Präzisionsobstbau 2.0 an der Niederelbe

Außerdem soll ein Nachrüstsatz entwickelt werden, mit dem bereits im Gebrauch befindliche Geräte verbessert werden können. Die biologische Wirksamkeit dieser Technik wird in einem mehrjährigen Praxiseinsatz untersucht – am Projektende steht die Einführung in den Markt. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Effizienzsteigerung und zum Umweltschutz geleistet. Das Projekt zeichne sich dadurch aus, dass die Wissenschaftler eng mit kleinen und mittelständischen Unternehmen zusammenarbeiten und die Ergebnisse deshalb schnell in die Praxis einfließen, betont Staatssekretär Peter Bleser vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Das Projekt läuft bis zum 31. Dezember 2017. Übrigens: Rund 1500 Geräte gibt es an der Unterelbe.

Die Forscher um Dr. Karsten Klopp hoffen, dass mit Hilfe moderner Sensoren in Zukunft auch Krankheiten wie Apfelschorf im ganz frühen Infektionsstadium erkannt werden können. Der Chemie-Einsatz könnte zukünftig „bei Bedarf“ erfolgen: Heute müssen die Obstbauern häufig vorbeugend sprühen – auch, weil Fungizide fehlen. „Der gezieltere Einsatz könnte die Kosten senken, die Umwelt und die Erzeuger würden gleichermaßen profitieren“, sagt Klopp. Auch der Pflanzenschutzmittelverbrauch könnte – abhängig vom Schädlingsdruck – sinken. Doch Sensoren (der Zukunft) können noch mehr: Sie erkennen die Baumform – die Aufwandsmenge wird angepasst, die Düsen werden gezielt geschaltet. Weniger Abdrift wird auch durch die „witterungsangepasste Applikation“ erreicht. Ein Windmesser liefert Da-ten. Und mit der Hilfe der satellitengesteuerten Navigation (GPS) weiß das Gerät, wo Gewässer liegen – und hält sich automatisch an die Abstandsregelungen. „Jetzt muss die Technik nur noch praxistauglich und bezahlbar werden“, sagt Klopp.

Foto: Björn Vasel

Das ist der Prototyp der Apfeldusche: Karl Schloffer (von links), Dr. Roland Weber, Dr. Peter Maxin und Hinrich Holthusen vom Obstzentrum Esteburg sehen in der Kurz-Heißwasserbehandlung mit der Apfel-Dusche eine Alternative zu Lagerspritzungen.

Auch an einer Apfel-Dusche arbeiten die Altländer. Das Schlagwort lautet: Heißes Wasser statt Chemie. Mit einer Kurz-Heißwasserbehandlung will der Obstbau den Einsatz von „Anti-Pilz-Mitteln“ (Fungiziden) gegen Lagerfäule und -schorf im Integrierten Obstbau vor der Ernte reduzieren beziehungsweise überflüssig machen. Durch das Duschen „werden die Selbstheilungskräfte des Apfels aktiviert“, sagt Dr. Peter Maxin. Die Behandlung stärke das Immunsystem. Jetzt arbeitet das Obstbauzentrum „Esteburg“ in Jork-Moorende an der flächendeckenden Einführung dieses Verfahrens. Die Angewandte Forschung zur Kurz-Heißwasserbehandlung an der „Esteburg“ – mit 340 000 Euro von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt unterstützt – stößt EU-weit auf großes Interesse. Mit der Technik könnten die Obstbauern in den vier Wochen vor der Apfelernte auf das Sprühen von Mitteln gegen Lagerschorf und Lagerfäule verzichten. Vorteil: Keine beziehungsweise weniger Rückstände nach der letzten Spritzung – das erleichtert letztlich die Apfel-Vermarktung. Die großen Konzerne des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) wie Aldi, Lidl oder Rewe setzen eigene Handelsstandards für die Rückstandshöchstgrenzen und die Anzahl nachgewiesener Wirkstoffe (Mehrfachrückstände) von Pflanzenschutzmitteln weit über das gesetzliche Maß hinaus; so erlaubt Aldi nur vier Wirkstoffe im Kernobst. Die LEH-Vorgaben erreicht der Obstbau bei mehr als 95 Prozent der Äpfel. Und auch beim Rest der Ernte werden die gesetzlichen Vorgaben erfüllt. bv

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Web: www.esteburg.de