Volvo steigt in den Direktvertrieb ein

Fotos: BröhanTopmodell mit 408 PS: Mit dem XC40 P8 Recharge Pure Electric steigt Volvo im Mai in den Direktvertrieb ein. Künftig können Neufahrzeuge nur noch zum Festpreis direkt beim Hersteller bestellt werden. Für die drei VolvoVerkäufer Michael Bröhan-Schmand (von links), Sven Ropertz und Marcus Ahrend brechen damit noch beratungsintensivere Zeiten an. Foto: Bröhan

Verkaufsleiter Michael Bröhan-Schmand
erläutert die neue Strategie des Herstellers –
Das sind die Folgen für Kunden und Händler

Die Automarke Volvo steigt sukzessive auf einen neuen Vertriebsweg um und ab Mai à la Tesla in den Direktvertrieb ein. Konkret: Wer sich für einen Neuwagen interessiert, hat künftig drei Möglichkeiten: das bereits realisierte voll flexible Abo-Modell „Care by Volvo“, das dann neue „Abo fix“ und den Barkauf, der allerdings nur von wenigen Volvo-Kunden genutzt wird. Auf die Händler kommen damit neue Zeiten zu: „Der Neuwagenverkauf wird zum Agenturgeschäft“, sagt Michael Schmand-Bröhan, Verkaufsleiter im Autohaus Werner Bröhan (Stade-Wiepenkathen und Jork-Königreich).

Unter den traditionellen Autoherstellern dürfte Volvo der erste sein, der den Direktvertrieb auf dem deutschen Markt konsequent umsetzt. Wer einen neuen Volvo XC40 P8 Recharge Pure Electric fahren möchte, kann das Fahrzeug über den Händler seines Vertrauens ab Mai nur noch bei Volvo bestellen. Und zwar zum deutschlandweit geltenden Festpreis – die Zeiten, in denen mit dem Händler um Prozente gefeilscht wurde, sind dann vorbei. Michael Bröhan-Schmand: „Unsere Rolle wird sich noch stärker auf Beratung und Service konzentrieren. Die Betreuung der Kunden soll über das Händlernetz erfolgen – immerhin mehr als 300 Betriebe in Deutschland. Wir beraten und begleiten den Kunden beim Online-Vertrags­abschluss.“

Start mit dem XC40 P8 Recharge Pure Electric

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Vor drei Jahren startete die schwedische Traditionsmarke, die mittlerweile zur chinesischen Geely Holding gehört, mit „Care by Volvo“ einen Testlauf. Der Kunde bucht direkt bei Volvo ein flexibles Abo und bekommt bis auf den Kraftstoff beziehungsweise die Ladung der Batterie alles inklusive. Er kann das Modell wechseln und jederzeit aus dem Vertrag aussteigen. Kurz: Der Kunde kauft maßgeschneiderte Mobilität und fährt Volvo. Die „Abo fix“-Variante, die jetzt ab Mai zunächst für ein Modell angeboten wird, ist günstiger und ersetzt die klassischen Full-Service-Leasing-Angebote. Auch hier ist der Service inklusive, allerdings beträgt die Laufzeit drei Jahre, und das Modell kann nicht gewechselt werden.

Michael Bröhan-Schmand: „Das neue Vertriebsmodell ab Mai gilt zunächst für den vollelektrischen XC40 P8 Recharge Pure Electric, von dem Volvo in diesem Jahr 1200 Einheiten nach Deutschland liefern wird. Nach und nach wird das Verfahren dann auf alle kommenden Volvo-Modelle ausgeweitet.“ Und: „Für uns Händler ist diese Umstellung die gleiche Herausforderung wie das Aufkommen der Internetportale Ende der 90er-Jahre, die plötzlich zu einer starken Preistransparenz führten – übrigens durchaus auch mit Vorteilen für die Händlerseite bei der Inzahlungnahme.“ Der Direktvertrieb wird sich aus Sicht des Verkaufsleiters nicht aufhalten lassen und über kurz oder lang auch andere Hersteller erfassen. Bröhan-Schmand: „Tesla ist gleich so in den Markt eingestiegen. Volkswagen vertreibt seine ID-Modelle bereits ebenfalls direkt. Auch die anderen großen Hersteller befassen sich sehr intensiv mit dem Thema.“ Diese Entwicklung, die sich seit geraumer Zeit abzeichnete, sei durch Corona beschleunigt worden. Direktvertrieb sei eben auch hygienekonform umzusetzen, da online möglich.

Selbst wenn Kunden einen Neuwagen im Autohaus Bröhan kaufen und auch sofort komplett bezahlen möchten, geht das künftig nur als Agenturgeschäft: „Unsere Aufgabe wird es sein, den Kunden die Hemmschwelle für den Online-Fahrzeugkauf zu nehmen und das Vertrauensverhältnis zwischen Kunden und Verkaufsberater weiter auszubauen“, sagt Bröhan-Schmand. Allerdings liege die Leasing-Quote bei Volvo bundesweit ohnehin bei 90 Prozent – Barverkäufe seien eher die Ausnahme. Er weist noch auf einen weiteren Vorteil der dreijährigen Bindung beim „Abo fix“ hin: „So können sich die Kunden ihre passende Mobilitätsform offenhalten und gegebenenfalls umsteigen. Wer weiß denn schon, wie sich die Dinge sowohl technisch als auch umweltpolitisch in drei Jahren entwickeln.“ Schon heute verkaufe das Autohaus Werner Bröhan 60 Prozent aller Neuwagen als Plug-in-Hybrid. Seit Mai 2020 werden Fahrzeuge von Volvo ausschließlich elektrifiziert (vollelektrisch, Hybrid oder Mild-Hybrid) und mit einer freiwilligen Selbstbeschränkung von maximal Tempo 180 angeboten.

Auf die drei Volvo-Verkäufer im Hause Bröhan kommen also neue Zeiten zu. Bröhan-
Schmand: „Durch den Direktvertrieb sind wir gefordert, unsere Rolle als Verkaufsberater neu zu erfinden. Zugleich sorgt diese Entwicklung aber dafür, dass die Gebrauchtwagenvermarktung noch mehr in den Fokus rückt. Die Gebrauchtwagen des Herstellers müssen auch verkauft werden – in dem Bereich bleibt die Rolle des traditionellen Verkäufers bestehen.“ Er rechnet damit, dass es ähnliche Agenturverträge für den Neuwagenverkauf in absehbarer Zeit bei allen Herstellern geben wird, auch bei seiner Zweitmarke Hyundai.

Ungeachtet dessen hat das Autohaus Werner Bröhan auch im Lockdown weiterhin Autos verkauft. Michael Bröhan-Schmand: „Wir haben nach dem Jahreswechsel wirklich viel zu tun gehabt, was sehr erfreulich ist. Unsere Kunden konnten auch Probefahrten machen – mit Termin, kontaktlos und in desinfizierten Fahrzeugen. Was wir registrieren: Das Thema Nachhaltigkeit nimmt immer stärkeren Raum ein. Deshalb war die Entscheidung von Volvo, nur noch Autos mit maximal Tempo 180 anzubieten, wegweisend und richtig.“ wb

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>> Web: www.autohaus-broehan.de