Von der (Abmahn-)Welle, die nicht kam . . .

Warnt vor Nachlässigkeit: Dr. Hermann Lindhorst, Fachanwalt für IT-Recht sowie Urheber- und Medienrecht bei SchlarmannvonGeyso. Foto: Wolfgang Becker

Ein Jahr DSGVO: Rechtsanwalt Dr. Hermann Lindhorst (SchlarmannvonGeyso) zieht eine erste Bilanz

Die große Welle der Abmahnverfahren ist nach Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vor einem Jahr ausgeblieben – das sei allerdings kein Grund, dieses häufig als lästig empfundene Thema auf die leichte Schulter zu nehmen, sagt Rechtsanwalt Dr. Hermann Lindhorst von der Harburger Kanzlei SchlarmannvonGeyso. Als Fachanwalt für IT-Recht sowie Urheber- und Medienrecht zog er jetzt vor einem interessierten Kreis in der ElbLOGE am Veritaskai in Harburg ein erstes DSGVO-Resümee.

Vor dem 25. Mai 2018 habe eine „Panikmache sondergleichen“ geherrscht, sagte Lindhorst mit Blick auf die damals prophezeite Welle von Abmahnverfahren. Doch die trat nicht ein. Lindhorst: „Das hat im Wesentlichen zwei Ursachen: Zum einen muss derjenige, der ein Abmahnverfahren anstrengt, absolut sicher sein, dass er nicht selbst gegen die DSGVO verstößt. Die Praxis zeigt: Das gelingt nicht! Zum anderen wurde im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung nicht abschließend geklärt, ob aufgrund der DSGVO nach wettbewerbsrechtlichen Maßstäben abgemahnt werden kann; dies hat zu mehreren sich teilweise widersprechenden Gerichtsurteilen geführt.“

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Lindhorst rät grundsätzlich: „Unternehmen sollten eine gewisse Datenschutzfreundlichkeit demonstrieren. Dabei ist die DSGVO eigentlich ganz simpel: Personenbezogene Daten dürfen nur verarbeitet werden, wenn dies erlaubt ist – entweder durch eine gesetzliche Norm, beispielsweise eine Vertragsdurchführung, oder eben durch die Einwilligung der Betroffenen.“

Drei Fälle in Hamburg

Nach einem Jahr DSGVO sieht es an der Bußgeld-Front unterschiedlich aus: Laut Lindhorst wurden in Baden-Württemberg sieben Bußgelder in Höhe von insgesamt 203 000 Euro verhängt – der Spitzenplatz im Ranking. In Rheinland-Pfalz waren es neun Verstöße (124 000 Euro), in Hamburg drei (25 000 Euro) und im Saarland ebenfalls drei (590 Euro). Der Rechtsanwalt: „Verhängt bedeutet allerdings nicht, dass die ausbezahlt werden – in der Regel wird Widerspruch eingelegt.“ Die Liste zeige jedoch auch, wie unterschiedlich das Thema in den Bundesländern gewertet werde. Von den drei Hamburger Fällen wurde einer mittlerweile wieder zurückgenommen. Lindhorst: „Trotzdem: Es werden Bußgelder verhängt. Das berühmteste übrigens in Frankreich: 50 Millionen Euro gegen Google. Aber das dürfte eher politisch motiviert sein.“

Was die Abmahnungen angeht, sind sich die Gerichte bislang noch uneins. Lindhorst rechnet deshalb mit einer Phase der juristischen Orientierung. Seine Zuhörer wies er zudem auf ein weiteres noch offenes Verfahren hin. Noch ist nicht endgültig geklärt, ob Facebook durch die im Hintergrund stattfindende Sammlung von Metadaten (jeder Like hinterlässt eine Spur) gegen die DSGVO verstößt. In der Folge könnten die sogenannten Fan-Pages von Unternehmen ins Visier der Datenschützer geraten. Der Rat des Anwalts: „Beobachten Sie das Verfahren, und werden Sie aktiv, falls es ein Urteil gegen Facebook gibt.“ wb

Kontakt: lindhorst@schlarmannvongeyso.de

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