Jetzt wird der Obstbau digitalisiert… .

Konzeptdarstellung des Obstbau-Zukunftsbetriebs im Alten Land: Digitale Vernetzung, autonome Maschinen und KI-basierte Auswertealgorithmen werden auf dem Experimentierfeld im Projekt „Samson“ erforscht. Grafik: Fraunhofer IFAM

Die Antwort auf fehlende Pflücker, zu hohe Pestizid-Einsätze und Wasserverschwendung heißt „Samson“ – Cem Özdemir überreicht Millionen- Förderung an Partnerprojekt im Alten Land.

Obstbau im Alten Land hat Tradition, eine ganze Menge Probleme und ebenso viele Lösungsansätze. Doch jetzt schlägt die Stunde der Experten, denn auch landwirtschaftliche Aufgabenstellungen lassen sich mithilfe der Digitalisierung besser lösen. Davon überzeugt sind nicht nur die Projektpartner Fraunhofer IFAM, die Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften HAW, die hochschule21 (Buxtehude) und die Technische Universität Hamburg (TUHH), sondern auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der passenderweise auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin einen Förderbescheid über gut 2,77 Millionen Euro für das Forschungsprojekt „Smarte Automatisierungssysteme und -services für den Obstanbau an der Niederelbe“ überreichte – kurz: „Samson“.

Mit dem Geld soll im Förderzeitraum bis 2025 ein Experimentierfeld für Zukunftsbetriebe eingerichtet werden. Konkret geht es um die Digitalisierung der Landwirtschaft und die Entwicklung von Ideen für klimaeffiziente Betriebe. Ziel ist es, den landwirtschaftlichen Raum zu stärken und zugleich mit modernster Technologie dafür zu sorgen, dass beispielsweise der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Dünger, Energie und Wasser optimiert wird – nicht pro Fläche, sondern pro Baum. Im Fokus stehen dabei die Möglichkeiten, die sich durch die Verfügbarkeit von leistungsstarken Mobilfunknetzen ergeben. Auch die „arbeitsintensiven manuellen Tätigkeiten“, gemeint ist der Einsatz von Pflückern, sollen reduziert werden. So gehen Umweltschutz und Betriebskostensenkung Hand in Hand.

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Der Erwerbsobstbau an der Niederelbe in Norddeutschland ist das zweitgrößte zusammenhängende Obstanbaugebiet Europas mit einer Fläche von etwa 10 000 Hektar. Die jährliche Erntemenge beträgt durchschnittlich 300 000 Tonnen Obst. Im Alten Land wird etwa jeder dritte deutsche Tafel­apfel produziert. Die zu entwickelnden Automatisierungssysteme sollen saisonübergreifende Kennzahlen über einen langen Zeithorizont den Ertrag, die Qualität, die Anbaudaten und Behandlungsmaßnahmen sammeln und auswerten. Die ermittelten Daten und Ergebnisse werden den Obstbaubetrieben interaktiv auf mobilen Endgeräten zur Verfügung gestellt.

Özdemir in Berlin: „Das Projekt leistet mit dem optimierten und gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht nur einen erheblichen Beitrag zum Umweltschutz, sondern auch zur EU-Strategie ‚Farm to Fork‘, die darauf abzielt, das europäische Lebensmittelsystem in verschiedenen Dimensionen nachhaltiger zu gestalten. Vor diesem Hintergrund ist ‚Samson‘ ein sehr gutes und spannendes Projekt, dessen Ergebnisse nicht nur lokal und regional, sondern auch international von großem Interesse sind.“

Die aktuelle Situation im Alten Land: Fehlende Arbeitskräfte und steigende Produktionskosten, verstärkt durch die Energiekrise und die Inflation, sind Herausforderungen, die es neben wachsenden Qualitätsansprüchen bei stagnierenden Absatzpreisen zu bewältigen gilt. Auch der kritisch diskutierte Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sowie der Klimawandel sorgen für zusätzliche Anspannungen bei den Obstbaubetrieben. Diese Branche ist frontal von der Multikrise betroffen.

Die erfolgreiche Bewirtschaftung der Baumobst- Anbauflächen basiert vor allem auf dem Expertenwissen und der langjährigen Erfahrung der Obstanbauenden bezüglich Bodenpflege, Baumschnitt sowie Blühverlauf und Vorjahresertrag etc. Der Klimawandel, der durch vermehrt auftretende Extremwetterereignisse, wie zum Beispiel
extreme Trockenheit, überdurchschnittliche Son­nen­einstrahlung, Hagel und späte Fröste bemerkbar ist, stellt eine ernst zu nehmende Bedrohung für das empfindliche Ökosystem dar.

Diese Komplexität der Gesamtzusammenhänge lässt sich in der Bewirtschaftung der einzelnen Flächen – sowohl im Einzelbetrieb als auch im gesamten Anbaugebiet – von den Erzeugern sowie den Beratern im Detail zunehmend schwieriger überblicken. Bisher werden vorhandene Informationen so lange reduziert und verallgemeinert, bis generelle Handlungsempfehlungen für weite Teile der gesamten Anbauregion gegeben werden.

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Mit digitalen Tools zum zukunftsfähigen Obstbaubetrieb

Das Projekt „Samson“ adressiert die nachhaltige Einsparung von Ressourcen durch die saisonübergreifende Sammlung von Anbaudaten – wie Wachstum, jährlich wechselnden Ertragsschwankungen, Ernteergebnis, Wassereinsatz, Behandlungsmaßnahmen und so weiter, um daraus datengestützte Einzelempfehlungen bis hin zum individuellen Obstbaum abzuleiten. Beispielsweise für den gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. agb/wb