Hier schwebt Teil 1 der „Königsberger Straße“ Richtung Kiekeberg

Translozierung der Tankstelle aus Stade: Das Flugdach schwebt auf den Tieflader. Foto: Freilichtmuseum am Kiekeberg

Stader 50er-Jahre-Tankstelle für das Freilichtmuseum – Translozierer und Architekt Christoph Frenzel schickt das Original auf die Reise

Mit einem Umzug der besonderen Art hat jetzt das Projekt „Königsberger Straße“ am Kiekeberg die konkrete Bauphase erreicht: Eine Tankstelle aus den 50er-Jahren wurde in einer spektakulären Aktion in Stade abgebaut und über Nacht ins Freilichtmuseum am Kiekeberg gefahren. Dort wird sie im Frühjahr originalgetreu wieder aufgebaut. Sie ist das erste Gebäude der „Königsberger Straße“, in der künftig die Zeit von 1949 bis 1970 gezeigt wird. Der Buxtehuder Architekt Christoph Frenzel hat es übernommen, mehrere für die Zeit typische Gebäude zu translozieren, also im Original nach Ehestorf zu schaffen.

Wie in der September-Ausgabe von B&P ausführlich berichtet, werden in den kommenden sechs Jahren sechs Gebäude – vom Fertighaus bis zum Friseurgeschäft – im Freilichtmuseum am Kiekeberg aufgebaut. Als erstes findet eine Tankstelle aus Stade ihr neues Zuhause in der „Königsberger Straße“. Alexander Eggert, Volkskundler im Museum, erläutert: „Wir haben lange nach einer passenden Tankstelle aus der Zeit gesucht. Diese ist sehr gut erhalten. Außerdem steuern die Vorbesitzer Klaus und Horst Mehrtens durch die Besitzerbiografie viele interessante Informationen bei.“

Anzeige

Ein Stück Familiengeschichte

„An den Tankstellen in den Dörfern lässt sich der gesellschaftliche Wandel nach dem Zweiten Weltkrieg besonders eindrücklich ablesen“, sagt Museumsdirektor Stefan Zimmermann. Und Theda Pahl, Architektin des Freilichtmuseums, ergänzt: „Heute können wir uns den Kontrast zwischen alten Fachwerk-Bauernhäusern und den modernen Tankstellen kaum noch vorstellen. Im Freilichtmuseum bauen wir daher die Tankstelle direkt neben der alten Schmiede auf – so, wie sie auch in Stade gestanden hat.“

Für Horst und Klaus Mehrtens geht ein Traum in Erfüllung: „Ein Stück unserer Familiengeschichte wird auf Dauer erhalten bleiben. Wir haben früher unseren Vater auf der Tankstelle vertreten. Demnächst können wir unsere Tankstelle im Museum auch unseren Enkeln zeigen.“

Die auf Translozierungen spezialisierte Firma JaKo aus Süddeutschland transportierte zum ersten Mal eine Tankstelle. Die Herausforderung: möglichst große Teile zu verpacken, die dann trotzdem noch auf die Straßen passen. Die Tankstelle wurde in drei Teile zerlegt: Dach, Säule und Kassenhäuschen. „Wir wollten möglichst wenig Schäden an der Originalsubstanz verursachen“, sagt Projektleiter Phillip Schäle. Das Dach mit 10,5 mal 7,4 Metern Fläche wurde in einem Stück flach auf einen Tieflader gehoben – für den Straßenverkehr liegt da die Grenze. Mit einer intensiven Polizeiabsicherung fuhren die drei Tieflader nachts die etwa 50 Kilometer.

Das Projekt „Königsberger Straße“ im Freilichtmuseum am Kiekeberg wird gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (Bund), das Land Niedersachsen, den Landkreis Harburg, den Förderfonds Hamburg/Niedersachsen der Metropolregion Hamburg, die Stiftung Niedersachsen, die Stiftung Hof Schlüter, die Niedersächsische Sparkassenstiftung, die Stiftung der Sparkasse Harburg-Buxtehude, den Lüneburgischen Landschaftsverband, die Klosterkammer Hannover, die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung und den Förderverein des Freilichtmuseums am Kiekeberg. Das Gesamtprojekt ist auf 6,14 Millionen Euro angelegt.

Anzeige