„Hier arbeite ich!“

Foto: Martina BerlinerNaim Hassani an seinem Arbeitsplatz. Er will jetzt erstmal ein Jahr Bildungspause machen und Geld verdienen. Danach soll es weitergehen. Sein Ziel: der Meisterbrief. Foto: Martina Berliner

Willensstark und leistungsorientiert: Naim Hassani, Karosseriebauer im Autohaus
Tobaben – Porträt und Podcast.

Naim Hassani, 22, wurde in Af­ghanistan geboren, wuchs im Iran auf und lebt nun in Fischbek. Im Harburger Autohaus Tobaben hat er das gefunden, was er sein Leben lang gesucht hat: eine Perspektive. Im Rahmen der aktuellen Podcast-Serie über Tobaben reiht er sich mit seiner beeindruckenden Geschichte im B&P-BusinessTalk ein.

Es sind die großen schwarzen Augen, die Naim Hassanis Erscheinung prägen. Der strahlende, lebendige Blick zeigt: Dieser junge Mann ist mit sich und seinem Leben zufrieden. Und steckt voller Tatendrang. „Hier arbeite ich“, sagt Naim und sieht sich stolz in der Werkstatt um, in der Autos repariert werden. Hier an der Buxtehuder Straße hat er den größten Teil seiner Ausbildung zum Karosseriebauer absolviert. Seit Kurzem hat er seinen Gesellenbrief in Händen. Für Hassani war es keine Frage, seinem Lehrherrn treu zu bleiben. „Die Arbeit macht mir Spaß. Die Chefs sind nett, und der Meister ist auch korrekt“, sagt er. Für ihn ist Tobaben ein großes Stück Familie. Denn Eltern und Geschwister leben 7000 Kilometer entfernt – im Iran.

Geboren wurde Hassani in Afghanistan. Als er fünf Jahre alt war, flohen seine Eltern mit den Kindern vor den Taliban ins Nachbarland, wie Millionen andere afghanische Familien auch. Doch in Persien leben sie illegal, bis heute. „Man muss aufpassen, dass man nicht auffällt. Denn wer von der Polizei erwischt wird, wird abgeschoben, selbst wenn er schon Jahrzehnte im Iran lebt“, erzählt Hassani. Für die Kinder der Geflüchteten bedeutet das, keine Schulen besuchen zu dürfen.

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Flucht vor den Taliban

Deshalb taten sich Hassanis Eltern mit anderen Betroffenen zusammen und engagierten einen Lehrer, sodass ihr Sohn zumindest etwas Unterricht genoss. Ein Zeugnis erhielt er freilich nie. Dabei wollte er schon als Kind so gern lernen, um einen Beruf ergreifen zu können. Sein Bildungshunger wuchs beständig, ganz ohne Antrieb durch die Eltern. Er sagt: „Wofür lebt man denn? Damit man etwas erreicht. Ich hab doch gesehen, dass es ohne Bildung nicht geht.“

Als Jugendlicher arbeitete Hassani auf dem Bau und in der Landwirtschaft, sparte Geld, um irgendwann seinen Traum zu verwirklichen. Mit 18 Jahren traf er auf einen Schlepper, der anbot, ihn in die Türkei zu bringen. Hassani zahlte und verschwand über Nacht, ohne sich von der Familie zu verabschieden. Erst dort angekommen, informierte er die Eltern. Die waren entsetzt. Warum er wegginge, seine Lieben verlasse? „Weil ich mich nicht verändern kann, wenn ich bleibe“, antwortete er.

Mit etwa 50 weiteren Flüchtlingen setzte Hassani in einem überfüllten Schlauchboot nach Griechenland über, ohne Schwimmweste und in Todesangst. Er klammerte sich an dem fest leeren Blechtank für den Außenbordmotor fest: „Wären wir gekentert, hätte der mich über Wasser gehalten.“ Von Griechenland aus ging es zu Fuß über die Balkanroute bis Passau. Schließlich landete er auf dem Hamburger Hauptbahnhof, stärkte sich in einem Schnellrestaurant.

Todesangst im Schlauchboot

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Der Zufall wollte es, dass dessen Betreiber Afghane war und auf den jungen Mann aufmerksam wurde. Er fragte nach dem Woher und Wohin, erfuhr, dass Hassani kein konkretes Ziel habe. Er wolle nur einen Beruf und ein sicheres Zuhause, egal wo. Der Mann riet, in Hamburg zu bleiben, wo Arbeitskräfte gesucht würden. Hassani folgte dem Rat. Lernte in Windeseile Deutsch, absolvierte seinen Hauptschulabschluss, begann eine Ausbildung in einer Autolackiererei im Süderelberaum. Und lernte dort – nichts. „Monatelang musste ich nur Rost kratzen. Man hat mich behandelt wie einen Idioten“, sagt Naim Hassani und seine Augen funkeln, diesmal vor Empörung.

In der Berufsschule traf er auf einen Azubi, der bei Tobaben lernte. Von ihm erfuhr er, wie eine Lehre in Deutschland sein soll und sein kann: kompetente Anleitung in allen Bereichen, Umgang auf Augenhöhe, Respekt auch den jüngsten Mitarbeitern gegenüber. So bewarb sich Hassani bei Tobaben. Geschäftsführer Jan Busse erkannte das große Potenzial des jungen Afghanen sofort und schätzte dessen unbedingten Willen, etwas aus sich zu machen. So fand Hassani endlich das, was er so lange gesucht hatte: eine fundierte Ausbildung und damit eine Berufs- und Lebensperspektive. Das Autohaus Tobaben gewann einen engagierten und kompetenten Mitarbeiter, den niemand im Team missen möchte. Schon jetzt denkt der frisch gebackene Karosseriebauer-Geselle darüber nach, bald seinen Meister zu machen. Naim Hassani, der Afghane aus Persien, ist in Hamburg angekommen. Seine berufliche Reise geht bei Tobaben weiter.

Zum Podcast

>> www.tobaben.eu