Mit Bitcoin & Co. in die Steuerfalle

Herbert Schulte ist Steuerberater und Partner bei Dierkes Partner (Steuerberater, Anwälte, Wirtschaftsprüfer). In Business & People widmet er sich regelmäßig Fachthemen mit Steuerbezug. Foto: Wolfgang BeckerHerbert Schulte ist Steuerberater und Partner bei Dierkes Partner (Steuerberater, Anwälte, Wirtschaftsprüfer). In Business & People widmet er sich regelmäßig Fachthemen mit Steuerbezug. Foto: Wolfgang Becker

Steuerberater Herbert Schulte von Dierkes Partner über das Risiko beim leichtfertigen Umgang mit Kryptowährungen

Kaum ein digitales Thema hat in den vergangenen zwei Jahren für so viel Verwirrung, aber auch Goldgräberstimmung gesorgt wie die Kryptowährungen, mit denen internationale Handelsaktivitäten an den Banken vorbei über das Internet abgewickelt werden können. Die bekannteste digitale Währung sind die Bitcoins, 2009 entwickelt von einem Anonymus, der sich im Internet Satoshi Nagamoto nennt. Niemand weiß bisher, wer sich dahinter verbirgt. Aber immer mehr Menschen kamen vor allem ab 2017 auf die Idee, dass die ungeheuren Wertzuwächse der Bitcoins (englisch für digitale Münze) eine gute Chance sein könnten, schnell das große Geld zu machen. Das Verfahren ist dabei keineswegs neu, es entspricht dem Wertpapierhandel beispielsweise mit Aktien. Die Bitcoin-Kurse steigen mit steigender Nachfrage. Und die Spekulationsgewinne auch – ein steuerliches Thema, wie der Harburger Steuerberater Herbert Schulte, Partner bei Dierkes Partner, betont.

Zunächst einmal gilt: Kryptowährungen sind kein gesetzliches Zahlungsmittel – müssen also nicht akzeptiert werden. Sie sind über spezielle Handelsplattformen weltweit verfüg- und kaufbar, auf denen die Nutzer dann entsprechende Konten anlegen müssen. Beim Erwerb oder Verkauf von Bitcoins (oder anderen digitalen Währungen) werden Gebühren fällig. Der reine Handel mit Bitcoins bestimmt den Kurs, bei steigender Nachfrage geht es bergauf.

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Dem Vernehmen nach wurden am 22. Mai 2010 zwei Pizzen für 10 000 Bitcoins gehandelt – die angeblich erste Transaktion in der Geschichte der Kryptowährung. 2017 kostete eine Pizza 0,0036 und war damit etwa vier Mal so teuer als hätte der Käufer mit US-Dollar bezahlt: Der Bitcoin Wert lag bei etwa 34 Dollar, tatsächlich hätte die Pizza nur gut acht Dollar gekostet. Die Preise sind also mit Vorsicht zu genießen. Das Beispiel zeigt jedoch, mit welch exorbitanter Geschwindigkeit der Bitcoin massiv an Wert gewann.

Das Eingangs-Zitat verdeutlicht, welchen starken Schwankungen die Wertigkeit von Bitcoins ausgesetzt war, nachdem der Hype vor zwei Jahren so richtig losging. Die Kurse schnellten zeitweise in höchste Höhen (siehe Eingangs­zitat), um dann wieder stark einzubrechen. Ende Oktober lag er bei etwa 6500 Dollar. Herbert Schulte: „Bei diesen Schwankungen entstehen schnell zum Teil hohe Kursgewinne. Wenn ich also als Privatmann innerhalb eines Jahres Bitcoins kaufe und mit Gewinn wieder verkaufe, wird die Spekulationssteuer fällig.“

Bei Aktien hilft die Bank . . .

Unabhängig davon, wie so ein System kon­trolliert werden kann, gilt im deutschen Steuerrecht die Anzeigepflicht. Der Vergleich: Wer ein Aktiendepot hält und übers Jahr Papiere kauft und verkauft, erhält eine Übersicht von der Bank, aus der Kursgewinne und Zeiträume ersichtlich werden. Die sollte beim Finanzamt eingereicht werden. Für Kryptowährungen gilt dasselbe, nur dass keine Bank dabei hilft, den Überblick zu behalten. Und das Bitcoin-Phantom Satoshi Nagamoto lässt sich ja auch nicht befragen.

Schulte: „Das heißt konkret: Wenn ich beispielsweise Bitcoins kaufe, muss ich die Menge und den Tageskurs in eine Excel-Tabelle eintragen. Wenn ich verkaufe, gilt dasselbe. Ist die Differenz positiv und das Jahr noch nicht verstrichen, wird die Steuer fällig. Das muss dem Finanzamt angezeigt werden. Und das Verfahren funktioniert auch andersherum: Liegt ein Kursverlust vor, kann ich den als Verlustvortrag im kommenden Jahr bei der Steuerveranlagung geltend machen.“ Der Steuerfachmann geht davon aus, dass die Anzeigeverpflichtung der Krypto-Kursgewinne vielen unbedarften Nutzern gar nicht bewusst ist. Bitcoin & Co. könnten demnach direkt in die Steuerfalle führen: „Wichtig ist, sich vorher richtig beraten zu lassen.“

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Doch der direkte Handel mit Kryptowährungen im Sinne einer Geldanlage und in der Hoffnung auf spekulative Kursgewinne ist nur die eine Seite der Medaille, denn eigentlich sollen die mittlerweile mehr als 1500 verschiedenen und in der Menge jeweils begrenzten digitalen Zahlungsmittel einen schrankenlosen und zudem sicheren (kryptographisch verschlüsselten) Handel im Internet ermöglichen. Wer also für einen Bitcoin im Wert von derzeit 6500 Dollar beispielsweise einen Brillantring kauft, muss diese Transaktion inklusive aktuellem Tageskurs ebenfalls dokumentieren. Richtig unübersichtlich wird dies, wenn der Krypto-Jünger nicht nur eine, sondern vielleicht Hunderte Geschäfte tätigt. Denn auch in diesem Fall wird Spekulationssteuer fällig, wenn der erste eingenommene Bitcoin nach einem Kursanstieg binnen eines Jahres wieder ausgegeben wird. Hier gilt das Prinzip „First in, first out“, um Ordnung in die zeitlichen Abläufe zu bekommen.

„First in, first out“

Herbert Schulte: „Das Nutzen von Kryptowährungen ist an sich völlig in Ordnung, wenn sich die Akteure 100-prozentig sicher sind, was sie da tun, was zu beachten ist und welches Risiko sie eingehen. Die Brisanz dieses Themas ist vor allem im Bereich von Privatpersonen gegeben – Unternehmer wissen mit diesen Themen umzugehen, denn wer zum Beispiel mit Devisen zu tun hat, ist sich auch darüber im Klaren, dass er alles exakt durch die Buchführung schieben und eventuelle Kursgewinne versteuern muss.“wb

Web: www.dierkes-partner.de