Digitale Verschwörung!

Foto: TutechIm B&P-Interview: Martin Mahn hat Innovationen stets im Blick. Foto: B&P

Oder: Kochschinken für 99 Cent . . .

Von Martin Mahn, Geschäftsführer der Tutech Innovation GmbH und der Hamburg Innovation GmbH

Neulich bekam ich mal wieder Post. Ja – so ganz echt im Papierumschlag. Einen Werbebrief von der Telekom Deutschland. Meistens gehen Briefe im Papierwust meines Briefkastens unter (außer – na klar – Rechnungen). Der wird inzwischen genauso zugespamt, wie mein elektronisches Postfach. Verstopft mit Tonnen von Werbung. Gefühlt zehn Kilo Papier je Woche. Der Mist lässt sich leider nicht ab(be)stellen, und es gibt auch keinen physikalischen Spamfilter. Ich habe jetzt die blaue Tonne direkt neben den Briefkasten gestellt. Als kleinen Hinweis an den Postboten . . .

Warum ist das in unseren heutigen (vermeintlich ach so digitalen) Zeiten noch so? Umweltschutz durch Ressourcensparen? Fehlanzeige! Die Antwort ist: Weil eben viele Bürger (=Kunden) nach wie vor digital nur schlecht oder gar nicht zu erreichen sind. Und der Supermarkt um die Ecke eben über sein aktuelles Angebot informieren will: Kochschinken für
99 Cent die 250g-Packung.

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Zurück zum Werbebrief: Die Telekom baut (mal wieder) ihre Breitbandversorgung aus. In meiner Straße (auf dem Dorf) wären jetzt „von bis zu“ 50 Mbit/s möglich. Aha. Interessant. Durchs Telefon-Kupferkabel? Wohl kaum, denn wir sind so weit vom Backbone entfernt, da hilft auch kein (Super-)Vectoring. Ist aber ohnehin ein Witz, denn mir liefert ein anderer Provider über sein Kabelnetz bereits rund 100 Mbit/s und die kommen auch an. Meistens zumindest. Es ist schon blöd, wenn man weder Markt noch Wettbewerb so richtig kennt. Oder keine Lust darauf hat, weil der (Glasfaser-)Anschluss (von Milchkannen) nicht wirtschaftlich ist. Oder die Grenze zum benachbarten Landkreis ein unüberwindbares Hindernis bildet. Verteilerkästen nicht lieferbar sind. Keine Bauarbeiter zu haben sind. Oder keine Bagger. Der Spaten kaputt ist. Oder. Oder. Oder.

Dauernd liest man, dass die Corona-Krise die Digitalisierung beschleunigt. Aber irgendwie nicht bei uns. Also ehrlich, ich bin nun wirklich kein Verfechter kruder Ideen, aber so langsam glaube ich in diesem Fall auch an eine Verschwörung. Kann man ja gar nicht mehr anders erklären. Da sind offenbar Kräfte im Deep State, im tiefen Untergrund (da wo die Glasfasern liegen), aktiv, die verhindern wollen, dass wir digitalisieren. Wir sollen schön analog bleiben und den Werbemüll aus dem Briefkasten lesen. Den Kochschinken kaufen. Und zuschauen, wie uns unsere europäischen Nachbarn vollends auf- und davonsurfen.

>> Fragen an den Autor? mahn@tutech.de