Mit Verstößen gegen Corona-Regeln bringen Mitarbeiter ihre Arbeitgeber in ein Dilemma

Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachsen e.V.Der Jurist und stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Arbeitgeberverband (AV) Lüneburg-Nordostniedersachsen Martin Schwickrath || Foto: Arbeitgeberverband Lüneburg-Nordostniedersachsen e.V.

Rechtslage ist noch nicht geklärt.

Als hätte es Corona nie gegeben – gerade bei den sommerlichen Temperaturen vergisst manch einer die Abstandsregeln einzuhalten, wie man es in fast jeder Stadt beobachten konnte. Was viele in der Partystimmung nicht bedenken: Sie gefährden dabei womöglich nicht nur ihre Gesundheit, sondern auch ihren Arbeitsplatz. Denn wenn sich tatsächlich ein Mitarbeiter mit Covid 19 infiziert und der kleine Betrieb, in dem er tätig ist, dann vorübergehend unter Quarantäne gestellt wird,  kann das in Zeiten schlechter Auftragslagen und Kurzarbeit für manche Firmen und die dort beschäftigten übrigen Mitarbeiter durchaus existenzbedrohend sein. Und auf die Party folgt der große Kater.

Doch was kann ein Arbeitgeber tun, wenn etwa der Angestellte am Montag damit prahlt, am Wochenende mal so richtig gefeiert zu haben? „Arbeitsrechtlich ist das alles Neuland“, sagt Martin Schwickrath, Jurist und stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Arbeitgeberverband (AV) Lüneburg-Nordostniedersachsen. Und für den Chef eines Unternehmens sei die Situation deshalb ein „ziemliches Dilemma“.

Denn zum einen habe der Arbeitgeber natürlich eine Fürsorgepflicht für seine Belegschaft und Sorge dafür zu tragen, dass seine Mitarbeiter nicht zu Schaden kommen. Da wäre es eigentlich nur konsequent, den Feierwütigen vorsorglich nach Hause zu schicken. „Aber nur weil ich weiß, dass er irgendwo Party gemacht hat werde ich das arbeitsrechtlich nicht verwerten können“, erklärt Schwickrath. An eine Freistellung, Abmahnung oder gar Kündigung sei ohnehin nicht zu denken, „denn zum einen weiß ich ja gar nicht, ob er infiziert ist und schon gar nicht kann ich ihm Vorsatz unterstellen – etwa, dass er dort hingegangen ist, um sich anstecken zu lassen“. Die Beweispflicht, in der der Chef steckt, lässt sich praktisch nicht erfüllen. Ganz abgesehen davon, dass man von keinem Mitarbeiter einfordern kann, sich auf Corona testen zu lassen.

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Der Jurist empfiehlt Unternehmern stattdessen, präventiv tätig zu werden. „Man sollte mit den Mitarbeitern vorab sprechen und ihnen verdeutlichen, in welch schwierige Situation sie den Arbeitgeber und die anderen Kollegen mit einem solchen Verhalten bringen können“, so Schwickrath. „Denn es muss ja im Interesse aller sein, dass der Betrieb läuft und auch die Kollegen gesund bleiben.“ Zumal unter letzteren ja auch Risikopersonen sein könnten.

„Kommunikation ist in dieser Phase wichtiger denn je. Dazu gehört auch, sich in die Situation und Motivation des Arbeitnehmers hineinzuversetzen“, sagt Karin Haas, beim Arbeitgeberverband unter anderem als Mediatorin tätig. Bei ihr fragten Unternehmer in den vergangenen Wochen auch an, ob sie angesichts drohender Corona-Infektionen Mitarbeitern auferlegen könnten, bestimmte ferne Urlaubsziele zu meiden. „Man kann die Kollegen da nur sensibilisieren, vorschreiben kann man ihnen nicht, auf den Flug zu verzichten“, erläutert Haas. Anders sei es, wenn für die Rückkehr aus dem Urlaubsland von vorneherein noch eine 14-tägige Quarantäne angeordnet sei: „Das muss er dann für sich selbst organisieren, zur Arbeit muss er pünktlich wieder erscheinen.“

Und wenn der Mitarbeiter völlig uneinsichtig und weiter in großen Menschenansammlungen unterwegs ist? Über die arbeitsrechtlichen Konsequenzen könne man nur spekulieren, sagt Jurist Schwickrath: „Das ist alles durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt.“ Wenn allerdings im Umfeld des betroffenen Arbeitnehmers sich jemand infiziert hat, hält er eine vorübergehende Freistellung für verhältnismäßig. Hier müsse man sich den Einzelfall anschauen. Der Arbeitgeberverband berät seine Mitglieder zum Umgang mit dem Themenkomplex.