mindestanzahl von Aufenthaltstagen.

Der gewöhnliche Aufenthalt liegt in Deutschland, wenn ein Steuerpflichtiger sich zusammenhängend mehr als sechs Monate in Deutschland befindet. Kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Aufenthalte, die ausschließlich Besuchs- und Erholungszwecken dienen und nicht länger als ein Jahr andauern, werden bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer nicht mit einbezogen.   

Bei unbeschränkter Steuerpflicht in Deutschland findet das sog. Welteinkommensprinzip Anwendung. Dieses besagt, dass man nach rein nationalen Vorschriften mit dem gesamten „Welteinkommen“, d.h. auch mit dem Einkommen aus anderen Ländern, der inländischen Steuerpflicht unterliegt.

Beschränkt steuerpflichtig ist, wer keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, allerdings in Deutschland tätig ist und steuerpflichtige inländische Einkünfte gem. § 49 EStG erzielt. Man spricht in diesem Zusammenhang von dem sog. Territorialprinzip.

Schritt 2: Doppelbesteuerungsabkommen und die 183-Tage-Regelung

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Arbeitet und wohnt ein Arbeitnehmer in unterschiedlichen Ländern treffen das Welteinkommens- und das Territorialprinzip aufeinander und beide Staaten möchten grds. besteuern. Diese mögliche Doppelbesteuerung wird in vielen Fällen bilateral durch sog. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vermieden. Ein DBA regelt die Zuordnung des Besteuerungsrechts für jede einzelne Einkunftsart. Bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gilt häufig Folgendes (siehe Art. 15 OECD-Musterabkommen):

  • Die Besteuerung erfolgt grundsätzlich im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers.
  • Wird die Arbeit im anderen Staat ausgeübt, kann (auch) der Tätigkeitsstaat besteuern.
  • Es sei denn, die 183-Tage-Regelung greift. Das Besteuerungsrechts fällt an den Wohnsitzstaat zurück, wenn die Voraussetzungen der 183-Tage-Regelung kumulativ erfüllt sind:
  • Die Aufenthaltsdauer / Dauer der Tätigkeit (konkrete Formulierung im jeweiligen DBA beachten!) beträgt weniger als 183 Tage.
  • Der (wirtschaftliche) Arbeitgeber ist nicht im Tätigkeitsstaat ansässig
  • und verfügt auch über keine Betriebsstätte im Tätigkeitsstaat (die ggf. durch den jeweiligen Arbeitnehmer begründet werden kann!).

Letztlich gilt es, jeden Einzelfall und das konkrete DBA individuell zu prüfen. Eine pauschale Aussage über die Besteuerung kann folglich nicht getroffen werden.

Zusammenfassung: Hinsichtlich der Besteuerung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist aus deutscher Sicht zunächst der Umfang der Steuerpflicht zu bestimmen. Die 183-Tage-Regelung findet erst danach und auch nur bei Vorhandensein eines DBA Anwendung.

Fragen an die Autorin? swick@dierkes-partner.de

Web: www.dierkes-partner.de