Wieso ist Mathe eigentlich uncool . . . ?

Foto: TutechTutech-Geschäftsführer Martin Mahn sagt: „Vielleicht müssen wir beim Thema Bildung noch einmal völlig umdenken.“ Foto: Tutech

„Bewegung im Hochschulsektor“ – Entwicklungen im Bildungsmarkt aus Sicht der Tutech Innovation

Als älteste Transfergesellschaft in Deutschland hat die vor 30 Jahren in Harburg gegründete Tutech Innovation GmbH stets das Ohr auf der Schiene, die Wissenschaft und Wirtschaft verbindet. Geschäftsführer Martin Mahn bekommt hautnah mit, wie sich die Konkurrenz um Fachkräfte und wie sich die Verhältnisse zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den vergangenen zehn Jahren verändert haben: „Wir haben mittlerweile einen ausgeprägten Arbeitnehmermarkt und wissen, wo in den Unternehmen der Schuh drückt. Ganz vorn dabei sind die Bereiche der Informations- und Kommunikationstechnologie – dort ist es besonders schwierig, gute Fachkräfte zu bekommen.“ Diese sogenannten IKT-Fachkräfte werden heute in fast allen Bereichen der Industrie gesucht und eingesetzt. Aber auch im Controlling, in der Buchhaltung oder dem Finanz- und Personalwesen fehlen Fachkräfte.

IT-Kompetenz ist nicht nur ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, auch gesellschaftlich als Kulturtechnik kurz hinter Lese- und Schreibkompetenz eine Weggabelung, die über das Vorankommen oder Zurückbleiben als Gesellschaft entscheidet. Da das Vorankommen bei Tutech zentraler Auftrag ist, wird eine Vielzahl von Projekten und Initiativen genau mit diesem Ziel unterstützt.

Neue Professuren an der TUHH

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Die Tutech hat als Tochter der Technischen Universität Hamburg unter anderem die Aufgabe, wissenschaftliche Kompetenz mit konkreten Entwicklungen in der Wirtschaft zu verknüpfen. Dies geschieht beispielsweise auch durch die Patentabteilung der Tutech.
Einige auf den ersten Blick kleinere Initiativen werden mit Blick auf die Zukunft gefördert, während parallel große Anstrengungen unternommen werden, um Innovationspotenzial voranzutreiben: „Die TU hat ein halbes Dutzend Professuren eingerichtet, um gezielt technische Aspekte der Forschung mit digitalen Anwendungen zu verknüpfen. Die in diesem Bereich eingerichteten ‚echten Tenure-Track-Professuren‘ haben die Option, dass die Stelleninhaber entgegen den üblichen Gepflogenheiten nach der Junior-Phase als Vollprofessoren an der TUHH bleiben können. Bis diese Professuren zu einer steigenden Anzahl an Absolventen führen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, wird es noch einige Zeit dauern“, so Martin Mahn. In vielen Bereichen könne durch Informations- und Aufklärungsarbeit für die Zukunft vorgesorgt werden.

Anstrengend und anspruchsvoll

Die Nachfrage nach technisch geprägten Studienplätzen ist in anderen Ländern wesentlich höher, sodass hier noch unabhängig vom Angebot der Universitäten großes Entwicklungspotenzial schlummert. Hierzulande werden Ingenieurwissenschaften eher als anstrengend und anspruchsvoll wahrgenommen. Dazu sagt Dr. Margarete Remmert-Rieper, Senior Beraterin für EU-Forschungsprojekte bei der Tutech und verantwortlich für die Tutech Academy: „Junge Menschen haben nicht wirklich ein Bild davon, was in den Ingenieurwissenschaften und in der IT wirklich passiert. Hinzu kommt die ‚Mathe-Lücke‘ – es gilt gesellschaftlich nicht als cool, sich mit den MINT-Fächern auseinanderzusetzen (MINT = Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, d. Red.). Daher ist es eine Herausforderung, Jugendliche für diese Berufszweige zu begeistern. Das Eingeständnis, mit Mathe nichts anfangen zu können, ist leider seit Jahrzehnten salonfähig.“ Dr. Christine Bauhofer, Beraterin im Bereich wissenschaftliche Weiterbildung, ist überzeugt: „Wenn das Interesse mal geweckt ist, kann jeder Mathematik lernen.“

Mit den „Kinderforschern“, betreut von Gesine Liese, und mit dem Nachwuchscampus des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden, hat die TUHH zwei spannende Angebote, die darauf ausgerichtet sind, Schüler und Jugendliche frühzeitig für die MINT-Fächer zu begeistern. Martin Mahn: „Das sind tolle Projekte. Es wäre schön, diese mit weiteren Formaten ergänzen zu können.“ Und Christine Bauhofer sagt: „Wenn Kinder und Jugendliche die Zielgruppe sind, sind die jungen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Hochschulen genau die richtigen, um Begeisterung zu wecken.“

„. . . noch fünf Jahre drauflegen“

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Nachwuchsarbeit ist allerdings nur ein Baustein für die Lösung des Fachkräftemangels. Eine Idee für schnelles Handeln hat Margarete Remmert-Rieper: „Wir sollten uns aktiv mit den heute 55- bis 60-Jährigen beschäftigen, ihre Potenziale nutzen und auch durch eine berufliche Zusatzorientierung in diese Altersgruppe investieren. Eine weitere Möglichkeit wäre die Förderung von Migranten. Auch die Arbeitgeber sollten stärker in ihre Fachkräfte investieren. Lebenslanges Lernen bedeutet auch lebenslange Fortbildung. Und dort sind Arbeitgeber gefordert.“

Martin Mahn: „Beim Thema lebenslanges Lernen ist der gesamte Bildungssektor grundlegend involviert. Hier sollten wir über die reine Länderebene hinaus gehen.“ Christine Bauhofer sieht hier „positive Bewegung im Hochschulsektor“. Wissenschaftliche Weiterbildung ist ein Studienangebot, das von den Teilnehmern auch bezahlt werden müsse. Sie berichtet von einem großen Bildungsprojekt auf internationaler Ebene: „Die sich herausbildendenden virtuellen EU-Hochschulen können Kompetenzen aus verschiedenen europäischen Ländern bündeln. Dort wird es Lehrangebote für Studenten, aber auch für Berufstätige geben – das ist das Ziel. Die TU Hamburg ist Teil dieses innovativen europäischen Verbundprojektes.“ wb

>> Web: www.tutech.de