Vorhang auf für Jan Busse

Bühne frei: Jan Busse bei seinem Auftritt auf dem Speaker-Event in Mastershausen. Foto: Busse

B&P-PORTRÄT Gibt es ein Leben außerhalb des Autohauses?
Der Tobaben-Inhaber gibt darauf eine ganz persönliche Antwort und erläutert, warum sein Unternehmen keinen Fachkräftemangel hat

Die Überraschung kommt per Video-Clip: Zu sehen ist Jan Busse, Geschäftsführer des Autohauses Tobaben, der mit einem Fahrrad auf die Bühne fährt und vor einem nicht näher definierten Publikum in einem Saal als Poetry Slamer das Thema Mobilität aufs Korn nimmt. Bühne? Poetry Slam? Was war das? Grund genug, der Frage nachzugehen, ob es ein Leben außerhalb des Autohauses geben kann, denn bislang nahm man die Brüder Jan und Dirk Busse stets als Geschäftsführer und Verantwortliche für die drei Ford-Autohäuser in Harburg, Buxtehude und Stade wahr. Nachdem mit Geschäftsführer Murat Atalas (siehe Link, d. Red.) nun ein erfahrener Mann für das operative Geschäft rund ums Auto eingestellt wurde, nutzte Gesellschafter Jan Busse die Gelegenheit und tat einfach mal das, was er schon immer mal machen wollte.

Er sagt: „Der Slam fand im Rahmen der viertägigen Speaker-Ausbildung ‚Gold Programm‘ von Hermann Scherer statt. Herrmann Scherer hat vor vielen Jahren das Werk ‚Jenseits vom Mittelmaß‘ geschrieben und auch Bill Clinton nach Deutschland geholt. Ich folgte ihm in den
Sozialen Medien und meldete mich in Mastershausen im Taunus an. Ich wollte einfach mal ausprobieren, ob mir das Spaß macht.“

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Mobilität gemeinsam

Die vier Tage hinterließen offenbar einen bleibenden Eindruck und das besagte Video zum Thema Mobilität. Jan Busse: „Das ist ja unser Thema. Persönlich stelle ich mir die Frage, wie es gelingen kann, Mobilität gemeinsam zu leben. Zurzeit erleben wir das Thema ja durchaus als latenten Dauerkonflikt zwischen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern. Das muss doch auch miteinander funktionieren. Aber wie schaffen wir eine Verkehrswende, wenn wir keine Entwicklung zulassen?“ Im Video geht es genau darum. Die ungewohnte Situation auf einer Bühne noch dazu mit einem straffen Poetry-Konzept im Kopf war für ihn zwar herausfordernd, aber keineswegs ungewöhnlich. „Als Geschäftsführer steht man irgendwie immer im Rampenlicht. Da muss ich mir auch vorher überlegen, was ich den Mitarbeitern sagen will.“

Die Erfahrung war gut, aber auch eine Orientierungshilfe, wie Jan Busse sagt: „Ich habe zwar Themen, die unbedingt in Unternehmen und in der Gesellschaft diskutiert werden sollten, aber als Speaker sehe ich mich nicht – das ist nicht meine Zukunft. So eine Aufgabe erfordert viel Reisetätigkeit und erzeugt medialen Handlungsdruck. Das hieße zusätzliche Verpflichtungen – und die wollte ich ja gerade loswerden.“

Sinnerfüllte Arbeit

Das zweite Thema, das Jan Busse beschäftigt, ist derzeit in aller Munde: Work-Life-Balance. Dazu hat Jan Busse („Als Unternehmer fühle ich mich verantwortlich für 130 Familien“) zwei Punkte: „Zum einen muss es uns gelingen, die Generation Z als attraktive Arbeitnehmer darzustellen. Zum anderen brauchen wir dazu keine Work-Life-Balance, sondern etwas anderes: sinnerfüllte Arbeit. Den Sinn zu erkennen, an dem, was ich tue, das ist der Schlüssel. Wobei Sinn durchaus unterschiedlich entstehen kann. Wenn jemand beispielsweise ein Auto repariert, entsteht der Sinn dadurch, dass ich einem Kunden helfe und ihn bei seinem Leben unterstütze. Oder aber ich bin ein Tüftler und erlebe Sinn, weil es mir gelingt, ein technisches Problem zu beheben.“

