Mobilität 4.0 als visionäre Klammer für den Innovationspark Harburg

B&P-GESPRÄCH Birgit Detig, Geschäftsführerin der neuen Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft, hat eine chancenreiche Idee für den Hamburger Süden auf dem Schreibtisch

Birgit Detig ist seit März Geschäftsführerin der neu gegründeten Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft. Foto: Wolfgang Becker

Das Thema Innovation beschäftigt nicht nur Tüftler und Entwickler, sondern in steigendem Maße auch Stadtplaner, Wirtschaftsförderer und Politiker. Die Erkenntnis, dass Innovationen die Grundbausteine einer wirtschaftlich erfolgreichen Zukunft in der Metropolregion Hamburg sind, manifestiert sich unter anderem daran, dass die Hansestadt nach Finkenwerder ganz konkret drei weitere Innovationsparks schaffen will – Orte, in denen Startups gute Entwicklungschancen und bei Erfolg sogar Wachstumsmöglichkeiten haben. Diese Innovationsstandorte hat Wirtschaftssenator Frank Horch ausgerufen: Altona, Bergedorf, Finkenwerder und Harburg. In seinem Auftrag entwickelt die neue Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft das Konzept weiter. Geschäftsführerin ist die Architektin Birgit Detig. Sie verfügt über langjährige Erfahrung bei der Erarbeitung intelligenter Flächen- und Liegenschaftsentwicklungskonzepte. Möglicherweise hat sie jetzt eine Idee auf dem Tisch, die eine Lösung für die komplexe Innovationsstruktur in Harburg sein könnte.

Es liegt bereits ein paar Jahre zurück, da fanden sich im Harburger Rathaus Unternehmer, Politiker, Fachbeamten und Vertreter der Kammern zusammen, um darüber zu beraten, wie das Thema Technologie stärker vermarktet werden könnte. Da es bislang nicht gelungen war, den im Süden Hamburgs gelagerten Technologiestandort stärker in den Vordergrund zu rücken und ihn international entsprechend zu platzieren, lag nun die privatwirtschaftlich initiierte Idee TecHUB Hamburg auf dem Tisch. Die Harburger Akteure wollten endlich die Initiative ergreifen und mit dem Technologie-Thema standortförderndes Marketing betreiben. Übrigens perspektivisch für ganz Hamburg.

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Eine Initiative des Senats

Aus diesen Anfängen heraus hat sich mittlerweile eine Senatsinitiative entwickelt, die unter dem Begriff Hamburger Innovationsparks die oben genannten Schwerpunktstandorte vorantreibt. Aktueller Stand: Rund um das Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL) ist in Finkenwerder quasi ein Innovationspark unter dem Oberbegriff Aviation entstanden. Für Altona (in Nachbarschaft zum Deutschen Elektronensynchrotron DESY) gibt es Pläne für einen internationales Science-Park mit dem Schwerpunkt Life Science, Nano- und Lasertechnologie, Materialwissenschaften und hochspezialisierte Infrastruktur. In Bergedorf ist rund um die Fraunhofer-Einrichtungen der Schwerpunkt Windenergie, 3D-Lasertechnologie, Energiespeicherung, Optische Technologien und Netzintegration im Werden begriffen. Nur in Harburg, da ist alles anders.

Der wichtigste Punkt: Während an den anderen drei Standorten quasi auf der grünen Wiese geplant werden konnte, sind in Harburg alle Bestandteile für einen Innovationspark vorhanden. Im Umfeld der Technischen Universität Hamburg (TUHH) gibt es mit dem Startup Dock und der Tutech bereits zwei renommierte Adressen mit Inkubationscharakter. Im hit-Technopark, aber auch unter dem Dach der Tutech können junge Unternehmen „begleitet wachsen“. Und es gibt vereinzelt sogar Flächen, auf denen sich Unternehmen ansiedeln können. Das Besondere: Alle Bestandteile sind im Stadtteil verstreut, liegen aber immerhin auf einer Achse zwischen der Schlachthofstraße im Osten und dem Daimler-Firmengelände (Bostelbek) im Westen.

Der innovative Kern Harburgs

Birgit Detig hat sich mit Harburg bereits intensiv beschäftigt und einfach mal eine gelbe Linie gezogen. Diese Linie kreist den innovativen Kern Harburgs weitgehend ein. Innen liegen der Channel mit zahllosen innovativen Unternehmen, die TUHH, die Tutech, der jetzt im Bau befindliche Hamburg Innovation Port, der hit-Technopark, die städtische Gewerbefläche an der Schlachthofstraße und weitere Entwicklungsflächen am Radeland. Birgit Detig: „Wir haben als Entwicklungsgesellschaft zwei Aufträge: die zentrale Vergabe städtischer Gewerbeflächen an interessierte Unternehmen und die Weiterentwicklung der Innovationparks. Beides steht hier in direktem Zusammenhang.“

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Die Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft ist als Gesellschaft Anfang des Jahres gestartet, seit dem 1. März ist Birgit Detig dabei. Zum Start kaufte die Gesellschaft insgesamt 47 städtische Gewerbe- und Industrieflächen vom Hamburger Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG). Nach bestimmten Kriterien werden diese Flächen entweder an ansiedlungswillige Unternehmen verkauft oder in Erbpacht abgegeben. Ein Teil der Grundstücke befindet sich im Umfeld der Innovationsparks. Dort sollen jeweils ein Inkubator und ein Technologiezentrum errichtet und schwerpunkt-affine Firmen angesiedelt werden. Hier treffen sich die beiden Geschäftsfelder der Hamburg Invest Entwicklungsgesellschaft.

Drohnen im urbanen Einsatz

Zurück zum Thema Harburg: Da hier bereits alle Bausteine für einen Innovationspark vorhanden sind, fehlte es bislang nur an einer Klammer, die aus der geografisch heterogenen Lage einen zusammenhängenden Park macht. Birgit Detig: „Wir denken darüber nach, die Klammer durch ein innovatives Mobilitätskonzept zu schaffen – mit allem Drum und Dran: autonomes Fahren, E-Mobilität, Drohnen im urbanen Einsatz.“ Diese Idee ist bereits in ersten Gesprächen vertieft worden, an denen auch Christoph Birkel, Geschäftsführer des hit-Technoparks, und Vertreter der TUHH beteiligt waren. Vor allem vor dem Hintergrund, dass Hamburg 2021 den ITS-Weltkongress ausrichtet und 10 000 Experten aus aller Welt erwartet, könnte auf Harburg eine unerwartete, aber höchst innovative Pilotfunktion zukommen. ITS steht für Intelligente Transport-Systeme – kurz: Mobilität 4.0. Birgit Detig: „Wenn wir es schaffen, so ein Konzept vorzulegen, würde das mittelfristig sogar die Rolle der vielbefahrenen Bundesstraße 73 neu definieren.“

Die Gespräche sind bereits im vollen Gange. Und die örtlichen Initiatoren haben längst erkannt, dass es an der Zeit ist, tatsächlich gemeinsame Sache zu machen. Die Hamburg-Invest-Chefin denkt bereits einen Schritt weiter: „Zu so einem Konzept gehören auch Events und Veranstaltungen rund um das Thema Mobilität.“ Durchaus möglich, dass sich daraus eine neue Aufgabenstellung für den channel hamburg e.V. ergeben, der bereits über langjährige Event-Erfahrung verfügt.

>> Web: hamburg-invest.com

Von Wolfgang Becker