„Es ist wichtig, dass im Hafen auch gut verdient wird“

Foto: Scheschonka41 Millionen Euro will Eurogate allein in Bremerhaven einsparen. Wenn es zu Personalabbau kommt, erwartet Bremens Häfensenatorin Claudia Schilling (SPD) sozialverträgliche Lösungen. || Foto: Scheschonka

Im Interview: Claudia Schilling (SPD), Senatorin für Wissenschaft und Häfen des Landes Bremen

Von Claus Mündelein

Derzeit verhandeln Eurogate und die HHLA über eine Kooperation. Die Hafenwirtschaft forderte von der Politik eine klare Position. Die hörte man von der Wirtschaftssenatorin: Bremens Einfluss müsse auch künftig 50 Prozent umfassen. Dann wurde es wieder still bei dem Thema. Hat das Land einen Plan?

Ich habe den Eindruck, dass man in der Öffentlichkeit gedanklich schon sehr viel weiter ist, als es die Gespräche zwischen den beiden Unternehmen derzeit tatsächlich hergeben. Die Politik und ich als Hafensenatorin sind natürlich eingebunden und wir begleiten den Prozess. Tatsächlich ist der über die ersten Sondierungen aber noch gar nicht hinausgegangen. Das sind interne Unternehmensgespräche, die aber erst einmal einen gewissen Stand haben müssen, damit wir sie bewerten können. Im Vorwege haben wir dafür natürlich grobe Leitplanken eingezogen: Es müssen Gespräche auf Augenhöhe sein. Das bedeutet: Eurogate und HHLA halten im Falle einer wie auch immer aussehenden Kooperation künftig jeweils 50 Prozent.

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Aber Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt hatte mit den 50 Prozent den Einfluss des Landes Bremen umrissen. Derzeit hält das Land über die BLG 50 Prozent an Eurogate, so dass es an der neuen Gesellschaft von Eurogate und HHLA faktisch nur 25 Prozent beeinflussen könnte.

Deshalb sage ich: 50 Prozent Eurogate, 50 HHLA. Das ist eine der Leitplanken, die so im Senat abgestimmt ist.

Es hätte ja sein können, dass die BLG weitere Teile von Eurogate übernimmt oder dass Eurokai bei Eurogate aussteigt und die BLG alles übernimmt.

Darüber haben wir keine Erkenntnisse. Aber Sie haben recht: Viele Akteure machen sich darüber Gedanken, was alles hätte sein können. Entscheidend ist doch aber, wie die betroffenen Unternehmen dies bewerten. Für uns als Senat ist entscheidend, dass man sich im definierten Rahmen bewegt.

Welche weitere Leitplanke haben Sie festgelegt?

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Eine andere Leitplanke besagt: Es muss einen Unternehmenssitz in Bremen geben. Außerdem ist uns der Erhalt der Mitbestimmung wichtig. Das sind die wesentlichen Punkte. Wenn man sich über diese Vorgaben nicht einigen kann, werden die Gespräche auch nicht fortgesetzt. Deshalb möchte ich es an dieser Stelle noch einmal betonen: Es gibt derzeit nur Sondierungsgespräche, bei denen es um diese Grundsätze geht.

Was vielen bei dem Grundsätzlichen bislang fehlte, waren klare Aussagen darüber, was die Fusion eigentlich bringen soll. Da sind die starken Reederei-Konsortien auf der einen Seite und die effektiven Westhäfen auf der anderen Seite. Was können Eurogate und HHLA denn nun Neues bieten, wenn sie zusammengehen? Dadurch werden sie ja nicht automatisch attraktiver, schneller oder preiswerter.

Das Ziel der Gespräche ist nicht nur für die beiden Unternehmen, sondern ebenso für den Senat Bremens und auch für den Hamburger Senat glasklar: Es geht um eine Stärkung beziehungsweise Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit und damit um nicht weniger als die Zukunftssicherung der Unternehmen. Die Möglichkeiten und Details dazu sollen die Verhandlungen zwischen Eurogate und HHLA aufdecken: Wo gibt es Synergien? Wie können wir uns aufstellen, dass wir als starkes Unternehmen dieser Marktmacht der Reedereien etwas entgegensetzen können. Wo können wir effektiver werden?

Aber diese Frage wird ja derzeit bei Eurogate ohnehin gestellt. Auch um in der Lage zu sein, auf Augenhöhe mit der HHLA zu verhandeln.

Aber nicht nur deshalb. Eurogate muss nach 20 Jahren erfolgreicher Unternehmenstätigkeit angesichts der stark veränderten Marktsituation auf diese Fragen Antworten finden und Maßnahmen ergreifen, auch wenn es nicht zur Fusion kommen sollte.

Eurogate will sich neu aufstellen. Allein in Bremerhaven sollen 41 Millionen Euro eingespart werden. Eurogate will schneller und preiswerter werden. In der Belegschaft besteht die Sorge, dass es am Ende doch um Stellenabbau geht. Was erwarten Sie?

