„Die Krisen hatte keiner auf dem Zettel“

Orientierung im Förderdschungel: Wirtschaftsförderin Katja Link will sich dafür einsetzen, dass Unternehmen im Cuxland mehr von gut gefüllten Fördertöpfen profitieren. Foto: Gallas

Was die oberste Wirtschaftsförderin im Kreis über das Potenzial im Cuxland denkt.

Von Katja Gallas

Wo haben die Krisen im Cuxland 2022 besonders zugeschlagen – und welches Potenzial sieht die oberste Wirtschaftsförderin im Kreis Cuxhaven? Was Katja Link besonders überrascht hat, verrät die 52-Jährige im Gespräch.

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Sie haben die Geschäfte im Oktober 2021 übernommen, noch mitten in der Corona-Pandemie. Krieg und Energiekrise kamen 2022 dazu. Kein einfaches Jahr, um sich in einen neuen Job einzuarbeiten. Wie ist Ihnen das gelungen?

Aus meiner Sicht ist mir das gut gelungen. Ich habe zu Beginn sehr intensiv das Gespräch mit den Kollegen gesucht. Auch wenn das durch die Pandemie und Homeoffice nicht immer leicht war. Für einen Einstieg könnte man sicherlich einen besseren Zeitpunkt treffen (lacht). Zuvor bin ich auch bei der Sparkasse sehr zufrieden gewesen. Als Leiterin des Firmenkundenbereichs habe ich mit Wirtschaftsakteuren im Landkreis und Bremerhaven zu tun gehabt. Dennoch habe ich den Wechsel zum Landkreis – und auch in dieser Zeit – nicht bereut. Meine Flexibilität und Anpassungsfähigkeit passen ganz gut zu meinen jetzigen umfangreichen Aufgaben.

Was hat Sie überrascht?

Die Krisen hatte keiner auf dem Zettel. Was mir aber auch nicht bewusst war, ist, mit wie vielfältigen Themen wir unterwegs sind. Wir arbeiten viel in Netzwerken, um Themen über mehrere Landkreise hinweg zu erarbeiten. Darunter auch das Wasserstoffnetzwerk. Wir müssen das Thema Fachkräftesicherung angehen. Dazu gehört, sich zu fragen, wie wir uns besser aufstellen können, damit Menschen in die ländliche Region kommen. Aber auch, uns an neue Technologien anzupassen. Wir begleiten den Transformationsprozess von Unternehmen. Zum Beispiel ermutigen wir Unternehmen, ihre Auszubildenden mit Wasserstoffanwendungen in Kontakt zu bringen. Denn auch die Ausbildungen müssen umgebaut werden. Es ist superspannend, dass wir so vielfältig unterwegs sind.

Und wie hat das Cuxland ein Jahr der multiplen Krisen gewuppt?

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Fast alle Unternehmen sind recht ordentlich durchgekommen, weil die Rettungsschirme unter Corona gut funktioniert haben und die Liquidität relativ schnell gesichert werden konnte. Vereinfachter Zugang zu Kurzarbeit hat auch geholfen. Haben wir nicht alle geglaubt, es müsse sehr viele Insolvenzen nach Corona geben? Doch die meisten haben es geschafft. Wie sich die Energiekrise auswirkt, wird sich erst in diesem Jahr zeigen.

Wo sind die multiplen Krisen im Kreis am deutlichsten sichtbar geworden?

Die Gastronomie ist stark getroffen. Fachkräfte fehlen, da sich Mitarbeiter während der Pandemie umorientiert haben. In der Folge haben viele ihre Öffnungszeiten reduziert. In der Landwirtschaft hat sich auch ein Problem verstärkt: Viele finden keine Hofnachfolge. Außerdem sind Futtermittel und Dünger wahnsinnig teuer geworden. Es ist für viele Landwirte gerade sehr schwer, da die Kostensituation unsicher ist.

Sind Regionen besser weggekommen als andere?

