„Wirtschaft ist für die Menschen da . . .

Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Professor Dr. Wolfgang Huber (74), referierte beim Jahresempfang der Sparkasse Harburg-Buxtehude zum Thema "Ethisches Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft". Fotos: Wolfgang Becker

. . . und nicht der Mensch für die Wirtschaft“ – Ethik-Experte Wolfgang Huber spricht auf dem Jahresempfang der Sparkasse Harburg-Buxtehude.

Von Wolfgang Becker

Das Thema hat eine aktuelle Brisanz, die sich vor einigen Jahren noch kaum jemand hätte vorstellen können: „Ethisches Handel in Wirtschaft und Gesellschaft“. Mit Professor Dr. Wolfgang Huber präsentierte die Sparkasse Harburg-Buxtehude auf ihrem traditionellen Jahresempfang bei Lindtner in Harburg einen versierten Fachmann und Botschafter in Ethikfragen. Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands arbeitet trotz seiner mittlerweile 74 Jahre als Publizist und Theologie-Professor. Vor mehr als 500 Gästen lieferte er eine punktgenaue Analyse der aktuellen Situation und sparte auch nicht mit praktischen Beispielen. Der Dieselskandal von VW zeige aktuell auf, wie es dem Menschen gelungen sein, Maschinen das Lügen beizubringen.

Traditionell sehr gut besucht: Mehr als 500 Gästen kamen Jahresempfang der Sparkasse.

 

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Heinz Lüers, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Harburg-Buxtehude, nahm in seiner Einführungsrede ebenfalls kein Blatt vor den Mund. Der Wahlkampf in den USA markiere einen neuen Tiefpunkt von Ethik und Moral, und er habe den Eindruck, dass diese Phase auch nach der Übernahme des Präsidentenamtes durch Donald Trump anhalte. Lüers: „Ist das die neue Realität? Auch in Deutschland?“ Auch er streifte das Thema, das seit Monaten omnipräsent ist: der Abgasskandal von VW. Lüers: „Wirtschaftlicher Erfolg darf nicht gegen die Interessen der Gesellschaft stehen.“

Gastredner Wolfgang Huber (links) und Gastgeber Heinz Lüers, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Harburg-Buxtehude, vor dem Auditorium.

Huber, 1942 in Straßburg geboren und in Freiburg aufgewachsen, gilt in Deutschland als ethische Instanz. Viele Jahre war er Mitglied im Deutschen Ethikrat – ein Thema, das ihn bis heute bewegt: „Es hat zu allen Zeiten immer wieder einen Wertewandel gegeben. Aber wir tappen in die Falle, wenn wir von Werteverfall sprechen. Trotzdem habe auch ich das Gefühl: So herausgefordert wie zurzeit waren wir noch nie.“ Verantwortlich seien dafür drei zeitgleiche Prozesse: eine dramatische Pluralisierung der Einstellungen als Folge der Globalisierung, ein ebenso dramatischer technologischer Wandel mit hohem Beschleunigungspotenzial als Folge der Digitalisierung und eine dramatische Ökonomisierung, die zur Folge habe, dass vielfach Profitmaximierung und Shareholder value das Geschehen in der Wirtschaft bestimmten.

Huber: „Um nicht missverstanden zu werden: Zur ethischen Verantwortung gehört es, profitabel zu arbeiten. Denn das ist im Interesse aller. Aber: Die Wirtschaft ist für die Menschen da – und nicht der Mensch für die Wirtschaft.“ Der Referent nutzte die Gelegenheit, auch gleich mit einem weiteren Modebegriff aufzuräumen: „Ich habe ein Problem mit dem Begriff Work-Life-Balance, denn er trennt Arbeiten und Leben. Als ob das Arbeiten nicht zum Leben dazugehört.“

Mehr zum Thema Ethik lesen Sie am 31. März in der nächsten Ausgabe von Business & People.