Konfliktmanagement im Unternehmen

Interview mit Karin Haas vom Arbeitgeberverband Lüneburg-Nord­ostniedersachsen

Karin Haas ist Mediatorin und Beraterin für Personalentwicklung beim Arbeitgeberverband Lüneburg-Nord­ostniedersachsen. Sie unterstützt Führungskräfte bei einer erfolgreichen Konfliktlösung zwischen Mitarbeitern oder innerhalb des Teams. Im B&P-Ratgeber des Verbandes beantwortet sie Fragen rund um Konflikte in Unternehmen und zeigt Lösungswege auf.

Hat sich die Corona-Pandemie auf bestehende Konflikte im Unternehmen ausgewirkt? Oder treten diese hinter die aktuellen Ereignissen zurück?

Nein, das kann man so nicht sagen. Auch wenn wir alle in dieser ungewöhnlichen Situation auch andere Sorgen haben, bleiben uns die „kleinen“ Konflikte am Arbeitsplatz durchaus erhalten und es treten neue auf. Und das ist auch gut so.

Anzeige

Wieso ist das gut?

Grundsätzlich kann man sagen: Wo Menschen zusammenarbeiten, da entstehen Konflikte. Das ist menschlich und letztendlich sogar gut. Konflikte im Unternehmen können zum Beispiel Anzeichen für eine unpassende Organisationsstruktur oder Unternehmenskultur sein, aber auch für eine schlecht ausgebildete oder fehlbesetze Führungskraft. Konflikte sind daher auch immer eine Chance, Missstände zu erkennen und zu verändern. Es gilt daher, mit Konflikten in Form eines professionellen Konfliktmanagements souverän umzugehen.

Was genau bedeutet Konfliktmanagement im Unternehmen?

Konfliktmanagement im Unternehmen bedeutet mehreres: Konfliktquellen zu erkennen und zu lösen. Es geht also um Vorbeugen, Analysieren und Lösen. Führungskräfte können ganz wesentlich dazu beitragen, Konflikte zu reduzieren. Sie sollten dafür wissen, wo Konfliktpotenzial gegeben ist.

Können Konflikte so denn wirklich verhindert werden?

Anzeige

Komplett verhindern lassen sich Unstimmigkeiten natürlich nicht – was ja, wie gerade erwähnt, auch nicht sinnvoll wäre, da ein Streit auch eine Chance sein kann, um Missstände zu bemerken oder neue Wege zu beschreiten. Was ich aber spannend finde: Ein Unternehmen, das sehr viel Wert auf Harmonie legt, kann Konflikte im Team damit sogar fördern. Sätze wie „Wir gehören doch alle zum Team und halten zusammen“ oder „Bei uns gibt es keine Unstimmigkeiten“ lassen Konflikten keinen Raum und führen dazu, dass Probleme unter den Teppich gekehrt werden. Diese werden dadurch aber lediglich unterdrückt und können später umso heftiger hervortreten.

Konflikten vorzubeugen ist sicherlich der Idealfall, aber wie erkenne ich Konflikte, wenn sie da sind?

Leider lassen sich Konflikte nicht immer sofort erkennen. Vielmehr heißt es, genau hinzuschauen. Unbemerkte Konflikte führen zu schlechter Stimmung im Team und damit langfristig zu weniger Produktivität. Als Führungskraft gilt es, damit umzugehen. Die Stimmung im Team sollte stets im Blick behalten werden, und es sollten regelmäßig Gespräche geführt werden. Bei Auffälligkeiten empfiehlt es sich, die Ursache zu ermitteln und anzusprechen.

Und wenn ich meine, einen Konflikt erkannt zu haben – was tue ich?

Habe ich einen Konflikt erkannt, ist es wichtig, ihn zunächst näher zu analysieren: Um was geht es genau? Wer sind die Konfliktbeteiligten? Was ist bereits gelaufen? Sinnvoll ist es auch zu klären, um welche Art von Konflikt es sich handelt. Wichtig ist zu unterscheiden, in welchem Stadium sich der Konflikt befindet. Konflikte neigen dazu, mit der Zeit zu eskalieren. Je nach Eskalationsstufe muss unterschiedlich agiert werden. Je höher die Eskalationsstufe eines Konflikts, umso schwieriger wird es, ihn zu lösen. Daher ist es umso wichtiger, Probleme frühzeitig anzusprechen.

Wie würde die Führungskraft vorgehen, um einen Konflikt zu lösen?

Alle beteiligten Parteien sollten sich möglichst freiwillig an einen Tisch setzen. Ein neutraler Moderator (die Führungskraft oder ein externer Coach/Mediator) erarbeitet mit ihnen dann in verschiedenen Schritten eine Lösung.

Wie hoch sind die Erfolgschancen, dass der Konflikt danach behoben ist?

Die Konfliktlösung kann nur funktionieren, wenn alle Beteiligten den ehrlichen Wunsch haben, Frieden zu schließen. Ansonsten kann auch kein noch so geübter Streit­schlichter etwas bewirken. Ebenfalls wichtig ist ein wertschätzender Umgang miteinander. Dies schafft eine gute Basis, um Konflikte zu lösen. Es gibt ein wirkungsvolles Motto, das da lautet: „Hart in der Sache, weich gegenüber dem Menschen.“ Das bedeutet, die Probleme von den Personen zu trennen: Auch wenn ich einen klaren Standpunkt in der Sache habe, sollte ich stets freundlich und respektvoll mit dem anderen umgehen. Ansonsten habe ich neben dem Sachkonflikt auch noch einen Beziehungskonflikt. Auch ist es für eine wirkungsvolle Streitschlichtung wichtig, auf die dahinterliegenden Interessen und Bedürfnisse zu achten. Kennt die andere Partei mein dahinterliegendes Interesse oder Bedürfnis, ist sie oft viel kompromissbereiter. Ein offener Umgang mit Konflikten bewahrt davor, dass sich Streitigkeiten zuspitzen und eskalieren. Eine passende Organisationsstruktur, klare Kommunikation und ein respektvoller Umgang tragen zu einer gelebten Konfliktkultur bei. Hat sich ein Konflikt verhärtet, ist es oft sinnvoll, einen neutralen Dritten zur Lösungssuche hinzuzuziehen.

Kontakt: Karin Haas,
Arbeitgeberverband Lüneburg-
Nordostniedersachsen e.V.,
E-Mail: khaas@av-lueneburg.de,
Tel.: 0 41 31/87 21 225