Eine Frage der Philosophie

Foto:B&P

Im B&P-Gespräch: Florian Kissing, Inhaber von Architekten Horneburg, und Mitarbeiterin Clara Droop.

Das Gespräch mit Florian Kissing, Architekt aus Horneburg, findet in einem lichtdurchfluteten Anbau statt, der die Räume einer alten Backsteinvilla, Baujahr 1912, an der Issendorfer Straße erweitert. „Holzrahmenbauweise“, sagt er und erläutert, warum ihm alte Gebäude besonders am Herzen liegen: „Man muss nicht immer alles abreißen und neu bauen. So ein altes Haus stellt doch auch einen Wert dar.“ Das Büro Architekten Horneburg kommt ursprünglich aus dem Bereich der Sanierung, entwickelt aber bereits seit Jahren Neubauten – gerne in Holzrahmenbauweise, aber auch klassisch Stein auf Stein. Ein aktuelles Projekt sorgt besonders für Aufsehen: der Jurtenkindergarten in Hedendorf (siehe auch Seite 24).

Mit dem Kita-Projekt beschäftigt sich unter anderem Clara Droop. Die 27-Jährige hat ihren Bachelor of Engeneering mit Fachrichtung Architektur bereits in der Tasche und kämpft sich jetzt durch die sogenannte Leistungsklasse drei – die Verfeinerung der Entwurfsplanung. Wie es dazu kam, dass die Horneburger Architekten das Projekt in Hedendorf umsetzen dürfen, erläutert Florian Kissing: „Die Stadt Buxtehude hatte den Bau eines Naturkindergarten in Modulbauweise ausgeschrieben. Das fand ich spannend. Meine Kinder waren schließlich auch im Waldkindergarten. Und so haben wir uns beworben.“

Das Büro Architekten Horneburg bekam den Zuschlag und machte sich an die Arbeit. Kissing: „Modulbauweise bedingt Holzrahmenbauweise – das war klar. Da haben wir mehrere Jahrzehnte Erfahrung. Aber wir stießen sehr schnell auf viele Probleme. Zum Beispiel die Frage der Wasserver- und -entsorgung. Und die Vorgabe, dass die Module auch wieder abgebaut und woanders zusammengebaut werden sollten. Bei unserer Recherche stießen wir dann auf das Konzept von LivingCircles. Die hatten all diese Fragen schon gelöst.“ Mit dem Jurtenkindergarten in Hedendorf realisiert das Horneburger Architektenbüro ein bundesweites Pionierprojekt, denn in dieser Größe ist das LivingCircles-Konzept noch nie umgesetzt worden.

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Die Mannschaft um Florian Kissing entwickelte nicht nur einen Plan, wie die fünf Module durch Holzstege miteinander verbunden werden, sondern auch ein städtebauliches Konzept, denn das Grundstück liegt im Landschaftsschutzgebiet und grenzt an ein Naturschutzgebiet. Außerdem machte sich Clara Droop an eine Reihe eindrucksvoller Visualisierungen, ihre Spezialität. Sie sagt: „Das Projekt hat es in sich: Es gibt quasi kaum einen rechten Winkel.“

Die einzelnen Module werden so aufgebaut, dass sie rückstandslos wieder aus der Landschaft verschwinden können. Florian Kissing: „Wir haben also keine üblichen Fundamente, sondern setzen den ganzen Kindergarten auf vier bis sechs Meter lange Schraubfundamente.“ Die größte Herausforderung für die Planer: „Wir müssen die Philosophie des Naturkindergartens verstehen“, sagt der Architekt. So könnten nach der Nutzung alle Materialien wieder dem Naturkreislauf zugeführt werden – das sei das Grundprinzip von LivingCircles. Kissing: „Das kommt auch unserer Philosophie entgegen.“

Zurück in den Naturkreislauf

Mit der Holzrahmenbauweise beschäftigt sich Architekten Horneburg bereits seit mehr als 20 Jahren. Florian Kissing: „Wir machen allerdings alles: vom Carport bis zum Ärztehaus in Massivbauweise.“ Es ist einem Zufall zu verdanken, dass Kissing und sein sechsköpfiges Team immer wieder große Projekte in Berlin und Brandenburg bearbeiten. Dort sind sie nach der Premiere vor 13 Jahren immer weiterempfohlen worden und haben mittlerweile mehrere Ärztehäuser gebaut. Klassische Neubauten Stein auf Stein. Er sagt: „Wir bauen aber auch viel im Bestand – wie aktuell das alte Hotel Sievers in Jork. Das machen wir jetzt wieder hübsch.“

Ein weiteres Top-Projekt steht in Zossen/Brandenburg an. Dort befindet sich ein altes Scheunenviertel – ein Gebäudeensemble aus elf alten Durchfahrtscheunen. Diese Viertel waren früher vielfach in der Landwirtschaft zu finden. Doch als sie unter Denkmalschutz gestellt werden sollten, waren plötzlich nur noch wenige übrig. Eines davon baut Architekten Horneburg um – zu einem Wohnquartier. Die Zeichnungen verraten: Das wird ein architektonisches Gesamtkunstwerk, auf das sich die Brandenburger jetzt schon freuen dürfen. So wie die Hedendorfer auf ihren Jurtenkindergarten . . . wb

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>> Web: https://architektenhorneburg.de/