Ein bisschen mehr Spannung

Dieses Landkarte der Bundesnetzagentur zeigt: Im Norden der Hansestadt herrscht bezüglich der Lade-Infrastruktur eitel Wonne, im Süden sieht es hingegen finster aus.

20 Jahre Envidatec: Energie-Optimierer startet
Ladesäulen-Offensive im Süden Hamburgs.

Es war ein Anblick, der Thomas Frank die Sprache verschlug: Als sich der Geschäftsführer des Harburger Energieeffizienz-Beraters Envidatec über Ladeplätze für seine Elektroauto-Flotte informieren wollte, sah er im Hamburger Süden nur gähnende Leere: „Es gibt da eine interaktive Karte der Bundesnetzagentur. Und die zeigt deutlich, dass es nördlich der Elbe vor Ladesäulen nur so wimmelt, während man sie im Süden fast mit der Lupe suchen muss.“

Auch direkt an Franks Firmensitz im Channel ist das so. Dort stehen aktuell lediglich zwei Säulen mit vier Ladeplätzen zur Verfügung. Doch die seien fast rund um die Uhr belegt. „Wenn wir eines unserer Autos laden wollen, müssen wir uns immer erst aus dem Fenster strecken und schauen, ob eine der Säulen frei ist. Ist das der Fall, dann heißt es rasch umparken, denn die Plätze sind auch immer schnell wieder weg“, sagt Frank.

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Doch der Ingenieur ist nicht der Typ, der über solch schlechte Umstände meckert und anschließend resigniert Er will etwas ändern. „Wir haben eine Online-Umfrage erstellt, an der all jene teilnehmen können, die in Harburg und den beiden angrenzenden Landkreisen leben oder arbeiten. Damit fragen wir die aktuelle Situation, den Bedarf und die Wünsche in Sachen Ladesäulen ab“, sagt Thomas Frank (siehe Kasten).

Kleine Lösung oft ausreichend

Wieso der Ladesäulen-Ausbau insgesamt so schleppend läuft, kann der Envidatec-Gründer und -Geschäftsführer nicht mit Sicherheit sagen. Aber er hat eine Vermutung. „Ich denke, dass es oft schon bei der Planung scheitert.“ Immer wieder würde nämlich versucht, hochpotente State-of-the-Art-Lösungen zu verkaufen – die entsprechende Investitionen und Installationsarbeiten nach sich zögen. „Das schreckt viele Auftraggeber gleich wieder ab“, so Frank. „Dabei ist so viel Aufwand oft gar nicht nötig, denn in den meisten Fällen würden klein dimensionierte Ladestationen reichen, die technisch recht simpel sind.“

Diese Sichtweise – das strikte Orientieren am Bedarf und nicht das Verkaufen der technisch fortschrittlichsten Lösung – ist es auch, was Envidatec im täglichen Geschäft auszeichnet. Vor 20 Jahren wurde das Unternehmen von drei Kommilitonen gegründet. Schon damals saß man im Channel Harburg, zu dem der gebürtige Harburger Jung‘ Thomas Frank ohnehin eine ganz besondere Verbindung hat: „Ich habe am Karnapp direkt neben dem heutigen Channel Tower früher als Schüler mein Geld verdient. Dort war damals ein Autoschrottplatz, und ich habe pro ausgebautem Teil eine Mark bekommen“, erinnert sich Frank.

Seit dem Unternehmensstart haben sich sowohl die Firma als auch Thomas Frank natürlich deutlich weiterentwickelt. „Wir waren damals Ingenieure, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass mir die BWL-Seite fehlt, denn am Ende geht es ja immer darum, dass sich die Maßnahmen für die Kunden auch rechnen müssen“, sagt er. Also machte er einen Master of Business Administration – diesmal allerdings nicht in Harburg, sondern an der Nationalen Universität Singapur (NUS). „Die Themen, die wir bearbeiten, sind mit der Zeit immer komplexer geworden. Und somit natürlich auch unser Wissen und unsere Methoden.“

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International und lokal

Aktuell hat Envidatec vor allem zwei Tätigkeitsfelder. Das eine ist die Umsetzung von Projekten zur Energieeffizienz-Steigerung, die zumeist in internationalem Auftrag für Entwicklungs- und Schwellenländer umgesetzt werden. Das andere ist die Beratung lokaler Unternehmen, die ihren Energieverbrauch senken wollen.

Bei letzterer Aufgabe sei es zunächst wichtig, Energiefressern auf die Schliche zu kommen. Eine Aufgabe, die bisweilen einer Detektivarbeit gleicht. „Wir installieren in einem ersten Schritt Messelektronik, mit der wir die kritischen Stellen aufspüren können“, erklärt Thomas Frank. Immer wieder sind die Ergebnisse der Suche auch kurios. Ein Parkdeckbetreiber konnte sich beispielsweise nicht erklären, wieso seine Anlage Tag und Nacht einen hohen Grundverbrauch an Strom hatte. „Wir haben uns dann auf die Suche gemacht und den Fehler entdeckt: Es gab dort eine Rampe, die sich im Winter beheizen ließ, aber weil der Thermostat defekt war, lief die Heizung zu jeder Jahreszeit.“ Die Energieverschwendung dort war enorm. „Das Ding hatte eine Leistung 200 Kilowatt. Das ist so, als wenn 200 Kaffeemaschinen gelaufen wären, und zwar Tag und Nacht.“ Vielen Unternehmen sei natürlich längst klar, dass in der Erhöhung der Energieeffizienz ein großer Hebel liege. Deswegen hätten zahlreiche Firmen bereits Projekte umgesetzt. „Aber unsere Erfahrung sagt uns, dass wir mit vertretbarem Aufwand weitere zehn Prozent Einsparpotenzial finden können. Oft gibt es in diesem Bereich allerdings ein Know-how-Vakuum“, sagt Frank. Eine der Spezialitäten von Envidatec ist auch das Identifizieren und anschließende Optimieren teurer Lastspitzen. „Die Zunahme der Elektromobilität bietet hier übrigens spannende, neue Möglichkeiten. Denn Elektroautos können sowohl als Puffer, aber dank ihrer Batterien eben auch als Einspeiser genutzt werden“, sagt Frank. Ein weiterer guter Grund also, das Thema Ladesäulen voranzutreiben. top

>> Web: envidatec.com