Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt

Chance auf  den Berufseinstieg

Christoph Birkel: „Ich finde diese Idee einfach ideal geeignet, um junge Menschen, die beispielsweise aus Syrien zu uns geflüchtet sind, in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Als die Flüchtlinge vor einem Jahr in Deutschland ankamen, wurde sofort über Arbeit gesprochen. Aber mal ehrlich: Wer gerade vom Schlauchboot gerettet wurde, der denkt bestimmt nicht an Arbeit. Der muss sich erstmal zurechtfinden und orientieren. Einige der Bewohner in der Unterkunft, die wir betreuen, ziehen jetzt bereits in Wohnungen. Sie sind bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend gemeldet. Bei JiA hätten wir die Chance, einen Berufseinstieg zu ermöglichen.“

Birkel, Vavroš und Schulte haben die Hoffnung, dass sich Unternehmer finden, die jungen Flüchtlingen zwischen 16 und  etwa 30 Jahren eine Chance geben – auch mit dem Risiko, dass der Azubi möglicherweise wieder in seine Heimat zurückkehrt, wenn sich die Verhältnisse dort beruhigt haben. Birkel: „Damit ist natürlich zu rechnen. Wir gehen davon aus, dass dies jeder Zweite tun wird.“

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Die Idee, die das Trio verfolgt, ist also von einer Mischung aus unternehmerischer Notwendigkeit (Personalsuche) und Idealismus getrieben. Wobei JiA potenziellen Ausbildungsbetrieben weit entgegen kommt: „Wir garantieren das Bestehen der Prüfung“, sagt Vavroš. „Sollte dennoch eine Gesellenprüfung scheitern, übernehmen wir ab da die vollen Kosten.“

Handwerkliche Qualifikation

Die Berufe, die bei JiA ausgebildet werden, sind im handwerklichen Bereich angesiedelt: Tischler, Bootsbauer, Zimmerer, Ausbaufacharbeiter und Konstruktionsmechaniker. Birkels Erfahrung: „Wir haben unter den Flüchtlingen auch ein paar Akademiker, aber der weitaus größte Teil hat keine Berufsqualifikation, die in Deutschland anerkannt wäre. Was nicht heißt, dass die Leute nichts können. Die haben ja in ihren Heimatländern auch gearbeitet. Aber durch die sprachliche Barriere ist es sicherlich kaum leistbar, hier beispielsweise in einem kaufmännischen oder juristischen Bereich unterzukommen. Dafür sind die Systeme auch viel zu unterschiedlich. Der größte Teil der Menschen ist also ohne berufliches Zertifikat hier.“

Dazu Vavroš: „Der Gesellenbrief ist die Eintrittskarte in den Arbeitsmarkt und damit in die Gesellschaft. Ohne eine qualifizierte Ausbildung ist hier niemand in der Lage, seinen Lebensunterhalt selbstständig dauerhaft zu bestreiten. Aber die Erfahrung zeigt auch: Ganz viele Menschen arbeiten nicht in ihren Lehrberufen, weil sie sich im Job weiterentwickeln und sich neue Betätigungsfelder bieten. Es kommt also auf den Einstieg an.“ Parallel bietet JiA übrigens auch weiteren Sprachunterricht an. Dazu Birkel: „Das hilft schon mal sehr. Aber die Teilnehmer würden auch noch etwas lernen: unsere Arbeitskultur. Die ist nämlich recht komplex und keineswegs leicht zu verinnerlichen.“

Innovativer Ansatz

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Im ersten Schritt sind jetzt erstmal Betriebe gefragt. Birkel, Schulte und Vavroš wollen ihre Netzwerke aktivieren und Ausschau nach Betrieben mit Nachwuchssorgen halten, die für so ein Modell infrage kommen. Sobald ein Unternehmen einsteigt – egal ob für den eigenen Bedarf oder einfach nur aus ideelen Gründen -, sollen passende Bewerber ausgewählt und vorgeschlagen werden. Olav Vavroš sagt: „Das ist ein absolut innovatives Modell der beruflichen Integration von Flüchtlingen, das es meines Wissens so noch nicht gibt.“ Nicht ausgeschlossen also, dass das Schulte-Modell eines Tages Schule macht . . . wb