B&P-GESPRÄCH Steuerberater Hans-Peter Schubert (Dierkes Partner) über die Vorteile
der „Kettenschenkung“ und die Tücken des Berliner Testaments.
Am Thema Erbe scheiden sich die Geister: Während manche Zeitgenossen lieber „mit warmer Hand geben“, sprich das Vermögen zu Lebzeiten an die nächste Generation verteilen, verfahren andere eher nach der Devise „Erben könnt ihr, wenn ich tot bin“. Egal, welcher Weg bevorzugt wird: Ist ein nennenswertes Vermögen vorhanden, freut sich nicht nur der Erbe, sondern auch der Fiskus, der dann die Erbschaftssteuer geltend macht. Warum das für vermögende Eheleute mit Berliner Testament problematisch werden kann und wie die Steuerlast bei der Vermögensübertragung auf die nächste Generation gesenkt werden kann, erläuterte Steuerberater Hans-Peter Schubert, geschäftsführender Partner bei Dierkes Partner, im B&P-Gespräch. Sein Thema: Kettenschenkung – die Vermögensübertragung über mehrere Stufen.
Nein, es geht nicht um die schwere Perlenkette von der verstorbenen Erbtante, sondern um ein völlig legitimes Verfahren, die Steuerlast zu senken. Darüber nachzudenken, macht Sinn, wenn das zu transferierende Vermögen höher ist als die gesetzlich fixierten Freibeträge, wie Schubert sagt. Und: „Die Kettenschenkung ist ein Gestaltungsinstrument, das sich am besten mit einem Zahlenbeispiel erklären lässt. Es basiert auf der Idee, Vermögen zu Lebzeiten zu übertragen.“ Dann wird keine Erbschaftsteuer, sondern die gleichhohe Schenkungsteuer fällig, aber auch die lässt sich mindern.
Das Fallbeispiel: Ein Vater besitzt Immobilien im Wert von zwei Millionen Euro und möchte dieses Vermögen auf seinen Sohn übertragen. Abzüglich des Freibetrags in Höhe von 400 000 Euro werden 1,6 Millionen Euro versteuert. In diesem Fall mit 19 Prozent – macht eine Schenkungsteuer in Höhe von 304 000 Euro.
Nun die Berechnung, wenn eine Kettenschenkung angewendet wird: Der Vater überträgt die Hälfte des Vermögens, also eine Million Euro, an den Sohn – abzüglich des Freibetrags werden also 600 000 Euro versteuert, allerdings jetzt nur noch mit 15 Prozent (Staffelung: je höher das Vermögen, desto höher der Steuersatz). Ergebnis 90 000 Euro Schenkungsteuer. Die andere Hälfte des Vermögens überträgt der Vater auf seine Ehefrau, die Mutter des Sohnes. Sie hat mit 500 000 Euro einen höheren Freibetrag, sodass „nur“ 500 000 Euro versteuert werden müssen. Bei ebenfalls 15 Prozent Schenkungsteuer macht das 75 000 Euro. Insgesamt beträgt die Steuer bis zu diesem Punkt des Verfahrens nun 165 000 Euro. Jetzt überträgt die Mutter die Million auf ihren Sohn. Abzüglich des Freibetrags in Höhe von 400 000 Euro (Eltern auf Kind) werden 600 000 Euro mit 15 Prozent versteuert – weitere 90 000 Euro. Ergebnis: Unter dem Strich erhält der Staat frei nach dem Motto „Wenn der Fiskus drei Mal klingelt . . .“ in diesem Fall 255 000 Euro Schenkungsteuer, also rund 50 000 Euro weniger.
Hans-Peter Schubert: „Transaktionen dieser Art kommen in der Praxis häufig vor. Allerdings gibt es ein paar Fallstricke, die zu beachten sind. Die beiden Schenkungen müssen völlig unabhängig voneinander sein – es darf also keine Auflagen geben. Weder für die Ehefrau, die den zweiten Schritt vollziehen soll, noch an den Beschenkten. Der Vater in diesem Beispiel darf also seine Ehefrau vertraglich nicht zur Schenkung an den Sohn verpflichten. Und die Schenkung muss ‚freigiebig‘ sein – das richtet sich an den Sohn, der über das Vermögen frei verfügen können muss. Ein ganz wichtiger Punkt: Hier geht es um eine freiwillige Zuwendung.“
Berliner Testament? Das kann problematisch werden . . .