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Jan Busse und sein Bruder Dirk haben das Sinn-Thema auch für sich entdeckt. Sie investieren beispielsweise in Unternehmensgründungen – auch mit dem Risiko, dass ein Invest nicht zwangsläufig ein Erfolg werden muss. Jan Busse: „Mir geht das Herz auf, wenn Menschen in Bewegung kommen und Entwicklung entsteht. Das finde ich einfach cool.“ Ganz aktuell sind die beiden dabei, den Bau eines Schwimmbades in Apensen zu realisieren – als Basis für eine Schwimmschule. Das Vorhaben erfordert natürlich finanzielles Engagement, aber Jan Busse sagt: „Auch hier geht es darum, etwas mit und für Menschen aus der Region zu tun.“ Klingt nicht nur großzügig, sondern stiftet auch Sinn – in diesem Fall für die Stifter.

Nachdem das Autohaus Tobaben bis 2014 unter dem Aspekt der Zahlen, Daten und Fakten geführt wurde, kam 2015 eine Zäsur: „Wir begannen, eine neue Unternehmenskultur einzuführen. Da ging es vor allem um Menschenführung. 2019 kam dann der Kontakt zu Bodo Jansen (siehe Link, d. Red.). Wir definierten unsere Werte neu und fanden zwei Stränge: den Mitarbeiter-Slogan ‚Tobaben – da bin ich gern Kunde‘ – und den Führungskräfte-Slogan ‚Tobaben – da bin ich gern Mitarbeiter‘. Wir boten unseren Mitarbeitern das Du an und stellten die werte- und menschenorientierte Führung in den Mittelpunkt“, erläutert Jan Busse.

Klingt alles ganz prima, aber wie wirkt es sich konkret aus? Die Antwort spricht für sich: „Wir haben eine unterdurchschnittliche Fluktuation und ein überdurchschnittlich gutes Branchen­ergebnis. Wir kriegen mittlerweile Initiativbewerbungen. Kurz: Wir haben keinen Fachkräftemangel. Vor wenigen Wochen suchten wir einen neuen Verkäufer über eine Social-Media-Kampagne, in der wir unsere Art der Unternehmenskultur darstellten. Ergebnis: 50 Bewerbungen, zehn Vorstellungsgespräche.“

Aus Söhnen wurden Unternehmer

Die mentale Wende, die von den Busse-Brüdern im Unternehmen vollzogen wurde, hat eine Vorgeschichte, denn die Zeiten waren nicht immer so entspannt, wie Jan Busse sagt: „Ich bin seit 1995 im Autohandel aktiv. Mit
27 Jahren hatte ich 2,5 Millionen Mark Schulden. Als Dirk und ich ins elterliche Geschäft einsteigen wollten, sagte unser Vater: ‚Ihr wollt ein Autohaus? Dann kauft euch eins. In Harburg wird eins angeboten.‘“ Der Deal war einfach: Vater Karl-Heinz Busse übernahm 20 Prozent, Dirk und Jan übernahmen jeweils 40 Prozent – so kaufte die Familie das Auto­haus Süderelbe an der Buxtehuder Straße. Jan Busse: „Mit dieser Last starteten wir als Unternehmer. 15 Jahre dauerte es, bis die Schulden verdient und abgezahlt waren. Am 1. Dezember bin ich 25 Jahre dabei.“ Heute ist das Autohaus Tobaben einer von wenigen bedeutenden Ford-Stores mit Teilegroßhandel und eigener Lackiererei in Deutschland.

Was die Brüder damals nicht ahnten: Der Vater hatte vorgesorgt, was aber erst viele Jahre später nach seinem Tod deutlich wurde. Mit seiner forschen Initiative zum Kauf des Harburger Autohauses hatte er jedoch sehr geschickt die Weichen für die Zukunft gestellt – und aus Söhnen Unternehmer gemacht. wb

>> Video: https://cloud.tobaben.eu/index.php/s/LLmeXb6dbSynXCP

>> Web: https://tobaben.eu
https://www.business-people-magazin.de/2023/blaues-blut-in-den-adern-33403/,
https://www.business-people-magazin.de/business/ich-war-king-loui-24186/