Dr. Alexander Stark, Stabsstellenleiter beim Landkreis Harburg und Wirtschaftsförderer, verantwortet das Projekt Zukunftsregion Süderelbe auf kommunaler Ebene.
Sechs Millionen Euro klingt ja erstmal ganz ordentlich, aber wenn wir uns die Region anschauen, fehlt da eigentlich eine Null. Was soll mit dem Budget finanziert werden?
Wir wollen auf jeden Fall drei Projekte unterstützen, sind aber auch offen für andere. Es geht darum, die Lücken in der Innovationslandschaft zu schließen und die aufgedeckten Defizite wenigstens ein Stück weit zu beheben. Dazu sollen Räume geschaffen werden, die einen guten Rahmen für ein Innovations-Ökosystem schaffen. Unser Konzept sieht vor, bereits bestehende innovative Orte aufzuwerten und eine entsprechende Infrastruktur zu schaffen. Ein Sonderfall ist sicherlich der TIP Innovationspark, der als Technikum gerade erst entsteht. Aber das 5G-Campusnetz ist bereits da – zurzeit noch in einem Container, aber da könnte auch ein Haus mit Büros und Werkhallen drumherum gebaut werden.
Demnach ist das Budget für die Zukunftsregion eher für bereits bestehende Einrichtungen gedacht – und nicht für Unternehmen, richtig?
Die Förderrichtlinie sieht sogar explizit vor, dass keine einzelbetriebliche Förderung möglich ist. Man muss sich immer im Verbund um Fördermittel bewerben, da können dann auch Unternehmen beteiligt sein. Es gibt ja andere Einrichtungen, wie beispielsweise die Deutsche Forschungsgesellschaft, die mit Millionenmitteln gefördert werden. Diese gilt es, hier in die Region zu ziehen.
Das klingt nach einem Digital-Booster für den ländlichen Raum. Wenn jetzt ein konkreter Antrag gestellt und bewilligt wurde – wohin fließt der erste Euro? Eher in Beton oder Technik? Oder auch in Personal – werden mit dem Geld Stellen finanziert?
Es ist beides möglich, weil das Budget aus verschiedenen EU-Töpfen kommt. Wir denken im Kern über drei konkrete Standorte nach, die aber vernetzt werden sollen. Als Sahnehäubchen kann man sich da auch Personen vorstellen, die diese Vernetzung umsetzen, die Veranstaltungsformate aufsetzen und Team- und Netzwerktreffen organisieren.
Die drei Projekte betreffen den 3D-Druck in Lüneburg, die Materialwirtschaft in Stade und den 5G-Campus im Landkreis Harburg. Bislang steht doch jedes für sich, oder?
Nun könnte man darüber nachdenken, ob nicht bei knapper werdenden Mitteln beispielsweise ein gemeinsames Backoffice allgemeine Aufgaben für alle drei abwickelt. Muss denn jeder die Rechnungsstellung selbst machen? Oder macht es Sinn, eine gemeinsame Servicegesellschaft zu gründen?
Wie erklären Sie sich die gefühlt plötzliche Bereitschaft, solche Projekte kreisübergreifend an den Start zu bringen? Erleben wir gerade ein neues kommunales Zeitalter der Kooperation und Kollaboration?
Ganz neu ist es ja nicht, mit der Süderelbe AG haben wir ja so eine Einrichtung schon länger. Sie übernimmt als Projektpartner jetzt auch das Regionalmanagement.
Ja, aber es macht den Eindruck, als gebe es eine Art Kooperationsdruck – eventuell infolge der aktuellen Krisen?
Jein, zumindest ist es in den Gesprächen vordergründig kein Thema.
Beim Thema LNG-Terminal musste infolge der Energiekrise ganz plötzlich schnell gehandelt werden, um ein gemeinschaftliches Problem zu lösen. Das ist offenbar im Sinne der Region gelungen. Zurück zu den drei konkreten Projekten im Konzept und zu deren Vernetzung: Wie korrespondiert dieser Plan eigentlich mit dem Breitbandausbau in der Region – da haben wir doch noch ein paar weiße Flecken.
Ja, das stimmt. Aber da gibt es keinen Zusammenhang. Die drei Projekte funktionieren für sich
gut . . .
. . . sollen ja aber vernetzt werden. Und Unternehmen sitzen überall.
Das ist der Punkt: Wir wollen es schaffen, dass die 3D-Drucker in Lüneburg über ein 5G-Netzwerk in Buchholz angesteuert werden können, wo Unternehmen beispielsweise in einem abgeschlossenen virtuellen Raum Anwendungen mit Maschinen testen können. So etwas kann ich in Dahlenburg, Königsmoor oder Harsefeld nicht anbieten. Es hängt also nicht nur von der Leitung ab. Aber eines stimmt natürlich: Die Idee, man könne doch von überall arbeiten, hängt entscheidend von den Bandbreiten ab.
Das Land Niedersachsen hat die Region Süderelbe als Zukunftsregion anerkannt. Damit kann die Gemeinschaftsinitiative aus den Landkreisen Harburg, Stade, Lüneburg, der Hansestadt Lüneburg und der Süderelbe AG Fördermittel beim Land Niedersachsen zur Umsetzung von Leitprojekten im Rahmen des Konzepts „Zukunftsregion Süderelbe – Die Region als Open Creative & Innovative Space“ beantragen. Lead-Partner ist der Landkreis Harburg. Birgit Honé, Niedersächsische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung, übergab den Anerkennungsbescheid an Landrat Rainer Rempe (Landkreis Harburg), Landrat Jens Böther (Landkreis Lüneburg), Matthias Reichert (Wirtschaftsförderung Landkreis Stade), Rainer Müller (Hansestadt Lüneburg) und Dr. Olaf Krüger, Vorstand der Süderelbe AG. Nun kann die konkrete Arbeit beginnen, um das Konzept umzusetzen und Projekte zu verwirklichen. Dazu haben die Akteure sieben Jahre lang Zeit. Im Kern geht es darum, die hohe Präsenz der Wissenschaft im urbanen Bereich auch in den ländlichen Bereich zu tragen und der Wanderbewegung von jungen Familien zurück aufs Land Rechnung zu tragen. Kurz: Es geht um wissenschaftliche Expertise in der Fläche.