Das ist schwer zu sagen. Grundsätzlich ist alles, was sehr ländlich ist – also sich nicht innerhalb einer guten Anbindung befindet – immer krisenanfälliger.

Ist 2022 dennoch ein gutes Wirtschaftsjahr für den Kreis gewesen?

Ich glaube, es ist in Anbetracht der Situation nicht richtig, von einem guten Wirtschaftsjahr zu

sprechen. Das darf man nicht nur vom Umsatz abhängig machen. Viele standen und stehen vor großen Herausforderungen. Aber ich denke, das Cuxland ist gut durchgekommen.

Wie hat sich die Tourismus-Branche im vergangenen Jahr geschlagen?

Die Branche ist sehr zufrieden mit den Umsatz- und Übernachtungszahlen. Die Freude, wieder Urlaub machen zu können, hat sich hier gezeigt. Wobei man auch unterscheiden muss: Bin ich in erster Reihe an der Nordseeküste, in zweiter oder im Hinterland? Aber insgesamt war es ein gutes Jahr.

Im Antrittsinterview sagten Sie, Sie müssten erst einmal sehen, wo akuter und langfristiger Handlungsbedarf besteht. Sehen Sie mittlerweile klarer?

Es hat sich das bestätigt, was ich auch schon aus meiner vorherigen Tätigkeit mitgenommen habe: Wie bekomme ich das Thema Förderung besser zu den Unternehmen transportiert? Ich bin der Meinung, dass wir Fördertöpfe in Zukunft besser ausschöpfen und mehr Anträge stellen müssen. Dazu müssen wir erst mal bekannter machen, was in diesem Förderdschungel alles gefördert werden kann. Deswegen haben wir eine Kollegin, die proaktiv auf die Unternehmen zugeht und Innovationsberatungen macht. Wir analysieren, wo Unternehmen sich effizienter aufstellen können, um zukunftsfähig zu werden – und wo sie dafür Förderungen erhalten.

Für welche Themen schlägt ihr Herz besonders?

Mein Herz schlägt für viele Themen. In erster Linie zieht es einen aber wohl immer dahin, wo man auch herkommt. Das ist die Wirtschaftsförderung, das Gespräch mit den Unternehmen und das Spezialthema Innovationsberatung. Damit begleiten wir maßgeblich den Umstieg zur Klimaneutralität in unserer Region. Ganz wichtig finde ich auch das Thema Koordinierungsstelle Frauen und Wirtschaft, die Frauen dabei unterstützt, zurück in den Arbeitsmarkt, angestellt oder als Selbstständige, zu finden.

Verkehrsinfrastruktur ist für die Wirtschaft eines Landkreises in Randlage ein wichtiger Faktor. Spielt das Thema bei Ihnen eine Rolle?

Es gibt viele Überschneidungen von Themen der Wirtschaftsförderung und Mobilität. Wie kann man Touristen im Landkreis besser transportieren? Wie sieht bedarfsgerechter ÖPNV für Arbeitnehmer aus? Deswegen haben wir im Oktober 2022 den Bereich ÖPNV vom Amt Bauaufsicht und Regionalplanung übernommen. Ein spannendes Feld, mit dem wir uns 2023 stark befassen wollen.

Auf schnelles Internet können Unternehmen nicht mehr verzichten. Was bedeutet der plötzliche Stopp des Förderprogramms zum Ausbau des schnellen Internets aus ihrer Sicht für die Wirtschaft im Cuxland?

Das ist ein temporärer Stopp. Wir wissen von allen kreisangehörigen Kommunen, dass sie weiterhin den Breitbandausbau vorantreiben wollen. Das heißt, wir springen dann auch in die Bütt. Das Einzige, worauf wir warten, sind die neuen Richtlinien. Die Töpfe sind gut gefüllt und um Ostern herum wird die Sache klarer werden. Wir sind im Landkreis Cuxhaven sehr weit mit dem Breitbandausbau. Deutlich weiter als in anderen Gebieten. Vor diesem Hintergrund muss man jetzt nicht bange sein. Aber es ist natürlich schade, weil Zeit verloren geht.