„Das regelt die Praxis“

Foto: AGVThomas-Falk, AGV-Stade

Vormarsch der Homeoffice-Bewegung

B&P-GESPRÄCH Thomas Falk, Arbeitgeberverband Stade Elbe-Weser-Dreieck,
über den Vormarsch der Homeoffice-Bewegung

Durch die Corona-Pandemie und den Lockdown Mitte März hat das Thema Homeoffice einen ungeheuren Schub erhalten. Der sich vorher bereits abzeichnende Trend ist nun in vielen Unternehmen notgedrungen zur Normalität geworden – mit offenem Ende. Thomas Falk, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Stade Elbe-Weser-Dreieck e.V., sieht durchaus positive Effekte, aber er warnt: „Einen Rechtanspruch auf Homeoffice sollte es nicht geben – das lehnen wir ab.“ Damit regiert er auf die aktuelle politische Debatte.

Eine Studie der DAK hat den branchenübergreifenden Trend zur Verlagerung der Arbeit an den heimischen Schreibtisch bestätigt. Darüber hat unter anderem der Informationsdienst iwd vom Institut der Deutschen Wirtschaft (Köln) unter der Überschrift „Das Büro bleibt zu Hause“ berichtet. Falk: „Das gilt insbesondere für Banken und Versicherungen, Unternehmen aus dem Bereich Datenverarbeitung, aber auch für kaufmännische Jobs in der Baubranche und sogar das Gesundheitswesen. Aus dem durchaus vorhandenen Wunsch vieler Arbeitnehmer, im Homeoffice arbeiten zu können, weil dort Job und Familie besser vereinbar sind, dürfe sich aus seiner Sicht aber kein politisch verbrieftes Recht ableiten lassen. Falk: „So einen Rechtsanspruch brauchen wir nicht – das regelt die Praxis.“

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Rechtliche Vorgaben für Telearbeitsplätze

Im Übrigen verweist Falk auf die weitreichenden rechtlichen Bestimmungen für die sogenannten Telearbeitsplätze: „Demnach ist der Arbeitgeber verpflichtet, eine Gefährdungsabschätzung zu machen. Er muss sich also ansehen, wie die Arbeitsverhältnisse vor Ort sind. Wie steht es um die Arbeitssicherheit? Hat der Schreibtischstuhl fünf Rollen? Wie steht es um den Datenschutz? Werden dienstliche Daten nur verschlüsselt übertragen? Hat kein Dritter Zugang? Ist der Laptop sicher verwahrt? Hat er Zugriff beispielsweise im Krankheits- oder gar Todesfall? Das sind alles Fragen, die im Konfliktfall wichtig werden. Die Praxis zeigt allerdings, dass das Thema Homeoffice nur selten zu Konflikten führt.“ Schwerwiegender empfindet Thomas Falk die weichen Themen, die das Homeoffice mit sich bringt: Führung, Kontaktverlust, Kreativitätsverlust. Er sagt: „Wenn sich die Kollegen kaum noch sehen, kann viel Potenzial verloren gehen. Meines Erachtens sind die meisten Menschen froh, wenn sie realen Kontakt zu ihren Kollegen haben.“ Gleichwohl erspare das Homeoffice andererseits Zeit und Kosten für den Arbeitsweg, was wiederum ein großer Vorteil sei. Vermutlich sei eine Mischung aus Home­office und Präsenz im Betrieb die geeignete Lösung.

Und dann wäre da noch die menschliche Komponente: „Homeoffice passt nicht auf jeden Typ Mensch. Da sind ganz praktische Punkte wie beispielsweise die häuslichen Verhältnisse zu nennen, aber auch charakterliche. Es gehört Disziplin dazu, eigenverantwortlich zu Hause zu arbeiten. Und es gehört auch Disziplin dazu, Arbeit und Freizeit voneinander abzugrenzen. Wenn das nicht gelingt und der Job quasi dauerpräsent wird, kann das auf Dauer keine gute Lösung sein“, sagt Thomas Falk und verweist auf die gesetzliche Arbeitszeitregelung, die beispielsweise Pausen und elf Stunden durchgehende Ruhephase vorschreibt. Da werde es dann schon schwierig, vier Stunden Arbeitszeit zum Beispiel in die Abendstunden zu verlagern, weil die Kinder dann im Bett sind.

Vorsicht beim Gang in die Küche

Was der Mitarbeiter im Homeoffice wissen sollte: Der gesetzliche Unfallschutz am Arbeitsplatz gilt auch zu Hause, allerdings nur in direktem Zusammenhang mit der Arbeit. Beispiel: Wer beim Gang zum Drucker umknickt und sich einen Bänderriss zuzieht, ist zusätzlich versichert. Passiert dasselbe beim Gang zur Toilette oder in die Küche, entfalle der gesetzliche Unfallschutz, so Thomas Falk. Das sei nicht mitversichert und damit kein Fall für die Berufsgenossenschaft.

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Sein Fazit: „Es gibt zwei Arten von Mitarbeiter: Für die einen passt Homeoffice sehr gut, für die anderen nicht. Es ist dennoch spannend zu sehen, wie rasant sich die Arbeitswelt durch Corona verändert hat. Ich denke, vieles davon wird bleiben.“ 

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