Autohandel unter Strom

Foto: Wolfgang BeckerDie Förderbedingungen für E-Mobilität ändern sich: Ulrich Tietjen (rechts) und Hochvolt-Experte Boris Brandt an der Ladesäule vor dem Service-Standort in der Felix-Wankel- Straße 39 in Buxtehude. Foto: Wolfgang Becker

Ulrich Tietjen, Geschäftsführer des gleichnamigen Autohauses, über 
Lieferzeiten, auslaufende Förderungen und neue Gesetzesvorgaben bei der E-Mobilität.

Noch kann er rechtzeitig liefern: Ulrich Tietjen, Geschäftsführer des Autohauses Tietjen in Buxtehude, durchlebt wie viele Kollegen in seiner Branche Zeiten, die noch vor zwei Jahren undenkbar waren. Teils extreme Lieferzeiten, unerwartete Wertsteigerungen bei Gebrauchtwagen, ein atypisches Nachfrageverhalten und nun auch noch das: Die Förderung für Elektroautos wird im kommenden Jahr sinken. Wie sehr ist noch unklar – wie so vieles in diesen Zeiten.

Was sich nach „grauen Haaren“ anhört, klingt aus dem Mund des Unternehmers fast verhalten positiv, denn er sieht in dem Nebel auch eine Chance: „Wer jetzt über den Kauf eines E-Autos nachdenkt, der sollte nicht mehr warten, denn jetzt können wir zumindest noch einige Škoda-Modelle bis Jahresende liefern. Da die E-Mobilitätsförderung nicht an den Kaufvertrag, sondern an den Tag der Zulassung geknüpft ist, zahlt sich schnelles Handeln aus.“

Politische Vorgaben

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Wie so oft in Deutschland hat diese einfache Formel einen komplizierten Hintergrund, und den sollte kennen, wer künftig elektrisch fahren möchte. Ein Beispiel, das für Gewerbekunden gilt: Ab dem 1. Januar 2023 müssen Fahrer von Hybridfahrzeugen nachweisen, dass sie 50 Prozent ihrer Kilometerleistung elektrisch gefahren sind. So steht es im Koalitionsvertrag der neuen Ampel-Regierung. Tietjen: „Wer in den Genuss der 0,5-Prozentbesteuerung des geldwerten Vorteils kommen will, der muss eben häufig elektrisch fahren.“ Für Außendienstler, die viel Strecke machen, sei dies ein Ausschlusskriterium für den Kauf eines Hybrides, folgert er und berichtet zudem von mehreren Fällen, in denen Gewerbekunden ihre Hybride wieder gegen den bewährten und günstigeren Diesel umgetauscht haben. „Allein schon, um die hohen Betriebskosten zu senken.“

Was rät der Škoda-Händler seinen gewerblichen Kunden? „Das ist schwierig, denn die Medaille hat zwei Seiten. Für den Unternehmer ist die Anschaffung eines E-Autos als Dienstwagen für einen Mitarbeiter trotz der derzeit noch hohen Förderung relativ teuer. Die Betriebskosten sind im Vergleich zum Diesel hoch. Andererseits hat der Mitarbeiter ein Interesse an einer möglichst geringen Besteuerung des geldwerten Vorteils – ein E-Auto dient also der Mitarbeiterbindung. Das ist eine individuelle Entscheidung des Kunden. Hinzu kommt: Viele Unternehmen wollen nach außen Nachhaltigkeit repräsentieren – da kommen nur noch Fahrzeuge mit E im Nummernschild auf den Hof. Auch das kann ein entscheidendes Argument sein.“

Wer auf den Kauf eines Hybridfahrzeugs setzt, muss sich auf eine weitere gesetzliche Regelung einstellen, auf die Ulrich 
Tietjen hinweist: „Ab August 2023 läuft die Förderung für die aktuelle Generation von 
Hybridfahrzeugen aus. Ab dann müssen 
Hybridautos 80 Kilometer Elektro-Reichweite schaffen, was derzeit kein Hersteller bieten kann. So wird politisch eine neue Entwicklungsstufe in der Autoindustrie initiiert. Im VW-Konzern soll eine neue Hybrid-
Generation kommen, doch wir wissen nicht, wann das sein wird.“

Booster für Hybridauto-­Entwicklung

Auch von anderer Seite wird der Druck erhöht, denn ebenfalls ab 2023 geht es an die derzeit noch komfortable Förderung von Elektrofahrzeugen. Tietjen: „Die Herstellerprämien bleiben zumindest im VW-Konzern konstant, aber die staatliche Innovationsprämie, die beispielsweise beim Elektroauto 
50 Prozent von 6000 Euro ausmacht, soll abgeschmolzen werden – wie stark, ist noch nicht entschieden.“ Für den Autohändler gibt es deshalb nur eine Folgerung: „Wer ein E-Auto kaufen möchte, muss zeitnah reagieren, da sich die Rahmenbedingen ändern werden. Da zugleich die Lieferzeiten extrem gestiegen sind, drängt die Zeit. Beim Škoda Superb Hybrid als auch beim vollelektrischen Enyaq IV können wir bis Jahresende liefern und zulassen. Beim Octavia ist das schon nicht mehr möglich.“ Da die Situation kompliziert ist, rät Ulrich Tietjen seinen Kunden, sich schnellstmöglich einen Beratungstermin zu holen.

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Paradox: Der Gebrauchtwagenmarkt

Parallel zu der in Bewegung geratenen Förderkulisse im E-Bereich und zu den generellen Lieferproblemen, die eine ganze Branche betreffen, ist auch der Gebrauchtwagenmarkt in Bewegung: Gute Gebrauchte steigen im Wert. Tietjen sagt: „Generell gilt das für deutsche Konzernfabrikate – die stehen hier nur wenige Tage auf dem Hof. Die Nachfrage ist höher also das Angebot, also steigen die Preise. Wer ein neues Auto kaufen will, erzielt heute Bestpreise bei der Inzahlungnahme seines Gebrauchten. Eigentlich ein guter Zeitpunkt, um durchzutauschen.“ Und: „Mein Vater (Firmengründer Heinz Tietjen, d. Red.) sagte neulich, wir hätten eine Situation wie in den 1960er-Jahren, als Deutschland mobil wurde und es viel mehr Käufer als VW-Käfer gab . . .“ wb

>> Web: https://www.skoda-tietjen.de/