Eine Alternative zu Mikroplastik & Co.

Das internationale Team um die Gründerinnen Dr. Wienke Reynolds (vierte von links), Dr. Joana Gil (vierte von rechts) und Daniela Arango (links). Foto: Lignopure

Drei Wissenschaftlerinnen in Buxtehude bieten der Industrie mit Lignin einen nachhaltigen Ersatz – Produktion im Sirius Business Park Buxtehude

Die Konsistenz des Rohmaterials ähnelt einem Brownie und wird in Brocken im Sirius Business Park Buxtehude beim Startup-Unternehmen Lignopure angeliefert. Hier haben die drei Gründerinnen, Dr. Joana Gil, Dr.
Wienke Reynolds und Daniela Arango mit ihrem Team eine ehemalige Lagerhalle des Getränkeherstellers Bacardi angemietet und umgebaut, in der nun geforscht und produziert wird. Die Mission lautet: Die Ressourcen eines eigentlichen Abfallprodukts nutzen und die Vielfalt eines natürlichen Materials für Anwendungen in Kosmetikprodukten und später auch in Nahrungsmitteln und in der Pharmaindustrie einzusetzen.

B&P war gemeinsam mit Centermanagerin Britta Leidel zu Gast bei Lignopure. Der Sirius Business Park bietet mit seinen vielfältigen Produktionsflächen, Lagern und Büros den unterschiedlichsten Unternehmen Raum, um innovative Ideen umzusetzen. Sirius hat Lignopure, einem der großen Hoffnungsträger im Kampf gegen die Plastikverschmutzung, Raum für den Aufbau eines erfolgversprechenden Startups gegeben.

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Win-Win für Industrie, Mensch und Umwelt

Inhaltlich geht es um das in Bäumen enthaltene Lignin. Es ist nach Zellulose das am zweithäufigsten vorkommende Biopolymer und als Klebstoff für Stabilität verantwortlich. Würden Bäume nicht zu einem Drittel aus Lignin bestehen, wären sie nicht in der Lage, so groß zu werden. Ein im Lignin enthaltener natürlicher UV-Schutz schützt sie zudem vor schädlicher Strahlung, und Antioxidantien tun ein Übriges für die Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen. „Diese Eigenschaften bieten ein großes Potenzial, das genutzt werden muss”, sagt die technische Leiterin und Bioverfahrenstechnik-Ingenieurin Dr. Wienke Reynolds und meint dabei zum Beispiel den Einsatz in der Kosmetikindustrie. Denn viele der zumeist in Hautpflegeprodukten vorkommenden Erdöl-basierten Zusatzstoffe – unter anderem für den Lichtschutzfaktor – sind erwiesenermaßen gesundheits- und umweltschädlich.

Mit der Verwendung von Lignin werden mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Es wird in Bioraffinerien gewonnen, die Holz, Stroh oder andere Pflanzen verarbeiten und daraus Zellulose extrahieren. Diese wird zur Herstellung von Bio-Ethanol gebraucht. Als Abfallprodukt fällt Lignin an, das anschließend zumeist verbrannt wird. In diesen Prozess greifen die drei Pionierinnen ein, die sich während des Studiums und der Promotion an der TUHH in Harburg kennenlernten. In einem patentierten nicht-chemischen Verfahren pulverisieren sie das Lignin. Dieses so gewonnene natürliche Produkt kann nun in Hautpflegeprodukten verwendet werden, die bio, vegan und ohne beziehungsweise mit einem deutlich reduzierten Anteil schädlicher Inhaltsstoffe produziert werden sollen. Die natürlichen Brauntöne erweisen sich als äußerst geeignet für die Herstellung von getönten Cremes und Make-ups mit Lichtschutzfaktor sowie Sonnencremes. Anstelle der konventionellen Filter, die aufgrund ihres potenziellen krebserregenden Charakters oder ihrer möglichen Einflüsse auf den Hormonhaushalt in Verruf geraten sind, erweist sich Lignin als natürliche und wirksame Alternative nicht nur für den Menschen, sondern auch für die Ozeane, die nicht mehr Unmengen von umweltschädlichen Sonnencremes verkraften müssen.

Die Kosmetikindustrie dient zunächst als Einstiegsmarkt für Lignopure. Das Gründerinnen-Trio hat bereits Verträge mit internationalen Distributoren geschlossen, die das Bindeglied zur Industrie bilden. „Vor dem Hintergrund der zunehmenden Umweltbelastung und des Klimawandels sind die Hersteller dringender denn je auf der Suche nach Lösungen für den Einsatz von pflanzlichen Rohstoffen”, weiß Wienke Reynolds. Das junge Team hat aber auch schon andere, sogenannte „Life Science”-Märkte wie die Food- und Pharma­branche im Visier. Außerdem kann veredeltes Lignin auch zur Herstellung von Bioplastik genutzt werden, im Bereich des Straßenbaus herkömmlichen Teer aus Erdöl ersetzen oder als Dämmmaterial Verwendung finden. Dafür will Lignopure in Zukunft Lizenzen an die Bioraffinerien verkaufen.

Das Startup Unternehmen Lignopure hat also noch viel vor und seit seiner Gründung 2019 schon bedeutende Meilensteine gesetzt. Das internationale Team besteht aus insgesamt zwölf Mitarbeitern; drei davon am Produktionsstandort im Sirius Business Park Buxtehude. bal

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www.lignopure.com