Ich bin in sehr intensiven Gesprächen mit dem Betriebsrat von Eurogate. Ich lasse mich da auch über Ansichten und Befürchtungen der Mitarbeiter informieren, das ist mir ganz wichtig. Der Betriebsrat kann mich auch ansprechen, wenn es Probleme gibt, bei denen ich vermitteln könnte. Derzeit gibt es ein Konzept der Eurogate-Leitung, das mit dem Betriebsrat erörtert wird. Man muss jetzt erst einmal beiden die Chance geben, darüber zu diskutieren und zu verhandeln, bevor man das bewertet. Ich habe den Eindruck, dass auch der Betriebsrat weiß, dass es zum Stellenabbau kommen wird. Mir ist dann wichtig, dass das sozialverträglich abläuft, dass die Lösungen für den Betriebsrat tragfähig sind. Ich sehe meine Aufgabe darin, den Prozess in dieser Form zu begleiten.

Die Automatisierung spielt bei diesem Thema auch eine Rolle. Viele Arbeitnehmer haben davor Angst, viele wissen aber auch, dass Bremerhaven ohne Automatisierung abgehängt wird. Was erwarten Sie? Welche Vorarbeiten sind notwendig? Angeblich sollen ja die Gleise auf dem Eurogate-Terminal einer Automatisierung im Weg stehen.

Im Hafen gibt es ständig Veränderungen wie beispielsweise bei den Schiffsgrößen oder bei den Containerbrücken. Das ist auch gut so. Denn der Hafen muss wettbewerbsfähig bleiben. Ich sehe in der Digitalisierung eine Chance. Und auch da bin ich mir mit dem Betriebsrat einig: Wir wissen, es muss Automatisierung und Digitalisierung geben, damit der Hafen wettbewerbsfähig bleibt. Sie haben Rotterdam angesprochen. Die sind da schon weiter. Und ja, ich bin der Überzeugung, dass Bremerhaven dabei berücksichtigt wird. Denn die Terminalbetreiber haben immer wieder enorm viel investiert auf dem Terminal, zuletzt zum Beispiel in neue Containerbrücken bei NTB und in ein neues Betriebssystem bei Eurogate.

Dennoch bleibt angeblich das Problem mit den Gleisen auf dem Terminal.

Nach meiner Erkenntnis gibt es derzeit kein Problem mit den Gleisen. Jedenfalls stehen sie nicht grundsätzlich einer Automatisierung im Weg. Es bestehen aber Überlegungen, auch im Bereich der älteren Terminals, im Bereich CT 2/3, eine ähnliche Bahnverladeanlage wie im Bereich CT 4 zu errichten. Der Platz dafür ist vorhanden, so dass auch hier die Möglichkeit einer weiteren deutlichen Leistungssteigerung gegeben ist. Die bestehenden Gleise auf dem Terminal sind davon nicht betroffen. Denn es geht nicht um einen Ersatz, sondern um eine Ausweitung des Angebots. Ich möchte in dem Zusammenhang betonen, dass Bremerhaven über die Schiene sehr viele Container ins Hinterland bringt. Die Schienenanbindung ist eine der großen Stärken Bremerhavens. Kaum ein Hafen der Welt erreicht einen so hohen Bahnanteil im Hinterlandverkehr wie Bremerhaven. Diese Stärke weiter zu profilieren ist eines unserer zentralen Ziele.

Eurogate will mehr Effizienz. Das scheint ja offenbar nebenan am North Sea Terminal Bremerhaven besser zu klappen. Was machen die anders? Mehr Planungssicherheit durch das ausschließlich von Maersk genutzte Terminal ist hilfreich, erklärt aber nicht alles. Gibt es dort bessere und effizientere Schichtmodelle? Längere Schichten mit weniger Übergabezeitverlust?

Genau solche Fragen sind Bestandteil des Prozesses, mit dem Eurogate derzeit die Effizienzfragen angeht.

Nicht nur Eurogate-Mitarbeiter befürchten Jobverlust und Lohneinbußen. Auch die Kollegen beim Gesamthafenbetriebsverein, der Personalreserve des Hafens, haben diese Sorgen. Beim GHB heißt es, es gehe um einen Angriff auf die Hafentarife. Sind die Löhne insgesamt im Hafen zu hoch?

Wir haben im Hafen traditionell gute Arbeitsplätze, und das ist wichtig für Bremerhaven. Und es ist wichtig, dass im Hafen auch gut verdient wird. Deshalb habe ich auch immer gesagt: Der GHB hat eine wichtige Funktion im Hafen. Ich hatte mir gewünscht, dass man sich im Vorfeld auf das Sanierungskonzept für den GHB einigt. Jetzt ist es ein geordnetes Insolvenzverfahren, das wir nicht beeinflussen können. Aber darin kann auch eine Chance liegen. Wichtig ist mir, dass der GHB strukturell und finanziell so aufgestellt wird, dass er dauerhaft am Markt bestehen kann.

Im Koalitionsvertrag steht ausdrücklich, dass die Landesregierung den GHB erhalten und Leiharbeit aus dem Hafen heraushalten will.

Das ist auch so. Indem ich den GHB erhalte, verhindere ich Leiharbeit im Hafen. Auch bei diesem Thema bin ich im Austausch mit dem GHB-Betriebsrat.