Auch das noch – Alligator im Anschnitt …

Zum 150. bringt HC Hagemann eine bemerkens- wie lesenswerte Jubiläums-Broschüre heraus

150 Jahre HC Hagemann – das ist ein Datum, das nicht unbeachtet vorüberziehen kann. Doch was tun in so einem Jahr? Diese Frage haben Arne und Christian Weber gemeinsam mit ihrem Team lange überlegt. Einerseits sollte die Betonung nicht auf der Vergangenheit liegen, sondern auf den Herausforderungen der Zukunft, andererseits bewährte sich das Harburger Bauunternehmen auch in den stärksten Stürmen der Bau­krise und überlebte durch Tradition und Innovation. Was nun also tun? Die Antwort: Aus Anlass des 150-jährigen Bestehens haben die Webers tief in die Trickkiste gegriffen und eine
110 Seiten starke Broschüre mit dem eigenwilligen Titel „Alligator im Anschnitt“ herausgebracht. Auf der Titelseite ist der Mond zu sehen.

Arne Weber: „Wir machen alles anders. Ich wollte auf keinen Fall so eine Firmenchronik herausgeben, in der wir uns wortreich mit der Vergangenheit befassen. Das liest doch keiner. Doch in so einem Unternehmen passieren natürlich unheimlich viele berichtenswerte Dinge. Verrückte Ideen wie das Haus auf dem Mond, der Aufbau Ost und so weiter. Vieles ist auch wirklich komisch, also suchten wir nach jemandem, der das schreiben konnte. Wir fanden mit Andrea Jeska die passende Autorin, die sich zwei Jahre lang mit dem Thema befasste und die Texte verfasste.“

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Mit der Redaktion betraute Weber seine Assistentin Kathrin Staehelin, ein Allround-Genie mit journalistischer Ader. Sie hatte auch Kontakt zu zwei Illustratoren, die der HCH-Geschichte einen augenzwinkernden Comic-Charakter verleihen. Der Effekt: Wer anfängt, in diesem Buch zu blättern, der stolpert automatisch über die menschliche Seite eines Unternehmens, das sich nach außen vor allem über seine Projekte und seine Baukompetenz definiert. Die Texte lassen unüberlesbar den Humor von Arne Weber aufblitzen, der in den Interviews aus dem Nähkästchen plauderte und auch mit geschichtlichen Bezügen nicht gespart haben dürfte.

Der Helgoländer Einfluss

Die folgende legendäre Schlüsselszene aus dem Jahr 1989 beschreibt den Beginn einer visionären Entwicklung – sozusagen die Geburtsstunde des Channels. Die Protagonisten: Arne Weber und der damalige Bezirksamtsleiter Jobst Fiedler debattieren in einer Pizzeria über den Verfall des Binnenhafens. Weber: „Man müsste an den Kanälen wohnen können. Mit einem eigenen Bootsanleger vor der Tür.“ – „Ein Port Grimaud des Nordens!“, rief Fiedler. Zitat aus dem Buch: „Und dann begannen sie, auf Servietten und Bierdeckeln eine Stadt zu entwerfen, in der Wohnen, Wasser und Arbeiten eine Symbiose bildeten.“ 30 Jahre später ist alles Realität.

Mit Helgoland verbindet Arne Weber seine Familiengeschichte. Vater Kurt und Mutter Erika Weber waren 1952 die ersten Helgoländer, die nach dem Zweiten Weltkrieg vom Festland auf die zerstörte Insel zurück durften – hier verbrachte Arne Weber seine Kindheit und verkaufte zeitweise Muscheln, Trümmerteile und Felsstücke an die ersten Touristen. Und auch die unternehmerische Geschichte nimmt auf der Insel ihren Lauf, denn für HC Hagemann begann mit dem Wiederaufbau der Insel die Spezialisierung auf den Wasserbau. Es gibt kaum ein größeres Gebäude oder eine Hafenanlage auf Helgoland, die nicht von HCH gebaut wurden – vom Großvater Hugo Weber, Vater Kurt Weber oder eben Arne Weber selbst.

Ob diffizile Bauprojekte, die Binnenhafen-Eroberung, Flüchtlingsunterkünfte in Rekordzeit oder die „Seute Deern“ – nichts wird ausgespart, alles trägt die persönliche Handschrift Webers. Auch der Plan, in Harburg einen China-Tower zu errichten, fehlt nicht. Bei den Verhandlungen mit chinesischen Interessenten kam es zu jenem legendären Essen in Peking – auf dem Tisch ein kompletter Alligator, der zum Verzehr in Scheiben geschnitten wurde. Nicht ahnend, dass er eines Tages den Titel für eine denkwürdige Jubiläumsschrift liefern sollte . . .

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Fazit: Mit der Jubiläumsbroschüre ist sich Arne Weber treu geblieben: Sie ist anders als alle ehrenvollen Schriften, die üblicherweise zu solchen Anlässen herausgegeben werden. Hier wird Historie anekdotenhaft und mit Humor betrachtet – skurrile und ungewöhnliche Anlässe boten sich im letzten Drittel der 150-jährigen Unternehmensgeschichte zuhauf. Und das Buch liefert noch etwas Unerwartetes: ein Stück Lebensgeschichte des Channel-Begründers Arne Weber und seiner Familie. wb