Aus Sicht des Staates ist das Instrument der Kettenschenkung nicht etwa eine Gesetzeslücke, sondern völlig in Ordnung – obwohl es den Begriff im Gesetz gar nicht gibt, wie Schubert sagt. Und: „Die Transaktionen lassen sich ohne Schamfrist regeln. Beide Schenkungen können sogar gemeinsam bei einem Notartermin vorgenommen werden. Für die steuerliche Beurteilung ist das nicht relevant.“
Die hohen Beträge der Schenkungsteuer im Fallbespiel machen eines deutlich: Steht eine Übertragung von Immobilien an die nächste Generation an, muss die nötige Liquidität eingeplant werden, denn dem Fiskus ist es im Zweifel egal, wie die Steuerschuld beglichen wird – im Zweifel durch den Verkauf einer Immobilie. Schubert: „Das gilt im Übrigen auch, wenn vermögende Eheleute ein Berliner Testament haben – der Klassiker. Damit ist die Katastrophe quasi programmiert.“
Auch hier wieder ein Fallbeispiel: Ein Ehepaar verfügt über ein gemeinsames Vermögen von zwei Millionen Euro und hat sich über das Berliner Testament gegenseitig zum Erben eingesetzt – ein weit verbreitetes übliches Verfahren der gegenseitigen Absicherung. Der Mann stirbt. Und damit geht die Hälfte des gemeinsamen Vermögens, also eine Million Euro, an die Ehefrau und fällt unter die Erbschaftsteuer. Auch hier gilt ein Freibetrag in Höhe von 500 000 Euro, also muss die verbleibende Hälfte der Million versteuert werden – macht bei 15 Prozent 75 000 Euro Erbschaftsteuer. Die Ehefrau hat nun ein Vermögen von zwei Millionen Euro und verstirbt kurz darauf ebenfalls. Zwei Millionen Euro gehen nun als Erbe an den Sohn. Abzüglich des Freibetrages werden 1,6 Millionen Euro in Folge der Staffelung nach Vermögenshöhe mit nun wieder 19 Prozent besteuert – macht 304 000 Euro Erbschaftsteuer plus die bereits nach dem Tode des Mannes entrichteten 75 000 Euro. Gesamtbetrag: 379 000 Euro.
Dazu kommentiert Hans-Peter Schubert: „Besser wäre es gewesen, der Vater hätte die Million gleich direkt seinem Sohn vererbt. Das hätte 90 000 Euro Erbschaftsteuer gekostet. Nach dem Tod der Mutter wären weitere 90 000 Euro hinzugekommen. Wir sprechen also über 180 000 Euro insgesamt – anstelle von 379 000 Euro, die aufgrund des Berliner Testaments fällig werden.“
Sind die Vermögen der Eheleute unterschiedlich hoch, empfiehlt sich eine Vermögensnivellierung, die über einen steuerfreien Zugewinnausgleich erreicht werden kann. Schubert: „Grundsätzlich gilt: Eine gleichmäßige Verteilung des Vermögens mindert die Steuerlast. Übrigens können alle zehn Jahre 500 000 Euro steuerfrei an den Ehepartner übertragen werden. Das ist ein komplexes Thema, das aber bei uns in der Kanzlei immer akut wird, wenn wir Mandanten bei der Planung der Vermögensnachfolge beraten. Die ist wichtig, sobald das Vermögen die Freibeträge übersteigt.“
Und noch etwas zeigen die hier beschriebenen Fälle: Steckt das gesamte Vermögen in einer oder mehreren Immobilien, kann es ein böses Erwachen geben. Das wäre schon der Fall, wenn jemand – allein oder als Ehepaar – ein Anwesen im Wert von zwei Millionen Euro bewohnt, ansonsten aber kein nennenswertes Barvermögen hat. Schubert: „Dann kann der Erbfall schnell zum Verlust des Hauses führen, weil es zur Begleichung der Steuerschuld verkauft werden muss. Wir raten deshalb zur Einrichtung eines Vorsorgedepots, um nicht in die Liquiditätsfalle zu tappen.“ wb
>> Web: www.dierkes-partner.de