„Ich geh Arbeit“

Schüler schreiben Glossare

Konow hat bei einem Teil seiner Schüler einen spürbaren Mangel im sprachlichen Bereich festgestellt. In der Folge hat er im Unterricht angeordnet, dass sich seine Schüler eigene Glossare aufbauen. Immer wenn ein erklärungsbedürftiger Begriff fällt, wird er notiert und erläutert. Und: „Ich lege großen Wert darauf, dass wir miteinander in vollständigen Sätzen kommunizieren. Das ist heutzutage keineswegs selbstverständlich.“ Auch Bruhn sagt: „Wir brauchen eine integrative Sprachförderung. Und um es deutlich zu sagen: Das ist kein Problem von Erkan und Ali – das betrifft alle!“

Die Lehrer an der BS 18 haben es zwar durchweg mit motivierten Schülern zu tun, das Sprachproblem ist aber allgegenwärtig. Bruhn: „Die Unterscheidung von Umgangs, Alltags- und Fachsprache ist nicht ausgeprägt.“ Bereits seit vier, fünf Jahren wird für „Nicht-Deutschlehrer“ eine spezielle Fortbildung angeboten: Förderung des sprachsensiblen Unterrichts. Für Wolfgang Bruhn liegen die Gründe auf der Hand: Im selben Maß wie die Kurve der Smartphone-Kommunikation steigt, sinkt die Kurve der Sprachkompetenz. Er sagt: „Die Reduzierung auf Halbsätze, Abkürzungen und Kunstworte sowie der Trend zu Kurzmitteilungen führen dazu, dass eine gepflegte und korrekte Sprache auf der Strecke bleibt.“ Kurz: „Ich geh Arbeit“ ist zwar eindeutig, aber sprachlich ein Desaster – vor allem im Gespräch mit einem Kunden.

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Sprachfähig machen

Vor diesem Hintergrund ist es eine große Herausforderung, ein Lehrkonzept auf die Beine zu stellen, das den künftigen Büromanager wieder sprachfähig macht. Bruhn: „Wenn wir die duale Berufsausbildung in Deutschland verteidigen wollen, müssen wir uns dem Anpassungsdruck stellen. Allein schon, um den Jugendlichen die Arbeitsplätze zu sichern.“ Und: „Es ist doch ein Systembruch, dass die kaufmännische Prüfung zu 80 Prozent aus Multiple-Choice-Fragen besteht. Da werden nur Kreuzchen gefordert, keine Sätze.“ Was allerdings schon seit Jahrzehnten der Fall ist.

Fazit: Die Devise für die BS 18 lautet jetzt „Volle Konzentration auf das Lernfeld 7“. Hier finden sich im aktuellen Lehrplan Punkte wie die Gestaltung einer Gesprächssituation, die Erstellung von Präsentationen und ähnliche eher weiche Themen, die auf den ersten Blick scheinbar so gar nichts mit der Berufsausbildung 4.0 zu tun haben. Wolfgang Bruhn beurteilt die Lage fachlich-nüchtern: „Wir stellen uns dem Problem, aber wir haben noch kein vollständiges Konzept in der Hand, das die Sprachkompetenz von Büromanagern weiter ausbaut und dem Trend der digitalen Sprachentwicklung entgegenwirkt. Wir stehen als Lehrer ganz am Anfang.“ Aber offenbar doch in der ersten Reihe, denn: „Bei dem Fachtag wurde lobend erwähnt, das Hamburg offenbar das erste Bundesland ist, dass sich überhaupt mit dem Berufsbild 4.0 auseinandersetzt . . .“

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